SpVgg Fürth - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1960/61 - 7. Spieltag
1:3 (1:1)
Termin: 24.09.1960
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Treiber (Würmlingen)
Tore: 0:1 Erwin Stein (10.), 1:1 Schmidt (24.), 1:2 Erwin Stein (50.), 1:3 Groß (60., Eigentor)
SpVgg Fürth | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Kreuz zog alle Fäden Ludwig Dotzert berichtet aus Fürth Spvgg. Fürth — Eintracht Frankfurt 1:3 (1:1) Die Fürther hatten offenbar irgend etwas von einer Formkrise bei der Eintracht gehört. Sie formierten sich wie bei einem Pokaltreffen gegen Neustadt an der Aisch. Erhardt trug stolz die Nummer 6 auf dem Rücken und benahm sich in seiner Rolle als Außenläufer offensiver als mancher Mittelstürmer. Alles, was sich in seiner Stopper-Brust an verdrängtem Angriffs-Ehrgeiz angestaut hatte, schien er gegen die Riederwälder auf einmal austoben zu wollen. Er rannte und schuftete, er gab den jungen Fürthern ein großartiges Beispiel an Hingabe und Ehrgeiz. Er blieb ungebrochen bis zum Schluß und erhielt Sonderapplaus auf Sonderapplaus. Nur eins tat er nicht. Er kümmerte sich keine Spur um seinen direkten Gegenspieler. Das sollte er (frei nach Schiller) am Kreuze bereuen. Die Schlachtenbummler wissen bereits, worauf wir hinauswollen. Zum zweitenmal erschien Kreuz im Angriff der Eintracht. Sozusagen als Ersatzreserve für den verletzten Alfred, dessen Vertreter Solz unter den Nachwehen einer Derbyverletzung leidet. Wer ist Kreuz für die Fürther? So gut wie am Ronhof wird es der junge Mann mit der Figur einer Telegrafenstange in der Oberliga wahrscheinlich nie mehr kriegen. Erhardt übersah den Langen einfach. Dabei war dieser Lange nicht nur lang, sondern auch groß. Kreuz gab dem Angriff der Riederwälder fast alles zurück, was dieser Angriff in der bisherigen Saison vermissen ließ. Jeder zweite Paß war ein kleiner Geniestreich. Und wie er das macht! Das sieht ,auf den ersten Blick so harmlos aus, als bewerfe er den Gegner mit Wattebäuschchen. Aber die Wattebäuschchen wirkten lähmend. Sie sind mit Chloroform getränkt. Mehr als zehnmal kreuzten, jawohl: kreuzten (nie paßte dieser Ausdruck besser) Eintrachtstürmer mit Kreuzvorlagen völlig unbedrängt vor Tormann Geißler auf. Der seltsame junge Mann mit dem Gebahren eines Bücherwurms, dem der Arzt Bewegung in frischer Luft verordnete, hatte die Lederkugel genau auf den Punkt getupft, den der eigene Stürmer gerade noch einen Schritt früher erreicht als sein Gegner. Nach jedem dritten Kreuzpaß stand der Himmel offen. Nur die Fürther merkten das nicht. Sie spielten — allen voran Meister Erhardt — neunzig Minuten lang Blindekuh. Sie merkten nicht, daß Kreuz es war, der Erwin Stein den Weg zum Führungstreffer bahnte. Sie merkten nicht, daß Kreuz es war, der nach der Pause aus den letzten dreißig Metern bis zum Fürther Gehäuse eine Trabrennbahn für Eintrachtstürmer machte und daß eine der Kreuzvorlagen eine so perfide Flugbahn einschlug, daß selbst einer ihrer Verteidiger nicht mehr anders konnte als ein Tor für die Eintracht zu schießen. Dieses Eigentor von Groß war das dritte für die Riederwälder. Welches Ansehen der Debütant in der rechten Verbindung bei den altgedienten Männern in seiner Umgebung um diese Zeit bereits genoß, geht daraus hervor, daß Hans Weilbächer in seiner Eigenschaft als Spielführer die Gelegenheit benutzte, um dem „Langen" stürmisch die Hand zu schütteln. Mit der Regieleistung von Kreuz hängt es auch zusammen, daß Erwin Stein beschwingter stürmte und beherzter schoß als je in dieser Saison. Aber auch von sich aus steuerte Erwin manches bei. Seine Gegenleistung bestand vor allem darin, daß er keinen Weg scheute, um sich der Bewachung durch Stopper Emmerling zu entziehen und daß er immer da war, wenn Kreuz ein lohnendes Ziel für seine „Wattebäuschchen" suchte. Die beiden Treffer Erwins — das erste Auge in Auge mit dem bis zum Elfmeterpunkt herausgelaufenen Geißler erzwungen und das zweite von der seitlichen Strafraumgrenze in die „kurze Ecke" geschmettert —, dazu ein Lattenschuß, der so überraschend kam, daß Geißler keine Hand rührte, das alles erinnerte glanzvoll an die jüngere Steinzeit, die schon vor zwei Jahren abgelaufen schien. Der Dritte im Bunde war ein aufgeweckter, willig auf die Intentionen von Kreuz eingehender Richard Kreß. Die Abwehr der Eintracht kam bei der Harmlosigkeit des gegnerischen Sturms mit einer mittleren Leistung aus. Ins Auge ging (und fiel) lediglich, daß Loy beim Gegentreffer von Schmidt das Herauslaufen vergaß. Es dauerte immerhin zwanzig Minuten, bis sich die Riederwälder ganz von diesem Schreck erholt hatten. Dafür war dann jedoch mit Fürther Mitteln nichts mehr gegen sie auszurichten. Das Sorgenkind blieb Dieter Lindner. Schon nach zehn Minuten schien das nicht gerade übermäßige Tempo des Treffens über seine Kräfte zu gehen. So geriet Lindners Nebenmann Schämer gar bald auf das tote Gleis, und selbst die Initiative zu ergreifen, dazu war er im ersten Spiel nach seiner Wiederherstellung offenbar noch zu schwach. (aus 'Der neue Sport' vom 26.09.1960)
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