Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt |
Oberliga Süd 1960/61 - 4. Spieltag
5:2 (1:0)
Termin: 04.09.1960
Zuschauer: 15.000
Schiedsrichter: Fischer (Augsburg)
Tore: 1:0 Nedoschil (40.), 2:0 Nedoschil (50.), 3:0 Herrmann, 4:0 Reitgaßl (67.), 4:1 Lothar Schämer (70.), 4:2 Richard Kreß (85.), 5:2 Nedoschil (87.)
Karlsruher SC | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Eintracht hat ein Torhüterproblem Ludwig Dotzert berichtet aus dem Karlsruher Wildpark-Stadion Karlsruher SC — Eintracht Frankfurt 5:2 (1:0) Nicht, daß die Leistung der Eintracht in der ersten Halbzeit von Karlsruhe brillant genannt werden könnte, aber sie sah aus wie die solide Grundlage zu einem Unentschieden, vielleicht sogar zu einem knappen Sieg. Bis zur Pause glaubte man deutliche Fortschritte bei den Riederwäldern zu erkennen. Weilbächer schlug wieder auf die Pauke, daß die Rasenfetzen flogen und spielte auch recht verständig zu. Daß er den braungebrannten Karlsruher Halbstürmer Herrmann trotzdem nie ganz unter Kontrolle brachte... nun, Herrmann war an diesem Tag wahrscheinlich von keinem Außenläufer des Südens zu stoppen. Herrmann spielte sich mit seiner Leistung zum 5:2-Sieg über die Eintracht unter die ersten vier Halbstürmer Deutschlands. Auch Alfred Pfaff auf der anderen Seite schien die Ferienschwere endgültig aus den Beinen geschüttelt zu haben. Nach unglücklichem Beginn wirkte er plötzlich hellwach und pulverte seine Nebenleute zu einem schneidigen Zwischenspurt auf. Einen seiner couragierten Tage schien Erwin Stein erwischt zu haben. Intelligent setzte er seine Spurts auf die Flügel, unermüdlich flitzte er in die Gassen. Allerdings erlosch viel von diesem Glanz, sobald ihn eine Vorlage erreichte. Am Ball schlug sein Herz bang und bänger, und meist gingen die Vorteile, die er sich durch fleißiges Rennen erarbeitet hatte, schnell wieder verloren. Seis drum! Stein verbreitete manchen Schrecken in der gegnerischen Abwehr. Um keinen der Fortschritte auf Riederwälder Seite zu vergessen: Lutz, der mit Eigenbrodt die Rollen vertauscht hatte, lebte als Stopper sichtlich auf und ließ KSC-Mittelstürmer Beck auf keinen grünen Zweig kommen. Bis zur Pause hielten die Riederwälder das Treffen — abgesehen vom zügigen Auftakt des süddeutschen Meisters — jederzeit in der Balance. Einen donnernden Lattenschuß von Ruppenstein standen pfeifende Schüsse von Pfaff und Stein entgegen, die entweder haarscharf vorbeiflitzten oder eine Beute des Torhüters Paul wurden (Kinder dieser Paul! der hätte bestimmt auch als Bodenturner Karriere gemacht). Die Gleichwertigkeit der Partner bis zum Wechsel hinderte Karlsruhe nicht daran, fünf Minuten vor der Pause in Führung zu gehen. Unglücklicher Schütze dieses Treffers war Eintrachttorhüter Loy, von dessen Absatz eine hart hereingeschlagene Nedoschil-Flanke über die Linie sprang. Doch kommt so etwas in den besten Torhüterkreisen vor. Was nicht vorkommen darf, waren die übrigen Schnitzer von Loy. Der „Lange" befindet sich seit Wochen klaftertief unter Oberligaformat. Wenn er nach dem Ball greift, sieht es aus, als griffe er nach einem heißen Eisen. In der ganzen ersten Halbzeit brachte er nur eine einzige Flanke bei dem ersten Versuch in Sicherheit. Im übrigen mußte er ein- bis zweimal nachfassen. Das konnte auf die Dauer nicht gutgehen. Bei einem der ersten Angriffe, die nach der Pause auf das Eintrachtgehäuse zurollten, war es passiert. Wieder drehte sich eine Reitgaßl-Flanke aus den zarten Schreibstubenfingern des Eintrachttorwarts heraus und diesmal kam das Nachfassen zu spät. Nedoschil hatte bereits das 2:0 für Karlsruhe eingeschossen. Knapp fünf Minuten später deckte Karlsruhes pfeilgeschwinder Linksaußen eine weitere krasse Schwäche der Eintrachtabwehr auf. Zweimal in einem Zug demonstrierte er vor aller Augen, wie langsam Eigenbrodt auf den Beinen ist. Obwohl Nedoschil bei einem großen Solo im nassen Gras zu Boden ging, gewann er das Sprinterduell gegen den rechten Verteidiger der Eintracht, wie er wollte, paßte schließlich fast auf der Höhe des Torpfostens zurück zu Hermann, der mit Bravourschuß auf 3:0 für Karlsruhe erhöhte. Um die gleiche Zeit fing Alfred Pfaff an zu lahmen und setzte sich nach Linksaußen ab. Das Unvermeidliche nahm seinen Lauf. Hauptproblem der Riederwälder, wie sie sich im Augenblick präsentieren, ist das Torhüterproblem. In seiner gegenwärtigen Verfassung bedeutet Loy nicht nur einen schwachen Punkt, sondern bildet auch einen ständigen Unruheherd. Immer komplizierter wird aber auch die Besetzung des Stopperpostens. Eigenbrodt verbrämte seine Schwächen in den letzten Wochen mit fadenscheiniger Souveränität. Daß man ihn durch Lutz ablöste, brachte eine unverkennbare Verstärkung des Abwehrzentrums mit sich. Aber als Verteidiger war Eigenbrodt noch schwächer. Ein Verteidiger muß gerade das am meisten tun, was Eigenbrodt am schlechtesten versteht: sich schon nach wenigen Metern auf höchste Geschwindigkeit zu bringen. In Karlsruhe vergrößerte sich die Misere noch dadurch, daß auf Eigenbrodts Vordermann Schymik ebenso wenig Verlaß war. Die ganze rechte Deckungsflanke der Riederwälder lag im Argen. Welch eine herrliche Rollbahn für Karlsruhes linken Flügel! (aus 'Der neue Sport' vom 05.09.1960)
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