Eintracht Frankfurt - Kickers Oxxenbach

Oberliga Süd 1960/61 - 17. Spieltag

2:0 (1:0)

Termin: 18.12.1960
Zuschauer: 18.000
Schiedsrichter: Handwerker (Ketsch)
Tore: 1:0 Dieter Lindner (14.), 2:0 Wolfgang Solz (89.)

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Kickers Oxxenbach

 


  • Groh
  • Waldmann
  • Sattler
  • Kleinböhl
  • Nuber
  • Wade
  • Adler
  • Kraus
  • Gast
  • Kaufhold
  • Praxl

 

Trainer Trainer
  • Bogdan Cuvaj

 

Eintracht-Achse Friedel Lutz

Erich Wick und Günter Wölbert berichten vom Riederwald

Eintracht Frankfurt — Kickers Offenbach 2:0 (1:0)

Es war wie verhext. Zehn Eintrachtspieler verwehrten elf Kickersspielern den Sieg. Sie klammerten sich an das 1:0 und konterten, als die Offenbacher wie in Dutzenden anderer Schlachten mit dem Wunderdoktor Nuber ihre Torserie starten wollten, auf 2:0. Die Kickersanhänger begriffen es nicht, und selbst die Eintrachtfreunde wagten erst zu hoffen, als es in der 88. Minute 2:0 stand. Es war das Spiel höchster Dramatik, und selten waren die Zuschauer so aufgewühlt wie hier.

Es gibt eben nichts, was mehr begeistern könnte, als wenn einer das Schicksal zwingt. Die Frankfurter waren verloren, als ihr Mittelstürmer schmerzensbleich und entsetzt nach wenigen Minuten von dannen ging. Die Offenbacher Kampfmaschine war geölt. Mann für Mann war „fit", und die federleichten Jungs des Eintrachtsturms — die Lindner, Solz und Schämer — sie schwirrten wie Libellen um die ehernen Standbilder Nuber, Sattler und Co.

Das 1:0 war wie ein Witz derer, die frech und respektlos über die Piste stürmten. Dieses verwirrend schnelle Ballreichen von Mann zu Mann, das gut aussah, aber auch ein bißchen zu eng wirkte, diese Ballketten, die schnell und manchmal auch zu hastig gerieten, ließen die Kickerself noch kalt. Einmal würde diese Mannschaft kommen und alles in ihrem Bereich niederwalzen. Dieser Hüne Nuber zum Beispiel...

Aber all die kleinen Frankfurter Fixigkeiten machten die Offenbacher nervös, sie schlugen die Bälle weg, wenn sich ihnen ein neuer Gegner entgegenwarf, und so stockte der Fluß des Spiels vom Bieberer Berg nach eins, zwei Zügen. Da kam vielleicht einmal eine schöne Vorlage Kaufholds herein, aber die Frankfurter wuchsen weit über sich hinaus. Der blonde Hansi Weilbächer schaffte im Akkord; er hatte alle Fesseln von sich abgestreift und spielte wie im Unterbewußtsein. Wie sicher tupften Lutz und Stinka die Bälle von Gegners Fuß. wie kühn warf sich Schymik in das Getümmel.

Die Offenbacher wurden nicht umgeworfen von jenem Lindnerschen Sonntagsbällchen aus 25 m, sie wurden vielmehr zerrupft, Minute um Minute, sie wurden gepufft und gepiekt und kamen nie dazu, die eigene Kraft hinauszuschleudern. Selbst die Wirkung Nubers verpuffte in Nichts.

Manchmal waren die Frankfurter Außenläufer und Halbstürmer mit einbezogen in den Kampf um Sein oder Nichtsein. Dann war es, als müsse sich in der nächsten Minute ein eherner Ring um die Frankfurter Festung legen. Dann ratterte wieder so ein Maschinchen ab wie eine Kindereisenbahn — meistens war es Solz, der im Trikot dem unvergessenen Sztani so ähnlich sieht — und schon war alles durcheinander, was Offenbach heißt.

Geht mit der Kickersmannschaft nicht zu streng ins Gericht! Favorit zu sein, ist eine böse, böse Sache. Da kommen die Komplexe, die Angst vor der Zeit, das lähmende, tödliche Gift des Auf-den-Ausgleich-Wartens. Die Eintrachtanhänger haben es kürzlich am eigenen Leib verspürt. Aber das ist der Fußball, das Auf und Nieder, das große und das kleine Spiel. Der Verlierer von heute kann der Sieger von morgen sein, aber daß der Sieger von heute auch der Sieger von morgen sein soll, das wünschen sich alle mainischen Fußballfreunde. Welch ein großartiger Moment, da nun die Begegnung Eintracht gegen Club bevorsteht! Erich Wick

*

Wenn man nach den im Derby zwischen der Eintracht und den Kickers gezeigten Leistungen Ranglisten aufstellen wollte, dann würden die Abwehrspieler auf den guten Plätzen mit den niedrigen Nummern sitzen. Gewiß, es ist erheblich schwieriger und fragwürdiger, Fußballer in eine Reihenfolge zu bringen als 1500-Meter-Läufer oder Weitspringer. Aber es ist doch mehr als ein unterhaltsames Spiel.

