Eintracht Frankfurt - Werder
Bremen |
Endrunde um die Deutschen Meisterschaft 1958/59 - 6. Spieltag - Gruppe 1
4:2 (2:2)
Termin: 20.06.1959
Zuschauer: 28.000
Schiedsrichter: Thier (Gelsenkirchen)
Tore: 1:0 Istvan Sztani (23.), 1:1 Arnold Schütz (35.), 1:2 Günther Wilmovius (39.), 2:2 Alfred Pfaff (43.), 3:2 Istvan Sztani (51.), 4:2 Eckehard Feigenspan (89.)
Eintracht Frankfurt | Werder Bremen |
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Trainer | Trainer
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Zweiundzwanzig Techniker im Sonnenglanz Eintracht Frankfurt—Werder Bremen 4:2 (2:2) Alfred Pfaff und Istvan Sztani Das war also die Generalprobe für das Endspiel. Eine eigenartige Generalprobe. In der Begegnung mit Werder Bremen steckten zwar die gleichen Spieler in den „Kostümen" der Frankfurter Eintracht, die auch am Sonntag im Berliner Olympiastadion auftreten sollen. Aber da wird ein ganz anderes Stück gespielt. Die Begegnung mit Werder stand voll und ganz auf der Grundlage des Spiels; im Finale wird Offenbach eine Verschiebung auf die kämpferische Ebene anstreben. Gegen Werder hielten sich die Eintracht-Spieler, ohne zimperlich zu sein oder zu trödeln, ein wenig zurück; in Berlin wird mit letzter Kraft und höchster Konzentration gekämpft. Im Frankfurter Stadion ging es um nichts; im Berliner Olympiastadion steht der höchste Titel auf dem Spiel, den der deutsche Fußball zu vergeben hat. Wirklich, ein ganz anderes Stück. So bergen denn alle Vergleiche und Prognosen einen großen Unsicherheitsfaktor in sich. Doch man prophezeit, daß sich für zwei so kraftvolle Typen wie Torjäger Feigenspan und den unverdrossenen Richard Kreß relativ günstigere Bedingungen ergeben bei einem Spiel, das in schärfstem Tempo abrollt und in dem die letzten Energiequanten freigesetzt werden, dann kann man wohl ebensowenig schiefliegen wie bei der Voraussage, daß bei Gewitter eine größere Gefahr besteht, naß zu werden als bei wolkenlosem Himmel. Um den Ekko und den Richard braucht man sich also wohl kaum Sorgen zu machen, zumal mit Alfred Pfaff ein Stürmer wiedergekehrt ist, der ihnen die schönsten Wege zum Tor zeigt und ihnen mit seinen traumhaften Pässen auch die gröbsten Hindernisse zur Seite räumt. Das Spiel gegen Werder bewies auch den notorischen Zweiflern, daß Pfaff ein Gewinn für die Mannschaft ist. In der Schnelligkeit, Präzision und Brillanz seiner Aktion ist er unerreicht. Es ist kein Widerspruch zu dieser Behauptung, daß Istvan Sztani das große As der Eintracht war, wie es überhaupt müßig wäre, die Alternative zu stellen: Sztani oder Pfaff. Die Antwort kann nur lauten: Sztani und Pfaff. Der Ungar holte die Bälle am eigenen Strafraum und feuerte im Bremer Strafraum kapitale Schüsse ab. Und was er zwischen den Strafräumen machte, war ebenfalls Klasse. Auch Lindner lieferte wieder eine feine Partie. Was die Eintracht-Anhänger allerdings in den hinteren Reihen zu sehen bekamen, wird möglicherweise den Umsatz an Schlafmitteln leicht in die Höhe treiben. Weilbächer bekam Schröder überhaupt nicht zu fassen, und viele seiner Pässe landeten an der falschen Adresse. Wenn man daran denkt, daß ein Bomber wie Nuber soviel Platz zum Schießen haben wird... Der in seinen Offensivhandlungen so schnell schaltende und überlegt handelnde Stinka, konnte nicht verhindern, daß sein Gegenspieler Hänel während der ersten 45 Minuten der aktivste und produktivste Bremer Stürmer war und unter anderem die beiden Vorlagen zu den zwei Toren lieferte. Man stelle sich vor: Sturmregisseur Kaufhold hat diese Bewegungsfreiheit! Und Eigenbrodt sah gegen den fixen Barth nicht sehr glücklich aus. Obwohl Lutz und Höfer unter diesen Umständen einen sehr schweren Stand hatten, ließen sie erkennen, daß auf sie Verlaß ist. Loy hielt großartig. Wie gesagt: In Berlin wird ein ganz anderes Stück gespielt, und jedes Spiel läuft anders. Dennoch mag so mancher Anhänger der Eintracht nun von dem Alptraum bedrängt werden, daß an diesen lecken Stellen so viel Wasser ins Eintracht-Schiff einströmt, das auch ein mit höchstem Druck operierender Sturm nicht hinauspumpen kann. Günter Wölbert
