FC Schweinfurt 05 - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1960/61 - 25. Spieltag

1:3 (1:2)

Termin: 12.03.1961
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Siebert (Mannheim)
Tore: 0:1 Wolfgang Solz (17.), 1:1 Lindner (24.), 1:2 Dieter Stinka (43.), 1:3 Erwin Stein (49.)

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FC Schweinfurt 05 Eintracht Frankfurt

  • Bernard
  • Rübsam
  • Schmitt
  • Aumeier
  • Krämer
  • Lang
  • Wendrich
  • Lindner
  • Schweighöfer
  • Gehling
  • Helmut Kraus

 


 

Trainer Trainer

 

Lutz hat Belgienspiel noch in den Beinen

Ludwig Dotzert berichtet aus Schweinfurt

1. FC Schweinfurt 05 — Eintracht Frankfurt 1:3 (1:2)

„Besser als der Nürnberger Club" — oder „Die kennen öfter nach Schweinfurt kemmen", mit solchen und ähnlichen Kommentaren auf den Lippen begaben sich achttausend Schweinfurter nach dem Spiel tiefbefriedigt zum heimatlichen Herd zurück. Trotz des Punktverlustes ihrer Mannschaft war es für sie ein rundherum gelungener Sonntag. Die Schlachtenbummler vom Main gingen etwas knauseriger mit der Verteilung ihres Lobes um, so verwöhnt sind sie schon! Sie hatten nicht vergessen, daß die Eintrachtabwehr in der ersten Halbzeit mehrfach bedenklich wackelte und daß Lutz das Länderspiel gegen Belgien wohl körperlich, allem Anschein nach aber nicht seelisch verdaut hat.

Beim Gegentreffer der Schweinfurter, der bedenklich kurz nach dem Führungstor der Riederwälder fiel, ereignete sich sogar das schier Unglaubliche, daß Lutz einen Sprinterzweikampf verlor. Schweinfurts Lindner war ihm im Bereich des Mittelkreises entwischt und der Schweinfurter ließ sich am Elfmeterpunkt, als Lutz von hinten und Loy von vorn auf ihn eindrangen, zwar noch einmal dämpfen, aber nicht mehr aufhalten. So wachte das Selbstvertrauen der Schweinfurter, das schon dahinzuschmelzen begann, noch einmal auf, und die Eintracht mußte ihr Zermürbungswerk noch einmal von vorn beginnen. Lutz hätte sich kurz vor Schluß fast einen zweiten Gegentreffer auf das Gewissen geladen, als er in einem Anfall völliger geistiger Abwesenheit einen hohen Ball tief im eigenen Strafraum mit dem linken Arm herunterholte, statt ihn Torhüter Loy zu überlassen.

Die Affäre erledigte sich dann jedoch von selbst, da Aumeier den Strafstoß einen halben Meter über die Latte peitschte. Lutz war nicht der einzige in der Eintrachtabwehr, dem ungewohnte Fehler unterliefen. Nur bei ihm fiel es am meisten auf.

Sei es drum. Im großen ganzen blieben die Riederwälder gar scharf auf dem in Reutlingen eingeschlagenen Erfolgskurs. Sie reagierten auf die Minuten der Unbill mit einer Sicherheit, als stünden sie mit der Trainerbank in drahtloser Direktverbindung. Genau nach Wunsch fiel noch vor der Pause zum zweitenmal der Führungstreffer für die Eintracht. Genau nach Wunsch brachte man unmittelbar nach dem Wechsel mit dem dritten Treffer sein Schäfchen endgültig ins trockene und konnte nun unbesorgt zu jenem Stil übergehen, mit dem die Riederwälder mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen. Der Stil ist kräftesparend, weil der Ball mehr läuft als die Spieler. Man kann mit ihm ziemlich gefahrlos die Zeit überbrücken, und er wirft — wie nebenbei — die fettesten Chancen ab. Der einzige Nachteil: eine solch lähmende Art, von seinen überlegenen Mitteln Gebrauch zu machen, läßt sich nur im Gefühl eines sicheren Vorsprungs realisieren. Vorher könnte sie allzu leicht mit Saumseligkeit verwechselt werden.

Vorher ließen die Riederwälder denn auch in erster Linie ihre Energie sprechen. Es reichte vor der Pause keineswegs dazu, die Schweinfurter unter den Tisch zu fegen. Aber wo die großen Möglichkeiten aufblitzten, da war von Anfang an der Eintracht-Sturm. Richard Kreß und Dieter Lindner standen insgesamt fünfmal frei vor Tormann Bernard, ehe wirklich ein Tor fiel. Solz, der neben Kreß der stärkste Eintracht-Stürmer war, war zur Selbsthilfe geschritten. In einer Freistoßsituation, bei der sich auf dem ungünstigen Punkt, wo Solz den Ball annahm, ein Paß nach innen geradezu aufdrängte, wagte der Halblinke den Schuß und hatte Glück, daß sich der Ball in der entfernteren Ecke verfing.

Aber noch hatte Stinka nicht ganz die Oberhand gewonnen. Noch blieb vieles in der Schwebe. Die Schweinfurter glichen aus und fegten wie ein Eiswind über das Mittelfeld-Gärtlein des Gegners. Ganz von ferne drohte so etwas wie Erstarrung. Da zog Höfer noch rechtzeitig vor der Pause eine neue Saite auf, stolzierte, den Ball am Fuß, zehn Meter nach vorne, noch zehn Meter, und da Gegner auf Gegner zurückwichen, noch ein stattliches Stück und befand sich plötzlich in Schußweite, entdeckte unterdessen den ohne Ball in Position geflitzten Stinka, schaukelte die Kugel quer über den halben Platz, wo Stinka in einem Zug stoppte und schoß. 2:1 für die Eintracht.

Zwischen diesem zweiten Tor der Riederwälder und ihrem dritten von Erwin Stein, der aus vierzehn Metern flach durch die ausgebreiteten Beine des Torhüters Bernard trat, lag praktisch nur die Pause. Den Riederwäldern blieb also Zeit, in Hülle und Fülle sich im Willy-Sachs-Stadion auch von ihrer Schokoladenseite zu zeigen. Es kam das Stadium, „wo s' Katz und Maus gespielt ham" mit dem Gegner, der keineswegs resignierte, wo sich alles wie von selbst fügte, wo es keinen schwachen Punkt mehr gab. Stinka, Kreß und Solz wirkten als Initialzündung. Die anderen reagierten empfindlich auf jede Idee und die Schweinfurter entgingen einer höheren Niederlage nur durch einige Pechfälle, vor denen die Eintrachtstürmer auch jetzt noch nicht ganz gefeit waren. (aus 'Der neue Sport' vom 13.03.1961)

 

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