Hannover 96 - Eintracht Frankfurt |
Bundesliga 1964/1965 - 11. Spieltag
3:2 (1:0)
Termin: Sa 14.11.1964 14:30
Zuschauer: 32.000
Schiedsrichter: Johannes Malka (Herten)
Tore: 1:0 Walter Rodekamp (38.), 2:0 Udo Nix (56.), 2:1 Erwin Stein (62.), 3:1 Jürgen Bandura (70.), 3:2 Lothar Schämer (80.)
Hannover 96 | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Das war Nix Einen Heimkomplex hat Dettmar Cramer, Trainer beim DFB, der Frankfurter Eintracht nach dem 1:1 am letzten Samstag gegen den 1. FC Nürnberg bescheinigt. Auswärts dagegen ist die Elf vom Main eine Macht und hat vier der fünf bisherigen Gastspiele für sich entscheiden können. Und bei Hannover 96 gedenkt man heute ein weiteres Mal erfolgreich zu sein. Der Aufsteiger hat allerdings von seinen fünf Heimspielen zwei gewonnen und nur eines verloren. Und bei einem Sieg können die Niedersachsen, die am vergangenen Spieltag nur durch einen Elfmeter in Meiderich mit 0:1 unterlagen, mit den Hessen gleichziehen und sie in der Tabelle sogar überholen. Andererseits haben die Männer von Trainer Helmut „Fiffi“ Kronsbein in den letzten sechs Punktspielen lediglich drei Zähler erringen können. Angesichts dieser Ausbeute hofft Alfred Strothe, der Vereinspräsident von Hannover 96, auf einen Sieg, der zudem für ihn einem nachträglichen Geschenk gleich käme, denn Strothe ist gestern 40 Jahre alt geworden. Für das präsidiale Präsent hat Kronsbein seine Elf auf zwei Positionen verändert: Bodo Fuchs rückt anstelle von Bernd Kettler wieder in die Elf, in der er am letzten Spieltag fehlte, und Karl-Heinz Mülhausen vertritt den verletzten Winfried Mittrowski. Für Mühlhausen, der im Sommer vom Regionalligisten Borussia Mönchengladbach an die Leine wechselte, ist es nach seinem Bundesligadebüt am 9. Spieltag erst der zweite Einsatz in der höchsten Spielklasse. Bei der Eintracht gibt es im Vergleich zum letzten Punktspiel nur eine Veränderung: Richard Weber vertritt Dieter Lindner, der Hochzeit feiert. Und Weber hält sich ordentlich, was man im ersten Durchgang jedoch nicht von allen seinen Kameraden behaupten kann. So darf Hannovers Udo Nix gleich in der ersten Minute Egon Loy mit einem Freistoß auf die Probe stellen, die der Schlussmann jedoch in bewährter Manier besteht. Der Nieselregen schmeckt den Hessen anscheinend nicht. Ihre Spielzüge sind zwar gewohnt elegant, doch es fehlt ihnen die Wucht und die Entschlossenheit. In der 18. Minute schaffen es die Gäste es erstmals gefährlich vor den Kasten der Hausherren, doch Wolfgang Solz jagt das Leder über das Gehäuse. Der Frankfurter Lässigkeit begegnen die Männer von Kronsbein mit grimmigem Kampf. Mit dem seifigen Untergrund kommen die Hannoveraner zudem besser zurecht, auch wenn Lothar Schämer in der 32. Minute eine Einschussgelegenheit hat. Horst Podlasly, der Keeper der 96er, macht den von Schämer avisierten Torerfolg jedoch zunichte.
