Borussia Neunkirchen - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 1964/1965 - 27. Spieltag

4:0 (2:0)

Termin: Sa 10.04.1965 16:00
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Rolf Seekamp (Bremen)
Tore: 1:0 Heinz Simmet (33.), 2:0 Heinz Simmet (34.), 3:0 Richard Weber (57., Eigentor), 4:0 Elmar May (83., Foulelfmeter)

 

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Borussia Neunkirchen Eintracht Frankfurt

  • Willi Ertz
  • Günter Schröder
  • Hans Schreier
  • Achim Melcher
  • Erich Leist
  • Günter Heiden
  • Dieter Schock
  • Günter Kuntz
  • Heinz Simmet
  • Erwin Glod
  • Elmar May

 


 

Trainer
  • Horst Buhtz
Trainer

Blasiert und gut bedient

Nach der Heimniederlage gegen den BVB sowie den beiden folgenden Unentschieden in Nürnberg und gegen Hannover beträgt der Abstand der Frankfurter auf den Tabellenführer Bremen vier Spieltage vor Rundenende fünf Punkte. Auch der Tabellenzweite Köln ist mit vier Punkten mehr auf dem Konto enteilt, lediglich die gemeinsam auf Platz 3 liegenden Dortmunder und Sechziger sind mit 31 Zählern noch in Reichweite der Eintracht, die bislang 29 Punkte auf die Habenseite gebracht hat.

Während die Hessen also wenigstens die Chance haben, die Platzierung aus der ersten Bundesligasaison zu wiederholen, geht es für den gastgebenden Aufsteiger aus Neunkirchen immer noch um den Klassenerhalt. Und im Ringen um den Verbleib in der höchsten Spielklasse hat es der Borussia nicht gut getan, dass man nach dem 3:2-Heimsieg gegen den Tabellenvorletzten Schalke 04 am letzten Wochenende beim Schlusslicht Karlsruher SC mit 1:2 eine bittere Niederlage erlitten hat.

Auf fremden Plätzen ist mit der Elf von Trainer Buhtz eben kein Blumentopf zu gewinnen, lediglich der 1. FC Kaiserslautern ist aktuell wegen des Torverhältnisses noch etwas schlechter als die Borussia. Im heimischen Ellenfeldstadion sind die Saarländer jedoch mittlerweile alles andere als ein Punktelieferant und haben dort seit dem 6. Spieltag keine Partie mehr verloren. Allerdings hat es vor dem Sieg gegen die Schalker in vier aufeinanderfolgenden Heimspielen jeweils nur zu einem Remis gereicht.

Da kommt die Frankfurter Eintracht als nächster Gegner des Drittletzten nicht gerade gelegen. Die Hessen stellen zwar zu Hause bislang das schwächste Team der Runde, auswärts jedoch sind sie zusammen mit den Kölnern Ligaspitze. Wie sich die Borussia gegen diese Mannschaft aus der Affäre zieht, wollen 25.000 Zuschauer sehen. Mehr waren es in dieser Saison noch nie bei einem Heimspiel der Neunkirchener.

Der Druck auf den Gastgeber ist also groß, während die Eintracht kaum etwas zu verlieren hat und im Grunde befreit aufspielen kann. Doch womöglich haben die Frankfurter diese Aufgabe im Geiste bereits abgehakt oder den Aufsteiger im Unterbewusstsein unterschätzt. Den Attacken des Gegners, der die Abwehr der Hessen von Beginn an beschäftigt und unter Druck hält, haben die Schützlinge von Ivica Horvat jedenfalls nicht viel entgegenzusetzen. Horvat, der den wegen eines Herzinfarktes außer Gefecht gesetzten Paul Osswald vertritt, sieht die Angriffe der Borussia wie Wellen über seine Hintermannschaft zusammenschlagen, in der neben dem kompromisslosen Friedel Lutz lediglich Torwart Egon Loy ein ums andere Mal wie ein Fels in der Brandung auftaucht.

Glod, dessen Distanzschüsse der Eintracht seit dem Pokalspiel im Januar bekannt sind, sowie der leicht angeschlagene Kuntz lassen sich etwas zurückfallen, doch May, Simmet und Heiden bilden ein durchschlagskräftiges Trio in vorderster Front. Heiden, der sonst oft eine gewisse Zeit braucht, bevor er mit dem Spiel warm wird und auf Touren kommt, ist heute von der ersten Minute an hellwach, und setzt mit kraftvollen Sprints der Deckung der Gäste zu. Kongenial begleitet wird er dabei vom gerissenen Simmet sowie vom wuchtigen May. Bei der Eintracht hat im Angriff einzig Stein einige gute Szenen und bereitet seinem Gegenspieler Leist Probleme. Torhüter Ertz, der nach einem Intermezzo am 24. Spieltag heute aus sportlichen Gründen endlich wieder den Vorzug vor dem Konkurrenten Kirsch bekommen hat und im Tor steht, ficht das nicht an – er hält seinen Kasten sauber.


