Eintracht Frankfurt - 1. FC
Nürnberg |
Bundesliga 1964/1965 - 10. Spieltag
1:1 (0:1)
Termin: Sa 07.11.1964 14:30
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Heinz Siebert (Mannheim)
Tore: 0:1 Heinz Strehl (22.), 1:1 Erwin Stein (57.)
Eintracht Frankfurt | 1. FC Nürnberg |
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Trainer | Trainer
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Der Heimkomplex Die Eintracht hat jetzt aber einen vollkommenen Heimkomplex. Wieder nicht gewonnen, aber Glück gehabt, daß H. Müllers wuchtiger Pfostenschuß in der 34. Minute nicht vier Zentimeter weiter links einschlug. Dabei wäre es gewiß nicht ganz verdient gewesen. Und doch lag es nahe ... Mit gutem Zusammenspiel, langsamer, aber genauer als sonst, begann die Eintracht. Zwei klare Torchancen, klug vorgetragene Angriffe, aber noch klüger gestaffelte Nürnberger (3—3—4!) sah man 20 Minuten lang. Diese sichtbare Überlegenheit entfachte den Offensivdrang von Lindner, der eminent fleißig war, und von Schämer, der als einziger meistens direkt abspielte. Doch oft zu ungenau und steil. Und als man das 1:0 erwartete, da machte Strehl sein Tor. Mit Ruhe, Überlegung. Zuerst schoß er Loy an. Greif kam in Ballbesitz, ein kurzer Querpaß, Strehl frei, das Tor leer, und es hieß 0:1. Jetzt lockerten die Nürnberger ihren Riegel. H. Müller, der Mann mit dem größten Aktionsradius, mit der doppelten Lunge und dem gescheitesten Kopf für das Abwehr- und Angriffsspiel, wie man es selten von einem Spieler in dieser Präzision und Vollendung sah, war überall. Der Club hatte nun die größere Ruhe, die Sicherheit im Abspiel. In der Genauigkeit waren die Stürmer geradezu Fanatiker. Das führte auch zur Umständlichkeit. Es sieht gut aus, wenn man den Ball annimmt, sich orientiert und dann genau abspielt. Es erleichtert aber auch die Abwehrarbeit, und das kam der Eintracht zustatten. Freilich führte deren altgewohnte „Krankheit" der allzu sorglosen Raumdeckung auch zu Einbrüchen (Höfer gegen den flinken, überlegten Allemann). Der Schweizer rochierte auch oft, wechselte mit Greif, der später richtig auftaute. Und oft griffen die beiden, wie in der 43 Minute, auch auf einem Flügel an. Eine prächtige Kombination, eine Flanke von Greif und Höfer rettete gerade noch vor H. Müller. Mit 4:5 Ecken ging es in die Pause, am Ende lagen die Nürnberger mit 12:4 Ecken vorne, dabei spricht das nicht für eine Überlegenheit. Die besaß die Eintracht nach dem Ausgleich, den Huberts einleitete, Kraus mit einer Flanke weiterführte und Stein vollendete. Zwei Minuten zuvor, nach Zuspiel von Strehl, mußte Loy den strammen Schuß von Wild gegen die Latte zur Ecke fausten. Fünf Nürnberger Ecken hintereinander, und im Gegenschlag das 1:1. Nur Wabra mußte noch einmal klären, gegen Solz. Schämers Flachschuß stoppte Huberts, schoß aus der Drehung vorbei, und dann war H. Müllers Pfostenschuß einziger „Lichtblick". Die Stürmer vertändelten zuviel Zeit, gewannen wenig Raum und geizten mit Schüssen, daß keine Stimmung mehr aufkam. Von ihrem Sicherheitssystem, daß L. Müller stur neben und hinter Wenauer operierte, gingen die Nürnberger nie ab; denn H. Müller füllte davor den Raum durch kluges Spiel aus. Solz nutzte diese Mittelfeldfreiheiten nur höchst selten. Dagegen kam Kraus auch ohne große Unterstützung nach Halbzeit mitgestaltend zur Geltung, stand dabei fast auf gleicher Stufe wie Trimhold, der den überfleißigen Stein nur noch schneller einsetzen sollte. Huberts dagegen stand im Schatten Wenauers. Daß Strehl mit Lässigkeit und Überlegung oft Lutz entwischte, war ebenso ein Plus für den Club wie das kluge Spiel von Wild, der seine größte Szene kurz vor Halbzeit hatte, doch Loy parierte. Auf der Ehrentribüne saß DFB-Trainer Dettmar
Cramer. „Die Eintracht hat einen Heimkomplex. Wer das nicht wüßte,
müßte traurig sein." Alf Riemke stimmte ihm fast zu: „Ich
war überrascht, wie umständlich heute hier Fußball gespielt
wurde. Der Club war die erste Halbzeit ja dem Gewinnen nahe, aber dann
hat der Ausgleich der Eintracht doch enormen Auftrieb gegeben." Überraschend
waren beide Trainer mit den Leistungen ihrer Mannschaften zufrieden. Gunter
Baumann fand das ebenso wie Ivica Horvat, der für die Heimspiele
schon einen niederen Maßstab anzulegen gewohnt ist. Horvat: „Es
war schon besser. Wenn Solz sich noch etwas steigert — er hat geheiratet,
war vorher verletzt, das wirkt sich aus —, dann kommt auch der Sturm
gewiß wieder in Schwung. Klug haben die Nürnberger gespielt.
Ludwig Müller immer hinten drin, dann vorne der Strehl. Ja, der hat
schon klug gespielt, die Positionswechsel, das sind alles Faktoren, die
Nürnberg stark machen."
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