SpVgg Fürth - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1961/62 - 26. Spieltag
1:0 (1:0)
Termin: 11.03.1962
Zuschauer: 9.000
Schiedsrichter: Treiber (Würmlingen)
Tore: 1:0 Hans-Walter Eigenbrodt (34., Eigentor)
SpVgg Fürth | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Eigenbrodts Mißgeschick - Fürths Glück Lutwig Dotzert berichtet aus Fürth Spvgg. Fürth — Eintracht Frankfurt 1:0 (1:0) Das Tor des Tages fiel in der 35. Minute. Es war ein Eigentor. Fürths rechter Verbinder Fürther schoß auf gut Glück von der Strafraumecke aus in Richtung Tor, aber sein Schuß, der schräg am Ziel vorbeigesegelt wäre, kam nicht weit. Er prallte von der Brust Eigenbrodts, unberechenbar wie ein Knallfrosch, dicht neben dem Pfosten ins Netz. Niemand konnte etwas für diesen Treffer, weder Eigenbrodt, der nur das getan hatte, was er tun mußte, noch Loy, der genau auf dem richtigen Punkt stand, der nachher freilich der falsche wurde, noch sonst jemand. Bis zur 20. Minute hatte die Eintracht mit hartnäckigen, exakten und einfallsreichen Paßfolgen geglänzt, war dann zwar mehr und mehr unter Druck geraten, stand aber ständig auf dem Sprung, die alten Positionen zurückzuerobern. So wie die Fürther in den zehn Minuten, bevor ihre l:0-Führung feststand, über die Heide rasten, so rast man nicht lange über die Heide. Bis zum Wiedererwachen der Eintracht, die einen gut erholten Eindruck machte, konnte es nicht mehr lange dauern. Kurzum: Es bestand noch kein Grund zur Aufregung, als das Tor fiel, das als Tor des Tages in die Chronik eingehen sollte. Die Eintracht hatte die besseren Chancen gehabt. Warum sollten diese Chancen nicht wiederkommen? Fast eine Stunde war noch Zeit, und doch schlug es für die elf Riederwälder, die sich ohne ihren verletzten Lutz offenbar von Anfang an verraten und verkauft fühlten, bereits dreizehn, die schwach gewordenen Nervenstränge rissen bei der ersten Belastungsprobe. Aus den eiskalten Weltmännern Paul Oßwalds wurden elf gehetzte Menschen. Man ahnte bald, daß es hier kaum noch etwas zu retten geben würde. Trotzdem hat in Fürth niemand versagt, außer Lindner, der nach einer verheißungsvollen Anfangsviertelstunde wie auf Steppdecken einherwandelte, der vor Entkräftung über einen Grasbüschel stolperte, als kaum nach dem Wechsel der Ball sechs Meter vor der leeren Ecke zum Einschieben bereitlag, der sich an diesem Tag wohl für's erste aus der Mannschaft herausgespielt haben dürfte. Die meisten anderen waren drauf und dran, den Anschluß an die Vorrundenform zu finden. Die Raketenstarts des Richard Kreß zogen wieder, die weitschweifigen Ausweichbewegungen des Erwin Stein, den man mehr in Nähe der Eckfahne sah als in Nähe des Elfmeterpunktes, stifteten in den Abwehrreihen des Gegners tiefe Verwirrung. Dem Ernst Kreuz fielen zwar keine Körperkunststücke ein, doch dafür arbeitete er mehr als sonst. In der Hintermannschaft war Eigenbrodt zwar kein Lutz, aber doch ein zuverlässiger Stopper, räumte Höfer auf wie das Ueberfallkommando und nahm sich der für Eigenbrodt verteidigende Schymik mit aller Macht zusammen, um Leichtsinnsfehler zu vermeiden. Wer ihm von der Eintracht genau auf die Füße schaute, hatte schon bald eine Sorge weniger. Loy bestätigte sich abermals als einer der stärksten „Angriffs-Torhüter", über die der DFB zur Zeit verfügt. Die Verbindung nach vorn stellte Stinka her. Nur Horn, der auf dem rechten Läuferposten Weilbächer abgelöst hatte, fiel kraß ab. Es fehlte ihm nach Ueberwindung seiner Verletzung offenbar noch an der äußersten körperlichen Fitness. Spieler, die nicht unter Volldampf standen, blieben am Rhonhof aber bald auf der Strecke. Hier wurde 90 Minuten lang das Höchste verlangt. Die Fürther tobten sich die Abstiegsängste aus dem Leib. In dem Gefühl, daß die Riederwälder nach der letzten Niederlage und nach dem Ausfall von Lutz physisch angeschlagen sein müssen, stürmten sie eine Stunde lang mit allen Mannen, die gerade verfügbar waren. Einer ihrer gefährlichsten Angreifer war der rechte Läufer Erhardt, der die Bewachung nur als Nebenbeschäftigung betrieb. In der Hauptsache ging es ihm darum, mit allen seinen Bärenkräften den eigenen Sturm in Schwung zu halten. Es gab Zeitabschnitte in diesem Spiel, da lief Kreuz diesem unbändigen Altmeister nach und nicht umgekehrt. Erhardt war aggressiv bis zur Selbstvernichtung, und an ihm orientierte sich offenbar die ganze Spielvereinigung, die eine völlig neue Außenseitertaktik kreierte. Sie kam dem Favoriten nicht mit verstärkter Abwehr, sondern mit verstärktem Angriff. Sie wollte die Riederwälder nicht stoppen, sondern ihnen die Luft abschnüren. Das gelang nicht ganz. In den ersten 20 Minuten hatte man sogar den Eindruck, daß die Fürther auf dem besten Wege seien, mit Glanz und Gloria in ihre sichere Niederlage hineinzubrausen. Wie einst im Mai setzte die Eintracht ihre Konterstöße an. Herrliche Schüsse von Kreuz pfiffen knapp am Ziel vorbei. Erwin Stein visierte nach einem rasenden Spurt mit dem linken Fuß die rechte Ecke an, und Torhüter Geißler, der Länge nach am Boden liegend, drückte die Lederkugel gerade noch mit den Fingerspitzen um den Pfosten. Endlich war wieder etwas los im Eintrachtsturm! Was störte, war lediglich die Zeitverschwendung, die sich Schämer leistete, der mit jedem zugespielten Ball sekundenlang auf der Stelle verharrte und es peinlichst vermied, in die Gasse zu starten. Ganz gelang den Fürthern ihre Absicht, der Eintracht die Luft abzuschnüren, nur zwischen der 25. und 35. Minute. In dieser Zeit spielte sozusagen Hammer gegen Amboß, und der Hammer waren die Fürther. Es ging drunter und drüber, das Tor, welches fiel, entschied, und fiel auf dem Höhepunkt des Vulkanausbruchs. Zwanzig Minuten noch versuchten die Fürther, die ihr Publikum zu hallenden Ovationen hinrissen, ihren Sieg durch Fortsetzung der Offensive mit einem zweiten Tor endgültig in Sicherheit zu bringen. Dann erst wurden sie vernünftig, sukzessive verschanzten sie ihr Tor hinter einer Deckung, die sich von Minute zu Minute verstärkte. Der Riederwälder Endspurt währte fast eine volle halbe Stunde. Es stürmten Höfer und es stürmte Horn, es stürmte Stinka und Schymik, es stürmte der ganze Verein. Aber das Fürther Tor war für niemand mehr zu stürmen. (aus 'Der neue Sport' vom 11.03.1962)
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