FC Bayern München - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1962/1963 - 1. Spieltag

0:5 (0:2)

Termin: 18.08.1962
Zuschauer: 43.000
Schiedsrichter: Jakobi (Mannheim)
Tore: 0:1 Lothar Schämer (5.), 0:2 Erich Hahn (12.), 0:3 Lothar Schämer (57.), 0:4 Lothar Schämer (59.), 0:5 Richard Kreß (62.)

>> Spielbericht <<

FC Bayern München Eintracht Frankfurt

  • Fritz Kosar
  • Tietz
  • Werner Olk
  • Karl Borutta
  • Ostner
  • Erhardt
  • Jakob Drescher
  • Sieber
  • Dieter Brenninger
  • Rainer Ohlhauser
  • Peter Grosser

 


 

Trainer
  • Helmut Schneider
Trainer

Der Eintracht genügte eine Stunde

Sonderbericht unseres nach München entsandten Redakteurs Bert Merz

Bayern München — Eintracht Frankfurt 0:5 (0:2)

Die Eintrachtfahnen auf den Münchner Stadionrängen wurden stolz wie am Riederwald geschwungen. Dieses Fest und seine Sensation feierten die Zehntausende mit, als hätte ihre eigene Elf den Triumph errungen. Die Eintracht trat auf wie ein Großmeister des Fußballs, der nach einer Stunde es sich leisten konnte, den Motor zu drosseln. Nach der Devise, am Mittwoch ist auch noch ein Spiel, ließen die Frankfurter von ihrem Opfer wieder ab. Sie hatten in den ersten zwölf Minuten mit zwei Treffern klargemacht, daß die elf fetten Bayernjahre ohne Riederwälder Sieg in München zu Ende sind. Als die Möglichkeiten zu einem Umschwung sich in den Münchner Köpfen nach der Pause breitmachten, da klopften die Frankfurter noch einmal auf den Tisch. In der 58., 60. und 62. Minute fielen drei weitere Tore. Bitteschön! Wir wollten nur zeigen, wer heute Herr auf dem Feld ist.

Es kam alles ganz anders, als es sich die Bayern und ihr Trainer Schneider vorgestellt hatten. Sie ließen den Ex-Reutlinger Wodarzik in der Reserve und stellten den Ex-Großkarbener Drescher als Rechtsaußen gegen Höfer. Sie wollten bei ihrem Münchener Spielzuschnitt bleiben. Deshalb ließ man auch die Importe Erhardt Außenläufer spielen Aber der „Ertl" hätte wohl auch als Stopper den Frankfurter Sturm und Drang kaum aufhalten können. Wegen der Eintracht hätte auch die Leibwache vom „Kaiser von China" auftreten können. Ihr Angriff rollte über alles hinweg, wenn er anzog. Daß er bei 5:0 nicht mehr in der gleichen Stärke anzog, konnte man dem Gast angesichts der kommenden schweren Aufgaben nicht verdenken.

Die Eintracht setzte an den Stellen ihr Vernichtungswerk gegen Münchens Deckung, wo sie im Februar noch an gleicher Stätte scheiterte. Die Außenstürmer Kreß und Schämer machten es Olk und Tietz klar, daß es gegen sie keine Faustregel gibt. Sie hatten in Hahn und Solz auch die richtigen Männer in Tuchfühlung, die ihnen halfen, ihre Spurts zum richtigen Zeitpunkt anzusetzen.

Die Münchener wußten schließlich bald nicht, was sie mehr bewundern sollten, den nimmermüden Kreß, der wie ein Jüngling auf dem Feld einhersauste und den Olk das Fürchten lernte, oder die Treffer der wieder intakten Eintracht-Schußmaschine Schämer.

Daß Hahn seinen ganzen Ehrgeiz hineinlegte, um vor dem heimischen Publikum zu glänzen, war vorher schon zu vermuten. Er trug mit dem Kraftklotz Erhard Duelle aus, die keiner dem „schmalen Handtuch" zugetraut hätte. Ein Kopfball seiner bekannten Qualität hing nach zwölf Minuten hoch rechts oben im Toreck, nachdem schon in der 3. Minute Schämer einen von Weilbächer angetippten Freistoß aus weiter Entfernung links unten hineingesetzt hatte.

