FC Schweinfurt 05 - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1961/62 - 29. Spieltag
3:0 (1:0)
Termin: 08.04.1962
Zuschauer: 16.000
Schiedsrichter: Neumeier (Ebingen)
Tore: 1:0 Schweighöfer (25.), 2:0 Schweighöfer (65.), 3:0 Kupfer (69.)
FC Schweinfurt 05 | Eintracht Frankfurt |
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Trainer | Trainer |
Schweinfurt war nicht wiederzuerkennen Ludwig Dotzert berichtet aus Schweinfurt FC Schweinfurt 05 — Eintracht Frankfurt 3:0 (1:0) Schweinfurt war an diesem Tage nicht wiederzuerkennen. Das verschlafene Stadion, in das die Stadt vielleicht erst 1980 hineinwächst, schien bereits eine Stunde vor Spielbeginn rund herum von einer Menschenmauer zugemauert, die ihre Sensation haben wollten. Eine Viertelstunde vor Schluß sang ein Tribünenblock zynisch das Leitlied der Riederwälder „So ein Tag, so wunderschön wie heute...", in der Kurve wummerten Pauken und gellten Trompeten. In Schweinfurt war mit einem Wort der Teufel los. Hier hätte wahrscheinlich auch eine bessere Eintracht verloren. Die Eintracht, die sich am vorletzten Tag der Runde vorstellte, hatte keine Chance. Das Erfolgsrezept der Aumeier-Elf war ebenso simpel wie mutig. Sie wußten, daß sie spielerisch gegen den Spitzenreiter aus Frankfurt nicht mitkommen würden. Die Konsequenz aus diesem Tatbestand lautete für sie: also darf die Eintracht gar nicht erst zum Spielen kommen. Das klappte bis zur Pause ausgezeichnet. Ehe die Riederwälder richtig wußten, wo sie sich befanden, sahen sie sich von einem Gegner umzingelt, dessen leidenschaftliche Kriegstänze sie offensichtlich verwirrten. Bis zum Wechsel kam die Eintracht nur dann aus der Abwehr heraus, wenn Richard Kreß etwas auf eigene Faust unternahm. Richard war praktisch ein Sturm für sich allein. Die anderen trabten mit, um die Schweinfurter Abwehr vom Hauptziel Kreß abzulenken. Viel mehr kam aus ihren Bemühungen jedenfalls selten heraus. Die Wurzel allen Uebels aber war, wie gesagt, daß die Riederwälder von hinten her keinen Halt fanden. Der Boden schien unter ihren Füßen zu rotieren. Ehe Weilbächer und Stinka von der Abwehr zum Aufbau übergingen, war schon wieder alles ganz anders. Hinzu kam, daß sich eine äußerst unglückliche Konstellation ergeben hatte. Solz, der Held von Augsburg, stieß auf den stärksten Abwehrmann der Schweinfurter, den kohlschwarzen Rumpel. Hier war für Solz weder ein Kopfball noch sonst etwas zu haben. Innerhalb von zehn Minuten war bei dem linken Verbinder der Riederwälder der Lack abgeblättert. Da auch Horn über emsiges Gestocher und Gescharre selten hinauskam, herrschte auf dem Verbinderposten große Not. Sehämer und Erwin Stein sind von der Leistung ihrer Nebenleute weitgehend abhängig. Von ihnen also war auch nichts zu erwarten. Unter diesen Umständen konnte nur der auf einen grünen Zweig kommen, der frei und selbständig seinen eigenen Kurs steuerte. Das war Richard Kreß. Er befand sich unter den erschwerten Bedingungen von Schweinfurt in der Form seiner stärksten Länderspiele. Die zweite Ausnahmeerscheinung war Egon Loy. Der Eintrachthüter hielt in Schweinfurt mit der Reaktionskürze eines Fahrian und mit der Routine eines Sawitzki. Seine Vorderleute mußten schon mehrere Patzer hintereinander begehen, ehe Loy sich verwirren ließ. Freilich fehlte es nicht an diesen Fehlerserien. Schymik war in den Duellen gegen seinen aggressiven Widersacher Grübert neunzig Minuten lang ein verlorener Mann. Höfer übertraf Schymik zwar deutlich, aber auch sein direkter Gegner, der blonde Sausebraus Kraus, kam mehr zum Schuß, als Höfer und der Eintracht lieb war. Es gab überhaupt niemand ohne Fehl in dieser Riederwälder Deckung. Aber Eigenbrodt und Weilbächer verbreiteten doch wenigstens Respekt. Erst gegen Ende der ersten Halbzeit huften die Schweinfurter leicht zurück. Die ersten Raketen waren abgebrannt. Nun schien die Eintracht doch noch ins Spiel zu kommen. Dieser Eindruck verstärkte sich, als nach dem Wechsel Horn für Stinka in die Läuferreihe und Stinka für Horn in den Sturm wechselte. Jetzt sah man die beiden wenigstens. Horn brachte erstmals lange Bälle in die Partie. Stinka eckte in der vordersten Sturmlinie mit weit mehr an als sein Vorgänger. Die Eintracht begann, die Hälfte des Gegners mit einem braven und sauberen Kombinationsmuster zu überziehen. Gewonnen jedoch war damit nicht viel. Es fehlten die Ueberraschungseffekte. Auf den Geistesblitz, der Schämer oder Stein freie Schußposition verschafft hätte, wartete man vergebens. Schämer schoß nur bei Freistößen, Stein schoß vorbei, und Solz schoß, daß es Gott erbarm'. Als es bereits 3:0 für die anderen stand, bollerte Schämer als Abschluß und Höhepunkt dieser Entwicklung einen Elfmeter (Foul Bernards an Solz) über die Latte, der sogar als Fehlleistung noch Bewunderung erregte. Sei's drum, es wäre doch nichts mehr zu retten gewesen. Die Tore, die in diesem knirschenden und knarrenden Spiel fielen, sahen genau so aus wie das Spiel selbst. Beim ersten Treffen schienen nach einem Freistoß aus der Eckfahnengegend anderthalb Dutzend Beine blind auf der Torlinie herumzurühren, ehe Schweighöfer per Zufall die richtige Lücke fand. Beim zweiten und dritten waren — wenn man so sagen darf — rollende Eintracht-Angriffe nach hinten losgegangen. Die Hauptmacht der Riederwälder stand in der Schweinfurter Hälfte, als Schweighöfer und Kupfer der Jüngere den kleinen Abwehr-Notdienst der Riederwälder mit Alleingängen überraschten. (aus 'Der neue Sport' vom 09.04.1962)
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