SV Waldhof Mannheim - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1961/62 - 3. Spieltag
1:3 (0:2)
Termin: 20.08.1961
Zuschauer: 18.000
Schiedsrichter: Meißner (Nürnberg)
Tore: 0:1 Lothar Schämer (17.), 0:2 Lothar Schämer (38.), 0:3 Ernst Kreuz (48., Elfmeter), 1:3 Diehl (52.)
SV Waldhof Mannheim | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Häßliches Geschrei um Erwin Stein Ludwig Dotzert berichtet aus Mannheim-Waldhof SV Waldhof — Eintracht Frankfurt 1:3 (0:2) Es war nicht gerade das Riederwälder Luxusmodell, das die 18.000 Zuschauer in der ersten Halbzeit von Waldhof erlebten; aber es war ein blitzsauberes, grundsolides and stoßfestes Gebrauchsmodell, ein Modell, das auch auf schwierigem Gelände so leicht nicht umkippt. Die Riederwälder steuerten mit ihm sicher und nicht ohne Eleganz ihrem erwarteten Sieg zu. Zur rechten Zeit — nicht allzu früh, aber keineswegs zu spät — reiften die ersten Tore heran, die beide Schämer erzielte. Genau so oder doch so ähnlich hatten es sich die langen Fahnenkolonnen vom Riederwald vorgestellt. Auch der heftige Widerstand des Gegners überraschte kein bißchen. Die Riederwälder kennen ihre Waldhöfer. Es schien auch diesmal wieder, als hätten die Blauschwarzen, die äußerlich und innerlich immer mehr auf den alten FSV herauskommen, ihre Schuhe mit Brennspiritus gewichst. Funkenschlagend und ritterlich blieben sie dem großen Gegner kaum eine Antwort schuldig. Selbst als sich ihr Halbrechter Lehn bei einem Angriff auf Kreuz durch eigenes Verschulden verletzte und in der fünfzehnten Minute ausschied (er kam erst nach der Pause wieder, um auf Linksaußen eine nutzlose Invaliden-Partie zu spielen), ging das Pech spurlos an den Blauschwarzen vorüber. Sie blieben den Riederwäldern auf den Fersen. Zweimal bedurfte es eines Klasse-Loy, um dem Gebrauchsmodell der Eintracht häßliche Kratzer zu ersparen. Am Sieg der durchweg überlegenen Richard-Kress-Truppe zweifelte dennoch niemand. Da passierte etwas — es war kurz nach dem Wechsel —, das einfach über das Maß dessen hinausgeht, was ein Durchschnittsfußballpublikum ertragen kann. Die Achtzehntausend platzten bereits vor Zorn, als sich Erwin Stein, mit Waldhof-Stopper Höfig am Boden liegend, aus einer Art Beinfessel Höfigs befreien wollte und dabei etwas hitziger zu Werke ging, als in den Augen der Masse angemessen schien. Doch damit nicht genug. Kaum war Erwin Stein dann doch wieder auf den Beinen, da benutzte er selbige zu einem Spurt bis in den Waldhofstrafraum, um unbedrängt zu Treffer Nr. 3 für die Eintracht auszuholen. Noch ehe dies geschah, rammte ihn allerdings Waldhofs linker Läufer Lederer — revanchelüstern und erschrocken zugleich — schwungvoll von den Füßen. Schiedsrichter Meißner, der von dem Renkontre Stein-Höfig keine Notiz genommen hatte, fällte nun prompt die einzig mögliche Entscheidung: Elfmeter. Kreuz schoß ein. Es stand 3:0 für die Eintracht, und es gab keine Hoffnung mehr für die tapferen Waldhöfer. Jeder, der sich auch nur ein bißchen mit dem Publikum auskennt, kann sich denken, was nun auf dem Waldhofplatz los war. Das gleiche wäre auf allen Plätzen der Welt losgewesen, auf vielen sogar noch Aergeres. Das Publikum ließ sich durch nichts mehr beruhigen. Händegefuchtel. Versuche ins Spielfeld einzudringen, rollende Augen und hochrote Köpfe. Vor allem aber ohrenbetäubendes „Pfui"-Geschrei, wenn Erwin Stein auch nur wagte, den Ball zu berühren. So ging denn ein schönes Spiel innerhalb kürzester Frist kaputt und war nicht mehr zu reparieren. Den Waldhöfer Spielern gereicht es zur Ehre, daß sie ihre Wut fast ausschließlich dazu benutzten, um die Grenzen des Erlaubten bis zur Neige auszuschöpfen und der zurückweichenden Eintracht nach allen Regeln der Kunst bis zum Schlußpfiff die Hölle heiß zu machen. Es fiel das Gegentor von Diehl, bei dem die Riederwälder Abwehr in höchstem Grade verworren wirkte. Es konnte nicht ausbleiben, daß eine zartbesaitete Natur wie Ernst Kreuz restlos verkümmerte. Die Kombinationen wurden holperig. Die Partie begann der Eintracht zu entgleiten. Um so ermutigender war das, was die Riederwälder vor der Pause boten. Es zeigte, daß diese Mannschaft zur Zeit kaum zu fassen ist. Die Waldhöfer versuchten es damit, daß sie Erwin Stein und Ernst Kreuz kaum zur Besinnung kommen ließen, aber es war nur wenig gewonnen. Prompt übernahmen Richard Kress, Hans Weilbächer und Dieter Stinka die Hauptrollen. Die Eintracht spielte das Stück Nr. 2 aus ihrem gut sortierten Repertoire. Das Konzept der Waldhöfer paßte nicht mehr. Ehe sie sich halbwegs umgestellt hatten, lagen ihre Gegner mit zwei Toren gleicher Machart (Flanke Kress — Schuß beziehungsweise Kopfball Schämer) weit vorne. (aus 'Der neue Sport' vom 21.08.1961)
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