Simmet mit dem 1:0

Längst müssten die Gastgeber in Führung gegangen sein, doch nicht zum ersten Mal lassen die Buben von Buhtz beste Gelegenheiten aus. Manchmal ist auch Pech dabei, wie bei Elmar May, der feuert, was das Schussbein hergibt, doch beim besten Versuch an der Latte scheitert. Es gibt aber keinen Grund deswegen Trübsal zu blasen, denn die Hessen sind gute Gäste und haben ein Geschenk mitgebracht. Außenläufer Lindner verteilt es in der 33. Minute an Simmet, der Lindners zu kurz geratene Rückgabe auf Loy problemlos erläuft und mit dem rechten Fuß unter dem ihm entgegen springenden Keeper in den Kasten schiebt. Der Jubel des Neunkirchener Anhangs ist noch nicht ganz abgeebbt, da hält Simmet aus gut dreißig Metern drauf und überwindet Loy innerhalb einer Minute zum zweiten Mal.

Heiden und May, der erneut nur die Latte trifft, haben noch vor der Halbzeitpause die Chancen, auf 3 oder gar 4:0 zu erhöhen. Selten wird einem so deutlich vor Augen geführt, wie wenig ein technisch beschlagenes Team, das auf körperlichen Einsatz verzichtet, selbst gegen einen im Grunde deutlich unterlegenen Gegner auszurichten vermag, der seine spielerische Schlichtheit mit Fleiß und Kampf auszugleichen versteht. Die geschlossene Mannschaftsleistung der Saarländer, bei denen einer für den anderen einsteht, imponiert. Halbstürmer Lechner würde sich über solche Mitspieler sicher freuen. So aber wirkt er wie ein Dirigent ohne Orchester, weil die Spieler auf dem Flügel dieselben hängenlassen und Trimhold offensichtliche eine Tarnkappe gefunden hat, die ihn auf dem Spielfeld „unsichtbar“ erscheinen lässt.


Weber fälscht zum 3:0 ab

Melcher, der Loy mit seinen Distanzschüssen auf die Probe stellt, offenbart auf der Gegenseite wieder seine technische Brillanz und der talentierte Simmet sprüht förmlich vor Witz, wobei die Frankfurter diesem freilich wenig abgewinnen können. Dabei ist Lachen gesund und macht vielleicht auch Beine, was aufseiten der Eintracht dringend Not tun würde, denn nach einer Stunde erlahmen die Kräfte bei Weber und Stinka. Tutschek rückt nach hinten und hilft aus. In der 57. Minute aber kommt jede Hilfe zu spät. Eine Flanke von Heiden verlängert Richard Weber bei seiner Rettungsaktion unglücklich ins eigene Tor. Das passt zum Auftritt seiner Elf wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge.

Die Eintracht bäumt sich auf. Endlich. Aber viel zu spät und ohne Ideen oder Druck. Und so wird der Schlusspunkt dieser Partie sieben Minuten vor dem Ende von einer weiteren Fehlleistung Lindners eingeleitet. Lindner, der seinen Lapsus beim 0:1 zwischenzeitlich wenigstens mit einer Rettungstat auf der Linie halbwegs wieder gutmachen konnte, zeigt im Strafraum gegen Heiden den Einsatz, den man sich während des Spiels an anderer Stelle gewünscht hätte. Hier, im Strafraum, ist dieser jedoch fehl am Platze und zwingt Schiedsrichter Rolf Seekamp zum Elfmeterpfiff. Den Strafstoß verwandelt May knallhart – Loy werden fast die Finger weggerissen.

Borussen-Trainer Horst Buhtz ist „sehr zufrieden! Ausgeprägter Wille zur Leistung! Die technischen Mittel der Eintracht wurden ausgeschaltet, dann fanden wir selbst zu spielerischer Linie.“ Er gibt ein „Gesamtlob für meine Elf. Dennoch: Simmet hat sein bisher stärkstes Spiel vorgeführt.“ „Endlich hatten wir auch etwas Glück bei Torschüssen. Es konnten sogar noch mehr Treffer sein. Aber Loy!“, lobt er den Frankfurter Schlussmann und kritisiert dessen Kameraden scharf: „Doch die Eintracht (war) zu blasiert.“ Immerhin räumt er ein: „Lechner ein Klassemann, doch gut bewacht.“ Die Freude ist also groß, „aber nun müssen wir zweimal nach auswärts!“ Hannover 96 und Hertha BSC warten.

Man sei „mit dem 4:0 noch gut bedient“, findet Ivica Horvat derweil und bleibt in seiner Analyse so ruhig wie schonungslos: „Die Kräfte lassen nach“, bescheinigt er seinen Spielern und beschönigt den fehlenden Biss seiner Elf nicht: Wir „haben jeden Zweikampf verloren.“ „In Neunkirchen wurden schon andere besiegt“, flüchtet er sich kurz in eine Floskel, um dann aber sogleich seinem Trainerkollegen erstklassige Arbeit zu attestieren: „Borussia vorzüglich eingestellt.“ Dem eigenen Kräfteverschleiß und der nachlassenden Konzentration kann man ja im Endspurt nur schlecht beikommen und bei der Eintracht wohl auch sonst nicht: „Ja, das Trainingslager! Das kennen wir nicht!“


Epilog

Ertz steht auch in den restlichen drei Spielen im Tor. Keines davon verliert Neunkirchen. Vier der fünf Borussen-Tore erzielt dabei Heinz Simmet. Er trifft jeweils beim 1:1 in Berlin und Hannover und am letzten Spieltag doppelt beim 3:1 gegen den VfB Stuttgart. Borussia Neunkirchen beendet die Saison als 10. – nur zwei Punkte hinter der Eintracht, die 8. wird. (rs)


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