TSV 1860 München - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1962/1963 - 23. Spieltag

2:1 (1:1)

Termin: 17.02.1963
Zuschauer: 42.000
Schiedsrichter: Jakobi (Heidelberg)
Tore: 0:1 Alfred Horn (5.), 1:1 Stemmer (45. Foulelfmeter), 2:1 Brunnenmeier (68.)

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TSV 1860 München Eintracht Frankfurt

  • Radenkovic
  • Humpa
  • Steiner
  • Zeiser (Platzverw. 67.)
  • Stemmer
  • Rahm
  • Heiß
  • Anzill
  • Brunnenmeier
  • Küppers
  • Auernhammer

 


 

Trainer
  • Max Merkel
Trainer

Eintracht-Kühle und Löwen-Gebrüll

,,Der Neue Sport" schickte Willy Knipp zum Münchner Schlagerspiel

TSV München 1860 — Eintracht Frankfurt 2:1 (1:1)

Es war der Kampf des Satten gegen den Hungrigen. Mit wilder Entschlossenheit ringt 1860 und das Münchner Fußballpublikum um die greifbar nahe Bundesliga. Das bedeutete zwei Stunden hochexplosive Spannungen im Giesinger-Stadion. Die Eintracht hatte wohl die Energie, die Kaltschnäuzigkeit und lange Zeit auch die Klasse, dem überhitzten Getriebe erfolgreich zu widerstehen. Doch ihr fehlten der unersättliche Drang nach einem Ziel, die Wut des Verzweifelten und die Kraft des Hoffenden. Ueber solche Eigenschaften aber verfügten die Münchner „Löwen" in überreichem Maße, und mit solchen Energien zwangen sie die eiskalten, aber auch temperamentlosen, die technisch beschlagenen, aber später resignierenden Riederwälder aus zunächst aussichtsloser Stellung doch in die Knie. Die Geräuschkulisse heizte schon der Mann am Lautsprecher vor dem Anpfiff, als er lautstark verkündete: „München muß und will in die Bundesliga!" Und stimmgewaltig antwortete der Chor: „Sechzig! Sechzig!"

Und unter solch gewaltiger Begleitmusik sprangen die Kämpfer in die spiegelglatte Arena. Die auf internationalem Parkett erfahrene Eintracht konnten auch Münchens ungezügelte Temperamente nicht erschüttern und empfing die von ihren Anhängern förmlich in die Schlacht getriebenen „Löwen" zugeknöpft bis zum Kragen. In den ersten Abwehraktionen der Riederwälder lag soviel Ruhe, soviel Abgeklärtheit und eine solche Menge Selbstsicherheit, daß 1860 und sein Publikum schon nach fünf Minuten ihre Hurra-Stimmung respektvoll drosselten und dem beneideten Bundesliga-Kandidaten Achtung zollten. Just zu dieser Zeit dirigierte Höfer einen weiten Freistoß zu Stein, der ihn zu Horn zurückspringen ließ und aus 16 Metern donnerte der Ex-Hofer zum 1:0 in die Maschen. 1860 und 35.000 glühende Münchener standen fortan unter Schockwirkung. Doch in der jetzt beginnenden glorreichen Eintracht-Phase lag schon der Keim der späteren Niederlage.

Schon in der Abwehr der Riederwälder, bei den absoluten Klasseleuten Loy, Lutz, Landerer und Höfer, fieberten die Temperaturen nicht, sie schienen so sicher an ihre Unverletzlichkeit zu glauben, daß sie bei ihren Aktionen gegen die feurigen Münchener stets unterkühlt wirkten. Doch noch blieb die Eintracht-Deckung bei allen Duellen Sieger. Vor solch nüchternen Abwehrleuten zogen auch Stinka und Eigenbrodt ihre Fäden zweckmäßig und ohne jeden zusätzlichen Schnörkel, so daß auch der Angriff auf die gleiche Linie festgelegt wurde.