Den Kürzeren zieht Schämer auch gegen Nix, dessen Kreise er vergeblich zu stören versucht: Nix ist der Dreh- und Angelpunkt im Angriffsspiel der Gastgeber. Die Hannoveraner Führung bereitet er allerdings nicht mit einem Pass, sondern mit einem Freistoß vor, den Walter Rodekamp zum hochverdienten 1:0 vollendet. Stopper Friedel Lutz, der ansonsten eine tadellose Partie spielt, muss sich diesen Treffer ankreiden lassen. In der Halbzeitpause krempeln Osswald und Horvat ihre Formation um: Solz geht auf Linksaußen und Helmut Kraus auf den rechten Flügel, während der bisher als Rechtsaußen wirkungslose Erwin Stein fortan als Mittelstürmer fungieren soll. Und tatsächlich kommt plötzlich Bewegung ins Spiel der Eintracht und endlich auch in Wilhelm Huberts, der jetzt links die Aufgabe als Verbinder übernimmt. Wiederum ist es Solz, der einen Schuss auf den Kasten des Gegners abfeuert. Doch in dieser Drangphase der Gäste schlägt es auf der anderen Seite ein. Georg Kellermann, der nicht sonderlich viel riskiert, verpasst in der 53. Minute noch das 2:0, doch 180 Sekunden später trifft Nix aus rund 20 Metern unhaltbar mit einem Flachschuss. Die Vorlage hat er von dem ausgezeichneten Rodekamp erhalten, der sich so bei Nix für dessen Vorarbeit beim 1:0 bedanken kann. Die Eintracht steckt jedoch nicht auf. Bei Klaus Bohnsack beißen sie weiter auf Granit, doch Kraus bringt Heinz Steinwedel ins Wanken und der zuvor einwandfreie Otto Laszig bekommt von Stein nun Grenzen aufgezeigt. Das hat Folgen. Nach Vorarbeit von Huberts trifft Stein in der 62. Minute zum 2:1. Die Antwort der 96er, bei denen der selbstbewusste Mülhausen mit langen Pässen zu gefallen weiß, lässt nicht lange auf sich warten. Der von Rodekamp in die Gasse geschickte Werner Gräber scheitert in der 70. Minute mit seinem Schuss noch, auch Rodekamps folgender Kopfball kann abgewehrt werden, doch der nächste Schussversuch wird von dem auf der Torlinie stehenden, zögerlichen Höfer so unglücklich mit der Brust gestoppt, dass Jürgen Bandura den Abpraller aus spitzem Winkel einschießen kann. Für Höfer, der ohnehin mit Bandura und dem Boden so seine Probleme hat, ist dieser verregnete Samstagnachmittag nun endgültig einer der Tage, an dem er lieber im Bett geblieben wäre. Für Bandura, der zu Saisonbeginn vom Regionalligisten Westfalia Herne an den Maschsee wechselte, ist es der zweite Bundesligatreffer. Die Dunkelheit bricht herein, doch die Eintracht nicht ein. Gemeinsam stemmt man sich gegen die drohende Niederlage und kommt erneut zum Anschlusstreffer. In die Flugbahn von Schämers Geschoss springt Kraus und lenkt den Ball zehn Minuten vor dem Ende zum 3:2 in die Maschen. Der Ausgleich ist nun ebenso wahrscheinlich wie das 4:2, doch ein weiterer Treffer fällt nicht mehr. „Das ist ein großartiges Geburtstagsgeschenk“, jubelt Präsident Strothe: „Und was mich freut: Unsere neuen Spieler bewährten sich, Mülhausen hat alle Scheu überwunden.“ „Kampfmoral wie in der Aufstiegsrunde“, hat Strothe zudem ausgemacht und Trainer Kronsbein sieht die Fortsetzung des positiven Trends: „In Meiderich war zu spüren, dass es bergauf geht. Das trifft besonders auf Rodekamp zu.“ „Alle haben gut gespielt“, lobt der Fußballlehrer und hebt dann noch einen hervor: „Vielleicht erwähnenswert ist der Fleiß von Udo Nix.“ „Als Stein in die Mitte rückte, stieg seine Form und die der Mannschaft“, analysiert Paul Osswald auf Frankfurter Seite. „Hannover 96 hatte eine ausgezeichnete Kampfmoral. Die erste starke Halbzeit der 96er hat den Sieg untermauert“, gesteht er ein, wenngleich er ein bisschen mit dem Treffer zum 3:1 hadert: „Vielleicht wäre ohne das vermeidbare dritte Tor ein Remis geglückt.“ „Übrigens“, fügt er abschließend hinzu: „Schämer erzielte unseren zweiten Treffer. Kraus gab den Gnadenstoß hinter der Linie.“ Das jedoch hat nicht nur der Schiedsrichter Johannes Malka anders gesehen als Osswald. (rs)
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