VfR Mannheim - Eintracht Frankfurt |
Oberliga Süd 1961/62 - 22. Spieltag
1:1 (1:1)
Termin: 04.02.1962
Zuschauer: 11.000
Schiedsrichter: Reil (Weiden)
Tore: 1:0 Sauter (14.), 1:1 Alfred Horn (19.)
VfR Mannheim | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Trainer |
Unentschieden war ein Erfolg! Ludwig Dotzert berichtet aus dem Mannheimer Stadion VfR Mannheim — Eintracht Frankfurt 1:1 (1:1) Wenn die Riederwälder unentschieden spielen, dann denken sie meistens an den verlorenen Punkt und nicht an den gewonnenen. Diesmal dachten sie nun an den gewonnenen. Es hätte viel schlimmer werden können. In Mannheim lag dicker Pappschnee. Das Zeug wirkte wie Klebepaste, die Riederwälder kamen sich vor wie auf den Leim geführt. Ich weiß, die Mannheimer hatten mit den gleichen Schwierigkeiten zu kämpfen und trotzdem bleibt es dabei: die Eintracht traf's härter als den Gegner. Gerade das, was die Riederwälder vor ihrem Rivalen auszeichnete, blieb im Pappschnee hängen. Die Vehemenz eines Richard Kreß auf den ersten fünf Metern, die Flanke eines Dieter Lindner (soweit vorhanden), die Nähmaschinen-Akuratesse eines Dieter Stinka, die Brillanz eines Ernst Kreuz. Auf Ernst Kreuz verzichtete man angesichts der Bodenverhältnisse freiwillig. Der schrullige Großmeister durfte lediglich in der Reserve ein bißchen frische Luft schnappen. Es fehlte weiter Hermann Höfer, dessen Mitwirkung nach seiner Verletzung im Herberger-Kursus doch noch etwas gewagt erschien. Dennoch schien nach zwanzig Minuten das Schlimmste überstanden. Die Eintracht hatte ausgeglichen. Der Mannheimer Ueberfall schien abgewehrt. Ein kraftstrotzender Alfred Horn war drauf und dran, den Riederwälder Schneepflug anzuschleppen. Horn war überall. Er stopfte die Lücken in der eigenen Abwehr und brach Lücken in die gegnerische Abwehr. Er verhinderte mit Lutz und Eigenbrodt zusammen weitere Treffer der stürmenden Mannheimer und erzielte den Treffer der Eintracht zum 1:1, als er aus 13 Meter genau unter die Latte traf. Er trieb aber Raubbau mit seinen eigenen Kräften und nach einer halben Stunde ging er aus wie ein Licht, und begnügte sich bis zum Schluß mit der kleinen Nebenrolle eines Bewachers von Schmitt. Zuerst merkte man es wenig, der Riederwälder Schneepflug lief noch. Richard Kreß ruckte mit zusammengebissenen Zähnen von Station zu Station und ließ sich von keinem Mißerfolg entmutigen. Schämer bohrte ohne Unterlaß an der linken Seitenwand. Erwin Stein machte fleißig Kilometer. Kurz nach dem Wechsel schien der zweite Treffer der Riederwälder sogar noch einmal so gut wie sicher. Nach einer schneidigen Attacke Erwin Steins rutschte die Lederkugel zu dem unbewachten Schämer durch, der sechs Meter vor dem Tor in aller Ruhe zielen und schießen konnte. Schämer schmetterte einen stählernen Schuß auf die nächstgelegene Ecke, eine Tat diesen Schuß im Sprung aus der Ecke zu stoßen, machte Torhüter Benz1er zum besten Spieler des Platzes.
Dann erst wirkten sich die Mängel auf Seiten der Riederwälder aus. Weilbächer, der aussah, als ob eine Grippe in ihm steckte, und Stinka, der auf dem Schnee einfach nicht beweglich genug war, um sich von seinem sehr zähen Bewacher Franken zu lösen, gingen vollends unter. Horn erschöpfte sich in der Verfolgung seines direkten Gegenspielers. Für Lindner bedeutet die Ueberwindung einer Entfernung von über zehn Metern so etwas wie einen Langstreckenlauf. Der Schnee war einfach zu klebrig für den ewigen Junior. Der Schnee, der Schnee, der Schnee...! Unterdessen gerieten die VfR-Athleten grundlos in eine furchterregende Pulverfaß-Stimmung. Stein wurde bei einem aussichtsreichen Spurt in den freien Raum von hinten zu Boden gerissen. Bast provozierte Eigenbrodt zu einem Revancheakt, der dem Riederwälder fast einen Platzverweis einbrachte. Schämer wälzte sich weit vom Ball plötzlich im Parterre, während der neben ihm stehende Hofmann das unschuldigste Gesicht von der Welt aufsetzte, eine Flasche flog ins Spielfeld, es gärte an allen Ecken und Enden. Die Mannheimer, die ihre 0:9-Niederlage vom vorigen Herbst nicht vergessen hatten, stritten mit der Leidenschaft und Kratzbürstigkeit von beleidigten Schönheiten. Von Glanz und Gloria der Riederwälder blieben jetzt nur noch die ausgeklügelte, durchgeformte und blicksichere Stopperpartie eines Friedel Lutz, die Unerbittlichkeit eines Eigenbrodt, der seine schwache Leistung im Derby vergessen ließ, die Zähigkeit eines Richard Kreß, der den angeschlagenen Schymik in der Verteidigung abgelöst hatte, und die klaren Reaktionen eines Egon Loy. Diese Vier, die die letzte Bastion bildeten, gewannen den einen Punkt, den die Eintracht aus Mannheim mitbrachte, in der letzten halben Stunde immer wieder neu. Sie verloren auch dann die Uebersicht nicht, als sogar Schreck mitstürmte. Die Zeit, als man gegen die Riederwälder noch Tore schießen konnte, war längst vorbei. Damals, im ersten Stadium des Spiels, ließ sich Schymik einmal zu oft von Mannheims Linksaußen Sauter überlaufen, der aus 16 Meter einen tückischen Flachschuß abfeuerte. Der Ball drang vom Körper des irritierten Loy hoch ins Netz. Das war in der dreizehnten Minute. Inzwischen war die Lutz-Linie längst undurchdringlich geworden. (aus 'Der neue Sport' vom 05.02.1962)
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