Das war nach dem Geschmack der geradlinigen Verbinder Horn und Schämer, die ihre Spitzen Stein und Kreß ebenfalls auf geraden Pfaden schickten. Es lief alles so einfach, so unkompliziert und so sicher für die Frankfurter, daß alles zur Selbstverständlichkeit wurde und man dem nahen zweiten Treffer nicht mit der notwendigen Wucht der erforderlichen Konsequenz und der unbedingten Notwendigkeit nachsetzte.

Die Münchener suchten ihr Heil in Ruppigkeiten, und ihr Außenläufer Zeiser entwickelte sich zum Rauhbein. In den Gefilden dieses Zeiser wirkte auch der gleichfalls recht derbe Humpa, und da einem Solz solche Härte nicht behagte, zeigten sich am linken Eintracht-Flügel die ersten Verfallserscheinungen. Immerhin reichte die verschärfte Gangart der „Löwen" aus, um das recht still gewordene Publikum wieder zu erhitzen, das nun seinerseits zu größeren Taten aufforderte. Die klare Spielkonzeption der Frankfurter konnte zwar noch lange nicht unterbunden werden, doch deuteten erste schnelle Steilangriffe auf Münchens Genesung hin. Noch aber schienen die Riederwälder nicht ernstlich bedroht, wenn auch bei gestoppten Sturmläufen des schnellen Heiß und des unermüdlichen Kämpfers Anzill einige Male stimmgewaltig, doch völlig unberechtigt Elfmeter gefordert wurde.

Doch als schon zur Pause gerüstet wurde, geriet ausgerechnet der überharte Zeiser zwischen die Fänge von Höfer und Stinka und stürzte in den ungefährdeten Eintracht-Strafraum. Stemmer, der eiskalte Elfmeterschreck, ließ auch Loy keine Chance und sorgte dafür, daß der Halbzeitpfiff gleichzeitig das 1:1 bedeutete.

Nach dem Wechsel aber kehrten die großen Eintracht-Szenen nicht wieder, und 1860 witterte seine Chance. Freilich beängstigende Formen nahmen die feurigen, aber keineswegs zwingenden 60er-Angriffe auch jetzt nicht an. Ein Landerer stand so sicher bei Brunnenmeier, ein Lutz so dicht bei Auernhammer und ein Höfer so konsequent bei Heiß, daß Loy die schon entschärften Restfälle in gewohnt souveräner Manier erledigen konnte. Aber die Eintracht geriet immer dann in Nöten, wenn der angeschlagene Gegner zornig und unberechenbar wurde, da die Riederwälder zu gleichen Temperamentsausbrüchen nicht fähig waren.

Und in der 67. Minute waren die Löwen in Verzweiflung, dem sicheren Untergang nahe, Zeiser, der Mann mit dem übergroßen Zorn, schlug wieder einmal gegen Stein nach und wurde in die Kabinen geschickt. Dieses Mißgeschick der „Löwen" zeigte an diesem Tag endgültig ihren Unterschied zur Eintracht. Kratzbürstig, aufgepeitscht, ja fast in Ekstase, rasten die zehn Münchener nun übers Eis. Brunnenmeier versetzte schon in der nächsten Minute Lutz, ließ sich im Nachsetzen von dem Eintracht-Verteidiger nicht festhalten und spurtete mit letzter Kraft in den Strafraum. Jakobi beließ es bei der Vorteilsregel, und der erwartete Pfiff blieb aus, so daß Landerer noch zur Rettung schreiten wollte. Doch in dem Münchener Mittelstürmer steckte eine solche Ballung von Verbissenheit, Entschlossenheit und Kraft, daß er mit schier übermenschlicher Anstrengung das Leder zum Siegestreffer ins Netz stoßen konnte.

Gegen solche Gewalten aber wollte die Eintracht anscheinend nicht ankämpfen, denn zum bedingungslosen Ansturm konnte man sich auch jetzt nicht entschließen. Kreß zerrieb sich in aussichtslosen Duellen, und Stein wurde von Stemmer festgesetzt. Noch einmal kam eine große Szene, als Stein am rechten Flügel durchstieß und Kreß den Ball im Flug mit dem Kopf erwischte, doch das Leder zischte knapp am Pfosten vorbei. (aus 'Der neue Sport' vom 18.02.1963)

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