Ausgelöst wurden die Zündungen um diese Zeit meistens noch am rechten Flügel, von wo auch Kreß seine akurate Flanke zu Hahns Kopfball lieferte und anschließend noch zu einem fast sicheren dritten Treffer. Aber der letzte Schritt des mit Siebenmeilenstiefeln anwetzenden Schämer war um etwas zu lang.

Die Bayern erholten sich noch einmal von diesem Auftakt. Aber sie machten jetzt schon nahezu alles falsch, wenn sie angriffen. Einige Münchener Spieler schienen seither noch nicht bei dem Kapitel Steilpässe angelangt zu sein. Die Querpässe im Mittelfeld ließen die Frankfurter großzügig zu. Wenn einmal Erhardt nach seinen Stürmern Ausschau hielt, dann waren diese meistens schon im Schatten der Eintracht-Deckung verschwunden. Es schien, als ob sie froh waren, daß der Fürther Recke am Ball und sie die Verantwortung abschieben konnte.

Solange Grosser noch vom linken Flügel versuchte, das Bayernspiel in Gang zu bringen, ergaben sich auch für die Schymik-Lutz-Ecke einige Probleme, zumal der junge Mittelstürmer Brenninger auf Grossers Ideen einging. Aber mit der Zeit wurde Grosser immer mutloser, umständlicher und später sogar ungefährlich.

Als der verzweifelte Zwischenspurt der Münchener vor der Pause nur einige Ecken und ein Beinahe-Tor am Innenpfosten einbrachte waren die größten Sorgen für die Eintracht-Deckung vorüber. Zu Beginn der zweiten Hälfte schien die Sonne den Frankfurtern noch eine Zeitlang schräg ins Gesicht. Die „Rothosen" schienen auch in der Pause eine neue Anweisung zum Steilspiel erhalten zu haben. Das alles war dazu angetan, für die „Adlerträger" jetzt klaren Tisch zu machen. Dazu brauchte man zunächst einmal Solz und Schämer, Ausgangspunkt und Endstation bei Tor drei und vier waren genau gleich. Für die Ausführung etwas verschieden. Zunächst kurvte sich Schämer mit dem Solz-Zuspiel draußen an Tietz vorbei, kam von schräg zum Tor und schoß einfach in den schmalen Spalt zwischen Kosar und Pfosten. Beim zweitenmal zog er die Kugel in vollem Lauf am Bayernhüter vorbei in die lange Ecke. Es folgte noch der Sturmlauf des Richard Kreß, der zusammen mit Stein im Mittelkreis in eine Münchener Aktion gepirscht war, durch die leere Bayernhälfte und an Kosar vorbei raste und einschoß. Die Begeisterung um dieses Tor hätte am Riederwald nicht größer sein können.

Stimmen zum Spiel

Oßwald: Münchens Publikum bundesligareif

Eintracht-Trainer Paul Oßwald: „Zum Oberliga-Auftakt möchte ich bemerken, daß Münchens Publikum, was Zahl und Haltung betraf, bundesligareif ist. Unser Spiel lief in den ersten zwanzig Minuten ganz hervorragend. Es hätte eigentlich schon in dieser Zeit bei dem großartigen Spiel eines Richard Kreß, der für mich der beste Stürmer war, das dritte Tor fallen müssen."

Spielausschußvorsitzender Ernst Berger: ,.Der Schlüssel zu unserem Erfolg war das steile Spiel, das die Münchner gar nicht kannten."

Vorsitzender Rudi Gramlich; „Man hat uns manchmal vorgehalten, wir hätten bisher zu viel gespielt. Ich glaube, dieses Spiel hat die Richtigkeit unserer Vorbereitung bewiesen."

Spielführer Hans Weilbächer: „Ich habe mit einem knappen Sieg gerechnet, aber nicht mit 5:0. Im Betrieb wurde gewettet. Ich hatte einen 3:1-Sieg für uns eingesetzt."

Masseur Heiner Etzold: „Das Kölner Spiel wurde noch übertroffen. Hoffentlich kann Schämer am Mittwoch spielen. Er hat eine Leistenzerrung davongetragen." (aus 'Der neue Sport' vom 20.08.1962)

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