Eintracht Frankfurt - FC Bayern
München |
Oberliga Süd 1961/62 - 9. Spieltag
2:2 (2:1)
Termin: 01.10.1961
Zuschauer: 18.000
Schiedsrichter: Schneider (Stuttgart)
Tore: 1:0 Erwin Stein (6.), 2:0 Dieter Lindner(15.), 2:1 Ohlhauser (23.), 2:2 Thimm (68.)
Eintracht Frankfurt | FC Bayern München |
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Trainer | Trainer
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Ohlhausers Warnschüsse Horst Kickhefel berichtet vom Riederwald Eintracht Frankfurt — Bayern München 2:2 (2:1) Ein schönes Spiel, auch wenn die Eintracht-Anhänger diese Behauptung mit gemischten Gefühlen aufnehmen werden. Schließlich hatten sie ja mit beiden Punkten gerechnet. Und die Bayern nicht mit dem einen! Das sah man an den beschwörenden Fingerzeichen nach dem 2:2, die von der Betreuerbank ins Feld signalisiert wurden. Auf dieser Bank lebte man in der Angst, doch noch mit einer Niederlage heimreisen zu müssen. So überrascht man von dem Unentschieden war, so unverhofft kam die Tatsache, daß man der Eintracht die Suppe versalzen hatte. So eine gute halbe Stunde nach dem Anpfiff kritzelte ich auf meinen Block: dieser Eintracht merkt man immer mehr die internationale Erfahrung an, diese elf Spieler bewegen sich so auf dem Feld, daß auf sie nur der Ausdruck aus dem englischen Sportjargon paßt: sie sind cracks. Das heißt, sie spielen kalt bis ans Herz hinan, sie spielen wie eine Maschine, die Gegenangriffe und das Gegentor der Bayern fechten sie nicht an. Als ich mit Erich Wick vom Riederwald in die Redaktion fuhr, stellten wir uns die gleiche Frage: wie konnte das geschehen? Wie konnte aus einer Mannschaft von cracks ein Haufen nervöser Spieler werden? Wir hatten beide den gleichen Gedanken: träumten einige Spieler schon von der Reise nach Lissabon? pachten sie schon an Benfica? Vielleicht, vielleicht... jedenfalls spannte sich vom Anpfiff bis zum Schlußpfiff ein Bogen, der stetig abwärts fiel. Vielleicht hatte die schnelle Führung die Mannschaft leichtsinnig gemacht? Da rutschte Steins 18-Meter-Schuß Kosar unter der Faust durch über die Linie. Da nickte Lindners Stirn eine Flanke Steins zwischen die Pfosten. 2:0 nach 15 Minuten. War das nichts? Aber zwei tolle Vorstöße Ohlhausers hätten die Riederwälder warnen müssen. Gleich in der ersten Minute rutschte er aus und mit dem Ball am Tor vorbei. Sechs Minuten später stieß Loy seine Faust in den heranrauschenden Schuß des Münchners und griff sich den Ball beim Herabfallen. Zwei Warnschüsse, doch der schärfste kam noch: ueber Drescher und Sieber lief der Ball zu Ohlhauser — aus dem Stand hieb er den Ball mit Raketengewalt ins Tor. Nein, man wurde in der Eintracht-Mannschaft nicht aufgerüttelt, im Gegenteil, man glaubte sich auf dem rechten Weg, als Olk gerade noch den Ball von der Torlinie wegbugsierte und ein Kopfball von Kreß um Millimeter neben dem Pfosten endete. Was sollte in diesem Spiel schon schief gehen? Daß Weilbächer mit Ohlhauser nicht fertig wurde? Der hatte doch keine gleichwertigen Nebenstürmer! Daß die beiden Bayernläufer meistens an der Mittellinie stehen blieben und man der Eintracht das Mittelfeld überließ? Das konnte einem Kreuz doch nur recht sein! Dieser Kreuz mußte den Bayern oft wie ein Phantom vorgekommen sein. Einmal rannten sich Tietz und Giesemann gegenseitig über den Haufen, so verwirrt hatten beide die Kreuz-Tricks gemacht. Doch beim Phantom Kreuz ist der Hebel anzusetzen; was nutzt es, wenn der lange, junge Mann bei jedem Trick die Lacher auf seiner Seite hat, aber für die Mannschaft nichts herausspringt! Was nutzt es der Mannschaft, wenn auch der andere Halbstürmer (Lindner) wenig für den Spielaufbau tut. Mit zwei schwachen Halbstürmern kann ein Spiel nicht getragen werden, auch wenn dahinter ein Läufer wie Stinka steht, der sich nicht nur beide, sondern vier Beine ausriß, der serienweise die bestechendsten Pässe nach vorne schickte, der sich schließlich in seiner Verzweiflung selbst als Stürmer betätigte. Aber nicht nur Kreuz und Lindner waren an diesem Tag eine Belastung. Auch von Schämer sah man nicht viel und wenn er den Ball am Fuß hatte, schien er mit Gewalt auf eigene Faust arbeiten zu wollen, schien er nur an seine Spitzenstellung in der Torschützenliste zu denken. Und Stein, und Kreß? Stein war der beweglichste Stürmer, Kreß derjenige mit dem stärksten Widersacher. Denn gegen einen Olk zu spielen, das ist schon etwas. In der Abwehr war alles o.k. Höfer in Superform, aber seit Melbourne liegt er bei Herberger in den Blinden. Schymik hatte dem Peter Grosser rasch den Mumm abgekauft und ging von Schmerzen geplagt (nach einem Zusammenprall mit Eigenbrodt) erst nach vorne, als es in der 74. Minute nicht mehr ging. Loy ganz groß, rettete zweimal durch schnelles Reagieren den Sieg und Eigenbrodt souverän. Und doch wird Eigenbrodt nicht gerne an dieses Spiel zurückdenken. Da ritt ihn in der 57. Minute der Teufel. Mit dem Rücken zum Eintrachttor stand Ohlhauser, warum mußte ihn Eigenbrodt zu Fall bringen? An der Berechtigung des direkten Freistoßes gab es keinen Zweifel. Höfer stritt sich noch für einen Augenblick mit dem Schiedsrichter um die Entfernung der Mauer vom Ausführungspunkt herum und dann war es geschehen. Thimm schichte einen Hammer in Richtung Tor, Loy dürfte den Ball erst gesehen haben als er im Netz lag. Eine Dummheit von Eigenbrodt kostete die Eintracht den Sieg, denn so gut war der Bayern-Sturm nicht, daß er normal zu Torehren gekommen wäre. Zum Schluß wurde das Spiel hart, nicht zuletzt, weil der Schiedsrichter etwas inkonsequent in seinen Entscheidungen war. Aber an Giesemanns Verletzung — er ging in der 63. Minute blutüberströmt vom Platz — trug keiner Schuld, er war beim Sprung mit Stinkas Kopf zusammengeprallt. Nach sechs Minuten kam Giesemann wieder. (aus 'Der neue Sport' vom 02.10.1961)
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