Für mich würden die beiden Stopper Lutz und Nuber an der Spitze dieser Ranglisten residieren; zwei Spieler unterschiedlichen Typs, aber beide die zentralen Kräfte in ihrer Deckung. In der Eintracht-Deckung hätten sich niemals alle Ritzen so dicht zuschmieren lassen, wenn Friedet Lutz nicht in seiner mitunter faszinierenden Geschmeidigkeit die feinste Oeffnung abgedichtet hätte. Berti Kraus wurde schon von Stinka entschärft, entnervt wurde er von Friedel Lutz. Hermann Nuber arbeitet mit gröberen Mitteln, doch mit der größeren Erfahrung. Bei den Offenbachern ist er zur Zeit der Mann, um den sich alles dreht. Der größte Kummer der Offenbacher, daß sie zumindest einen Nuber zu wenig haben.

Es lassen sieh weitere Parallelen ziehen: in meiner Rangliste kamen nun auf beiden Seiten die Außenläufer. Hans Weilbächer machte durch seine Disziplin und seine Kampfkraft die Mannschaftsumstellung der Eintracht zu dem angestrebten bedeutungsvollen Schachzug. Er konnte Kaufhold nicht völlig kaltstellen — damit hatte ohnehin niemand gerechnet —, doch er verlor ihn nie aus den Augen und engte die Möglichkeiten Kaufholds wesentlich ein. Stinka wurde von Berti Kraus weit weniger genarrt als jeder Gegenspieler Bertis in den letzten Monaten, und der linke Läufer der Eintracht operierte mit feiner Uebersicht. In dieser Begegnung war das noch wichtiger als sonst, weil die zahlenmäßig unterlegene Eintracht keinen Ball leichtfertig „aus den Füßen" geben durfte, um Kräfte zu sparen.

Auch Kleinböhl und Wade waren ein gutes Außenläuferpaar. Kleinböhl wirkte freier, ungezwungener als in so vielen vorangegangenen Spielen. Wade kämpfte unerschrocken und verlor nie die Umsicht. Die beiden schickten genügend gute Vorlagen nach vorn. Doch diese Vorlagen wurden nicht so gut verarbeitet wie im Angriff der Eintracht.

Bevor hier mit Solz und Kaufhold die ersten Stürmer genannt werden, müssen die nächsten Plätze zunächst an die Verteidiger Schymik, Höfer und Sattler angewiesen werden. Für Leute, die von einem Verteidiger zunächst mal verlangen, daß er den Ball wegfetzt, ist Schymik nicht der richtige Mann. Doch die Wirkung, die Schymik in seiner unorthodoxen Art erzielte, spricht für den Eintracht-Verteidiger. Höfer blockte Adler kaltschnäuzig ab, und Sattler ist nach seiner Verletzungspause auf der Formkurve weit nach oben gerutscht. Waldmann ließ Schämer vor der Pause nicht gut aussehen. Nach dem Wechsel fand er gegen den steil in die entvölkerte Offenbacher Hälfte gehetzten Solz eine undankbare Aufgabe vor.

Kein Stürmer auf dem Platz versandte so viele richtig adressierte, fein abgestimmte Pässe wie Kaufhold, keiner lenkte das Spiel so bewußt wie er. Doch oft gab es nichts zu lenken, weil seine Nebenleute einfach nicht da zu sein schienen, weil sich der Kombinationsfaden nicht weiterreichen ließ. Und gerade diesmal hätte alles besonders flink gehen müssen, denn Weilbächer sah vieles und schlug hart zu.

Wenn jemand mit harten Gegenständen oder überreifem Obst nach mir wirft, wenn ich Solz als besten Eintracht-Stürmer nenne, so habe man dafür Verständnis. In diesem Teil der Rangliste verwischen sich die Unterschiede ohnehin. Zu viele Pässe von Solz landeten vor der Pause in den Füßen der Gegner. Aber wie er sich mit dem Ball am Gegner vorbeischob, wie er arbeitete und wie schneidig er nach dem Wechsel an der linken Seitenlinie in die Offenbacher Hälfte einbrach — das beeindruckte. Schämer operierte als Halbstürmer wesentlich wirkungsvoller denn als zu eigenwilliger Linksaußen. Kreß hatte seine besten Szenen, als er sich vor der Pause nach der Mitte orientierte. Lindner imponierte durch seine kämpferische Leistung. Daß er spielen kann, weiß man, wenn es auch diesmal nicht überdeutlich sichtbar wurde. Sein herrlicher Schuß, der in der 14. Minute das Führungstor brachte, war natürlich von unschätzbarem Wert. Das 2:0 fabrizierten Kreß mit Eckball und Solz mit Kopfstoß erst zwei Minuten vor Schluß. (aus 'Der neue Sport' vom 19.12.1960)

 

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