Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt |
Oberliga Süd 1962/1963 - 11. Spieltag
3:3 (2:2)
Termin: 03.11.1962
Zuschauer: 40.000
Schiedsrichter: Kandelbinder (Regensburg)
Tore: 1:0 Geisert (23.), 1:1 Erwin Stein (36.), 1:2 Wolfgang Solz (37.), 2:2 Ruppenstein (38.), 3:2 Marx (54.), 3:3 Erwin Stein (73.)
Karlsruher SC | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Eintracht scheiterte an Kandlbinder Bert Merz berichtet aus dem Karlsruher Wildpark-Stadion Karlsruher SC — Eintracht Frankfurt 3:3 (2:2) Das 3:3 von Karlsruhe und das von Frankfurt, eine Woche zuvor, waren zweierlei Eintracht-Schuhe. Der Riederwälder Anhang trug beim Abmarsch aus dem Wildparkstadion den Kopf und die Fahnen ein ganzes Stück höher als nach dem Spiel mit dem „Club". Im Kessel des Wildparkstadions kam die Eintracht der wirklichen Eintracht wieder ein ganzes Stück näher. In Karlsruhe schien die Sonne, die Sonne bringt Laune ins Eintrachtspiel. Der neue Schwung der „Adlerträger" hätte bei jedem mittelmäßigen Oberliga-Schiedsrichter den Sieg garantiert. Wie aber Kandlbinder aus Regensburg, vor acht Tagen noch Leiter bei Ungarn gegen Oesterreich, die Frankfurter Elf um den möglichen Sieg brachte, war Diskussionsstoff für die gesamte Rückreise von Karlsruhe nach Frankfurt. Daß der KSC, auch ohne Herrmann wieder so stark geworden wie eh und je, sich einen Punkt verdiente, wird niemand bestreiten. Aber auf dem Weg dorthin halfen ihm doch einige Glücksfälle, die Fortunas Handreichungen für die Eintracht gegen den 1. FC Nürnberg weit übertrafen. Man war sichtlich beruhigt, als der Name von Kandlbinder genannt wurde, in dem manche einen neuen Dusch sehen. Doch der Mann, der hitzige Ungarn und nervöse Oesterreicher vor einer Woche so gut im Zaum hielt, war an diesem November-Samstag nichts weiter als ein Platzschiedsrichter. Er verweigerte den Frankfurtern in der ersten Hälfte einen klaren Foulelfmeter und erkannte von zwei Karlsruher Abseitstoren das zweite an, obwohl es dem ersten (annullierten) wie ein Ei dem anderen geglichen hätte. Diese Dinge waren längst geschluckt und vergessen, als die Eintracht von Mitte der zweiten Hälfte an den KSC in seiner Hälfte festklemmte, als das 3:3 fiel und noch siebzehn Minuten Zeit waren, auch noch den zweiten Punkt ins Gepäck zu bringen. Als Kreß in der 75. Minute scharf nach innen flankte und Lindner den Ball aus kurzer Entfernung mit dem Kopf nach unten stieß, schien das 4:3 perfekt. Eine geraume Weile befand sich der Ball in einem Gewirr von Eintracht- und KSC-Beinen um gut zwei Breiten hinter der Linie, ehe er wieder herausgewurstelt wurde. So weit war die Kugel nicht einmal beim KSC-Führungstor hinter der Linie! Schiedsrichter Kandlbinder dicht dabeistehend, auf gleicher Höhe mit uns, winkte ab und ließ weiterspielen! Das verhinderte Siegestor allein hätte das Eintracht-Glück vom „Club"-Spiel wieder wettgemacht, wenn nicht noch die anderen Fälle gewesen wären, in der 8. Minute, als Kreß Nedoschil überlief und Riehm ihm im Strafraum das Bein stellte, als in der 23. Minute Geisert eine Diagonalvorlage von Wild genauso vor Loy einspitzelte wie vorher Wild eine Flanke Wischnowskis. Beim zweitenmal zeigten Schiedsrichter und Linienrichter nicht mehr den Mut, auf Abseits zu bestehen. Die Eintracht schluckte diese Dinge mit bemerkenswerter Ruhe, schaffte durch Erwin Steins flachen Roller wenig später den Ausgleich und eine Minute darauf mit einem Märchenschuß von Solz aus 18 Metern, der wie ein Pfeil in die äußerste Ecke zischte, schon die Führung. Daß schon in der nächsten Minute Wischnowski seinen eigenen Schuß an die Latte wieder erreichte und unters Dach donnerte, paßte nicht in die Riederwälder Pläne. Die starke Zeit des KSC nach der Pause brachte auch den neuen Führungstreffer durch Marx, an dem Friedel Lutz nicht schuldlos war. Von der 65. Minute an aber wich der Glanz um den KSC, der nur noch gelegentlich in die Eintracht-Hälfte kam. So fiel der Ausgleich durch Steins Drehschuß in die äußerste Ecke, zu dem Schämer mit einer Flanke und Lindner mit einem Kopfballzuspiel beitrugen. Als Kandlbinder das erwähnte vierte Tor nicht gab, sicherten die Karlsruher sich noch mehr ab als zuvor.
Das Eintracht-Wetterleuchten von Karlsruhe hatte weniger seine Ursache in der Rückkehr von Friedel Lutz in die Deckung. Das Gute ging vom Sturm aus, der gegen den „Club" praktisch nur auf einem Fuß (Solz) gestanden hatte. Diesmal fußte er auf dreieinhalb Beinen, denn mit Solz schwangen sich wieder Richard Kreß und Erwin Stein in die Höhe. Nach der Pause legte selbst der bei zwei guten Chancen so konfuse Lindner Passagen ein, die an sein Spiel von 1959 erinnerten. Nur Schämer probierte meistens Dinge, die jeder mittelmäßige Verteidiger durchschaut. Die Rollen der Seitenläufer waren schlecht verteilt, weil sich Stinka um den gefährlichen Geisert und Horn um den fast nur im Mittelfeld agierenden Ruppenstein kümmern mußte. Ruppenstein kam über Horn kaum hinweg, aber Geisert um so öfters über Stinka, der nur wenig für den eigenen Sturm leisten konnte. Daß in der wieder stärker erscheinenden Abwehr jeder, Höfer, Landerer und Lutz, seinen Teil zu je einem KSC-Treffer beitrug, hatte nach den ersten zwanzig Minuten kaum jemand erwartet. Am schlimmsten aber war der Kurzschluß Höfers beim ersten Tor, als er den Ball im Mittelfeld an Wild verlor. Es brauchte Minuten (und der beiden Eintracht-Tore), um Höfer wieder aufzurichten. An Loy lag das dritte 3:3 hintereinander wiederum nicht. Er stach Paul auf der Gegenseite glatt aus. (aus 'Der neue Sport' vom 05.11.1962)
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