1. FC Nürnberg - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1960/61 - 18. Spieltag
2:0(1:0)
Termin: 08.01.1961
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Jakobi (Heidelberg)
Tore: 1:0 Strehl (21.), 2:0 Albrecht (47.)
1. FC Nürnberg | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Alfred Pfaff verrichtete keine Wunder Sonderbericht aus Nürnberg des „Neuen Sport" von Ludwig Dotzert 1. FC Nürnberg — Eintracht Frankfurt 2:0 (1:0) Wie sich die Bilder gleichen! Wer die 0:2-Niederlage der Riederwälder vor vierzehn Tagen im Frankfurter Stadion miterlebte, wußte bereits nach zwanzig Minuten ziemlich genau, was noch kommen würde. Die Duplizität der Vorgänge war fast gespenstisch. Nicht nur, daß die Eintracht wieder zwei Tore einsteckte, und nur zu Beginn Möglichkeiten besaß, mit einem eigenen Tor den Gegner kräftig durchzurütteln: Die Blitze schlugen in denselben Spielphasen ein. Sogar die jeweils herrschende Gesamtsituation mußte jedem Schlachtenbummler verzweifelt bekannt vorkommen. Die Nürnberger feierten das 1:0, als die Eintracht ihre anfängliche Vorsicht allmählich aufgab und in hektischer Gemütsaufwallung die Initiative an sich reißen wollte. Der Treffer fiel fast in dem Zeitpunkt, als sich in der Eintrachtabwehr die Meinung breitzumachen begann, der Club sei fürs Erste abgewimmelt und es sei nun an der Zeit, den Spieß umzudrehen. Meterweise rangen die Riederwälder dem Club das Terrain ab. Man war gerade soweit, daß die Außenläufer an der Mittellinie Fuß faßten. Da machte es plötzlich: Bums! Der Club war durch Strehl in Führung gegangen. Die alte Geschichte: Ein Paß aus dem Hintergrund hatte Weilbächer passiert und flog genau in die Laufrichtung Wilds. Wild warf die langen Beine wie toll. Loy fiel während des Herauslaufens beim Anblick der entfesselten Giftspinne das Herz in die Schuhe. Wild riß die Lederkugel nach innen und Lutz verhedderte sich beim Versuch, Luft zu schaffen so gründlich, daß es für Strehl nicht mehr viel zu tun gab. Das war Nummer 1. Die Nummer 2 kam noch deutlicher auf die Nummer 2 von Frankfurt heraus. Bis zum Bersten aufgepumpt, mit neuem Mut stürzten sich die Riederwälder in die zweite Halbzeit. Da machte es noch einmal Bums, und es stand 2:0. Ein Tor zum Fußballschuhverbrennen. Als der Ball zum Schützen Albrecht kam, hatte die gesamte Riederwälder Abwehr geschlossen auf Abseits geschaltet. Wer jedoch nicht pfiff, war der Schiedsrichter. Selbst Albrecht schien zu warten. Erst nach langen Sekunden der Unentschlossenheit schob er den Ballon in die Ecke. Die Riederwälder taten, als ob sie dieser Rückschlag nicht das geringste angehen würde. Es kam, wie im Frankfurter Stadion zum großen Eintracht-Kraftakt der zweiten Halbzeit. Polternd, stampfend, wie von Preßluft angetrieben, rumorte die Mannschaft, die nicht untergehen wollte in der Nürnberger Spielhälfte umher. Energien verströmten, mit denen die Riederwälder in besseren Zeiten zwei Mannschaften geschlagen hätten, statt eine. So sehr sich die Männer im schweißfeuchten weißen Trikot jedoch auch abtobten, noch nicht eine mittlere Chance stellte sich ein, geschweige denn eine klare.
Die Energie reichte gerade, um im Gelände der Nürnberger Wurzeln zu schlagen. Zur Reife gelangte nicht das Geringste. Der einzige große Unterschied zwischen dem Frankfurter Stadion und dem Nürnberger Zabo bestand darin, daß Alfred Pfaff mitmachte. Der verwegene Entschluß, den seit Monaten herumdokternden Großmeister in Nürnberg neu herauszubringen, beruhte offenbar auf der Ueberlegung: „Wir werden gegen den Club wahrscheinlich so oder so verlieren Wenn wir jedoch gewinnen, dann nur mit Hilfe eines Wundermannes, wie es der Alfred manchmal ist." Nun, Alfred wirkte keine Wunder. Er spielte mit, aber er spielte nicht die Hauptrolle. Nur eine Viertelstunde lang hielt sich die Hoffnung, er könne mit einigen Geniestreichen die Situation vielleicht doch noch retten. Alfred tat was er konnte. Und das genügte noch nicht, um die Figuren in seiner Umgebung an die Strippe zu kriegen. Die Eintracht spielte auch in Nürnberg ohne eine Zentrale. Wenn einer Einflüsse ausübte, die sich über das ganze Feld fortpflanzten, dann Weilbächer, der nach dem Wechsel wieder in dem Part des tragischen Helden glänzte. Weilbächer tauchte so plötzlich auf, daß der Club zum ersten Mal stutzte. Weilbächer verschaffte den Riederwäldern noch einmal Respekt im Zabo, wenn auch keine Chancen. Daneben verrichtete Stinka mit konstanter Gewissenhaftigkeit seine Sisyphusarbeit. Dahinter kämpfte ein Höfer mit einer Verbissenheit, daß man zu hören glaubte, wie seine Zähne knirschten. Dahinter steigerten sich Lutz und Loy nach ihren Zappeleien am Anfang zum Inbegriff der Zuverlässigkeit und Schymik versuchte seine Leichtsinnsfehler wieder gutzumachen. Der Sturm aber sank mehr und mehr in die Bereiche tristen Durchschnitts. Kreß spielte mit Hilpert wiederum sein Spiel für sich und verlor mit Glanz und Gloria. Bundeswehrurlauber Lindner unterschied sich von den Spieltagen vorher nur durch seinen militärischen Haarschnitt. Die lichten Augenblicke von Solz und Schämer wurden immer seltener. Noch entscheidender aber fiel zugunsten des Tabellenführers ins Gewicht, daß er weniger Mitwirkende brauchte, um einen Angriff vorzutragen. So blieb seine Abwehr immer in höchster Stärke und die Stürmer waren stets gezwungen, den geraden Weg nach vorn zu gehen. Morlock, Strehl und Außenläufer Reisch befanden sich bereits in Endrundenverfassung. (aus 'Der neue Sport' vom 09.01.1961)
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