Höfers Gegner schoß drei Tore
Ludwig Dotzert berichtet aus Limburg
VfR Limburg 07 — Eintracht Frankfurt n. Verl. 3:5 (3:2,
3:3)
Eine Minute vor Schluß der normalen Spielzeit
schien der Rausschmiß für die Riederwälder perfekt. Limburgs
Halbrechter Basquitt hatte acht Meter vor dem Tor nur noch Reservetorhüter
Zscherlich vor sich. Aber Basquitt schoß dem Zscherlich die Lederkugel
in der Aufregung direkt vor die Füße. Es blieb also beim 3:3,
und die Eintracht kam für diesmal mit einer halben Stunde Nachexerzieren
davon. Daß die Himmelsstürmer aus der Bischofsstadt in der
Verlängerung nicht mehr mithalten würden, war von vornherein
klar.
Der große Moment im Fußballerleben der Limburger
dauerte immerhin volle anderthalb Stunden. Anderthalb Stunden lang wichen
sie keinen Schritt vor den hohen Gästen zurück, rannten sich
Wadenkrämpfe an die Beine und sprangen behend über ihre eigenen
Schatten. Aber es war beileibe nicht nur Energie, Draufgängertum
und Eifer was sie zu bieten hatten. Auch in technischer Hinsicht brauchten
sie sich an diesem Tag keineswegs vor dem Oberligisten zu verstecken.
Die
Riederwälder hielten konsequent an einem Kombinationsstil fest, der
sich bei Bodenverhältnissen, wie sie in Limburg vorherrschten, nur
mit äußerster Mühe und Beharrlichkeit verwirklichen ließ.
Der Limburger Platz ist ansonsten sicher durchaus in Ordnung. Bei dem
Frostwetter des Weihnachtssamstags jedoch fühlten sich die Riederwälder
auf nacktem Fels. Selbst bei den akkuratesten Pässen sprang der Ball
die Spieler an wie ein übernervöser Terrier, der sein Herrchen
begrüßt. Auf jeder Station entstand eine halbe Sekunde Verspätung.
So war es also von vorne herein nichts mit der Absicht, den Gegner durch
hurtige Paßfolgen auseinander zu wirbeln. Die Entscheidung daraufhin
mit Gewalt zu erzwingen, wäre nicht gentlemenlike und außerdem
gefährlich und strapaziös gewesen. Was blieb anderes übrig,
als es mit einer Art Geduldsspiel zu versuchen, mit „Lackschuh-Fußball"
auf Feldwegterrain.
Von diesem Geduldsspiel ließ sich die Eintracht
nicht abbringen, egal, was da kommen mochte. Ob sie 0:2 zurücklag
wie nach dreizehn Minuten oder 1:3 wie noch kurz vor dem Wechsel —
die Riederwälder spielten stoisch ihren Strich herunter. Sie nahmen
eher die Gefahr einer Niederlage in Kauf als die Gefahr einer Verletzung
oder übermäßiger Kraftverschwendung. Die Angelegenheit
komplizierte sich weiter dadurch, daß Zscherlich und Büttner,
die beiden Gastspieler aus der Reserve (Loy, Kreß und Kreuz fehlten),
bis zur Pause unter schrecklichem Lampenfieber litten, daß Lindner
(zunächst Mittelstürmer, dann Rechtsaußen) einen geradezu
abwesenden Eindruck machte und daß sich Eigenbrodt von der Nervosität
Zscherlichs anstecken ließ. Gar nicht zu reden von den Leichtsinnsfehlern
der übrigen Deckungsspieler. Die fünftausend Zuschauer ahnten
nur dann etwas von den Qualitäten der Weltstadtfußballer vom
Riederwald, wenn Dieter Stinka oder Alfred Horn in die Szene eingriffen,
die beiden Außenläufer vom letzenmal in den Halbstürmerrollen.
Als Horn später mit Büttner den Posten tauschte, kam auch Büttner
noch in Schwung. Weilbächer ging nicht mehr aus sich heraus, als
dies von einem Spieler zu erwarten ist, der mehrere Wochen aussetzte.
Die anderen werkelten emsig mit. Das Beste an der Eintracht war die offenbar
unerschütterliche Gewißheit, daß sich ihre Klasse zu
guter Letzt eben doch durchsetzen müsse. Der Erfolg gab ihr recht.
Die Helden des Tages aber standen auf der Seite der Bezirksligisten,
von denen es ein kleiner Rechtsaußen namens Becker im Kampf gegen
Hermann Höfer auf drei volle Tore brachte, die mit dem Ungarnflüchtling
Papp zeitweilig den stärksten Außenläufer auf dem Platz
stellten und deren Stopper Krämer sich weder von Lindner noch von
Erwin Stein an der Nase herumführen ließ. Das Imposanteste
an den Limburgern war ihre geradezu lupenreine Fairness im Kampf Mann
gegen Mann und in ihrer ganzen Einstellung zum Spiel. (aus 'Der neue
Sport' vom 27.12.1961)
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