KSV Hessen Kassel - Eintracht
Frankfurt |
Süddeutscher Pokal 1961 - Achtelfinale
0:1 n.V.
Termin: 11.02.1961
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Kreitlein (Stuttgart)
Tore: 0:1 Richard Kreß (102.)
KSV Hessen Kassel | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Trainer |
Eintracht Spezialist für Langstrecken Ludwig Dotzert berichtet aus dem Kasseler Aue-Stadion Hessen Kassel — Eintracht Frankfurt n. Verl. 0:1 (0:0) Die Eintracht hatte gewonnen, als sie die Verlängerung erreichte. Seit dem Verlängerungssieg gegen die Offenbacher Kickers im Endspiel 1959 steht sie in dem Ruf eines ausgesprochenen Langstreckenspezialisten. Der Ruf hat seine Gründe. Auch in Kassel fühlten sich einige Riederwälder erst richtig wohl, als sich auf der Gegenseite die unvermeidlichen Ermüdungserscheinungen einstellten. Richard Kreß erzielte auf der rechten Flanke den endgültigen Durchbruch und hatte von seinem Gegner Klein, der ihm in der ersten Stunde des Treffens schwer zu schaffen machte, nun nichts mehr zu fürchten. Sogar Lindner, der bis dato gut getarnt im Hintergrund verharrte, kam langsam an die Oberfläche. Jetzt machte es nicht mehr viel aus, daß Kreuz von der 75. Minute an schwer angeschlagen auf Linksaußen herumhumpelte. Kreuz, der ohnehin die Schrecken über die vehemente Schnellkraft seines Gegenspielers Michel nie ganz überwand, wurde ersetzt durch einen doppelten Kreß, einen Lindner, der den toten Punkt übersprang, einen Stinka, der sich nach einer ebenso brillanten wie strapaziösen ersten Halbzeit, noch einmal zusammenriß, einen Lutz, der mit stählerner Konsequenz die letzten Verbindungsstricke kappte, die den Kasseler Sturm zusammenhielten, einen Loy, den nichts mehr verblüffen konnte. Kurz, in der Eintrachtelf kämpften plötzlich fünf Mann für den humpelnden Kreuz mit. Die Zahl der vollwertigen Streiter hatte sich vermindert. Der Kampfwert der Mannschaft aber hatte sich noch erhöht. Erst als das Spiel eigentlich schon aus war, als die Schwierigkeiten ihr höchstes Ausmaß erreichten, als die letzten Vorräte an Energie rapide zur Neige gingen, strahlten die Frankfurter etwas von der klirrenden Massivwirkung aus, die sie an guten Tagen unzerbrechlich macht. In der Verlängerung war die Eintracht nur noch selten gefährdet. Dafür kam sie in den neunzig Minuten vorher kaum jemals aus den Aufregungen heraus. Bis zur Pause gaben die Kasseler den Ton an. In dieser schweren Zeit entsprach überhaupt nur Dieter Stinka den Vorstellungen, die man sich in Nordhessen von einem Europapokal-Finalisten gemacht hatte. Nur er fand sichere Wege, die mitten durch das wirbelnde Labyrinth führten. Nur er brachte seine überlegenen technischen Fertigkeiten zur Geltung. Kreuz und Lindner dagegen schien es vor den Augen zu flimmern. Kreuz schien immer erst dann etwas Gescheites einzufallen, wenn er den Ball schon gar nicht mehr besaß. Lindner machte zunächst den Eindruck, als leide er an verschleppter Grippe. Nachher wurde es, wie gesagt, besser. Es geht halt nichts über eine richtige Schwitzkur. So blieben die großen Knalleffekte aus. Jeder Meter, den sich die Eintracht von den Kasselern zurückeroberte, kostete mehr Muskelkraft als den Riederwäldern, in diesem Stadium der Saison, lieb sein konnte. Mehr als das Stückchen Vorteil, das man zu einem 1:0-Sieg braucht, sprang nie heraus und selbst bei dem Treffer, der diesen Sieg in der zwölften Minute der Verlängerung sicherte, geschah gerade nur das Allernotwendigste. Der Eckball von Solz, den Richard Kreß im Gedränge mit dem Kopf auf das Tor drehte, überschritt zwar die Torlinie, kam jedoch nie im Tornetz an. Hessen-Verteidiger Vollmer schlug die Lederkugel aus dem Gehäuse heraus. Schiedsrichter Kreitlein, der den Fall aus unmittelbarer Nähe beobachtete, mußte erst erklären, um was es sich bei seinem Pfiff handelte. Erst als Solz dem Richard um den Hals fiel, dämmerte es den Zuschauern allmählich. Die Proteste hielten bis zum Spielende an. Dem Richard konnte man übrigens nicht oft genug um den Hals fallen. Was wäre der Eintrachtsturm gewesen ohne ihn? Alles, was gefährlich an diesem Angriff war, hieß Richard. Wenn die andern, zu denen auch Stein und Solz gehörten, den Richard ins Spiel brachten, dann hatten sie ungefähr das Höchste vollbracht, dessen sie sich an diesem Tag fähig fühlten. Das übrige machte die Hintermannschaft, in der Lutz Cleverneß und Temperament zu einer glücklichen Synthese vereinte. Frappierend vor allem seine Fortschritte in punkto Schlagsicherheit. Dahinter ein Loy, der in Kassel vielleicht die stärkste Partie der Saison lieferte. Unfehlbar seine Reflexparaden. Unfehlbar diesmal aber auch seine Kalkulationen beim Verlassen der Torlinie. Der alte Loy lewet wieder! Ueberall das Kämpferherz Weilbächer, dem nichts froher stimmen kann als sich an heißen Tagen für seine Eintracht zu schinden, bis der Sieg sein ist. Der Erfolg von Kassel ist ein Erfolg von Kreß und der Hintermannschaft. (aus 'Der neue Sport' vom 13.02.1961)
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