Von Erich Wick Wenn es eine Chance gibt, den Istvan Sztani noch bei der Stange zu halten, so müßte die Eintracht sie wahren. Sztani hat uns den Abschied von ihm schwer gemacht, denn er hat vielleicht zum letztenmal auf Frankfurter Boden gespielt. Es wäre unmöglich, wollte man diesem großen Jungen vielleicht böse sein, wenn er zu Standard Lüttich wechselte, wo sein Landsmann Dr. Kaloczaj als Trainer residiert. Jubel und Beifall umrauschten den schlanken Ungarn bei seinen Tricks, seinen meisterhaften Spurts, seinem sicheren Zuspiel, seinen Traumschüssen. Noch einmal wurde deutlich, was er in der Hand Paul Oßwalds geworden ist. Durch ihn und mit ihm ist die Eintracht die Mannschaft geworden, die ihre Siege erspielt, statt sie zu erkämpfen. Die Herzen aller Fußballfreunde in Deutschland fliegen der Eintracht zu, die heute die Rolle einnimmt, wie sie einmal Fürth, Schalke, Kaiserslautern gehabt haben. Man könnte in den Einzelheiten dieses Spiels, das Dr. Xandry ein Werbespiel nannte, schwelgen, ohne zu vergessen, was gefehlt hat. Allzu deutlich zeigte sich, daß es um nichts ging. Die Frankfurter und die Bremer haben sich bestimmt angestrengt, sie spurteten nach dem Ball, sie schössen, und sie liefen, aber es fehlte die Härte des Zusammenpralls wie an anderen Tagen, wenn die Punkte irgend etwas entscheiden. Nirgends so wie hier mag zutreffen, was man in Künstlerkreisen zu sagen pflegt: Eine gute Generalprobe ist gefährlich für den Erfolg der Premiere. Es lief alles zu glatt, als daß es echt hätte sein können. Die Eintracht muß wissen, daß ihr in Berlin andere Aufgaben bevorstehen. In ihre Kombinationen, in ihr Steilspiel, in ihre Abwehr muß das Explosive eines besonderen Tages fahren. Die Eintracht hatte an diesem Tag „Ferien vom Ich" — nun, sie weiß es selbst. Freuen wir uns inzwischen, daß die Frankfurter eine Mannschaft von diesem Niveau besitzen, eine Mannschaft, die jede andere Stadt unbesehen haben möchte. Freuen wir uns, daß die Sechswochenserie im Frankfurter Stadion so harmonisch zu Ende ging, ohne Fouls und ohne Pfiffe, schillernd von allen Schönheiten, die den Fußball populär gemacht haben. Der Dank gilt der Mannschaft von Werder Bremen, die mitgespielt und die gezeigt hat, daß sie in der edlen Kunst des wahren Fußballspiels wohl mitzumischen versteht. Das war die eigentliche Ueberraschung dieses Nachmittags, der im übrigen so wenig Herzklopfen und Beklemmung ließ. Selbst als es 2:1 für die Bremer Gäste stand.
1. Minute: Loy verfehlt eine Flanke Hänels, doch sofort kommt der Gegenstoß der Eintracht über Kreß, Feigenspan, Pfaff und Lindner, dessen Schuß Ilic zwar fängt, den Ball aber aus den Händen springen läßt. Sztani erwischt den Ball nicht mehr richtig, der ins Aus prallt. 2. Minute: Ilic muß gegen Sztani durch Fußabwehr retten. 7. Minute: Heyse läßt Feigenspan stolpern, Pfaff hebt den Freistoß zu Sztani, der flankt zu Lindner, dessen Schuß am Tor vorbeifliegt. 13. Minute: Schimeczek ist ungedeckt, Loy lenkt, seinen Schuß zur Ecke ab. 16. Minute: Loy faustet einen gefährlichen Schuß Hänels aus dem Tor. 18. Minute: Kreß holt den Ball noch ein, seine Flanke kann Lindner nicht richtig mit dem Kopf erwischen. 21. Minute: Feigenspan spielt Lindner an, der zieht an Heyse vorbei, sein Schuß geht aber neben das Tor. 22. Minute: Feigenspan spielt zu Kreß, Kreß wieder zu Feigenspan, der flankt zu Sztani, dessen Kopfball vor Hie noch einmal aufspringt und neben dem Pfosten im Netz landet (1:0). 29. Minute: Ein harmloser Roller von Kreß rutscht Ilic aus den Händen und Rupoczinski muß in höchster Not klären. 32. Minute: Ein Schuß von Pfaff landet knapp neben dem Bremer Tor. 34. Minute: Hänel schickt einen Steilpaß zu dem entschlossen startenden Schütz, dessen Schuß unhaltbar für Loy einschlägt (1:1). 37. Minute: Hänel spielt Wilmovius an, Höfer verpaßt das Zuspiel, aus Abseitsstellung zieht Wilmovius los und schießt ein (1:2). 40. Minute: Hänel spielt Schütz an, doch der ist abseits. 43. Minute: Höfer schickt einen Steilpaß zum abseitsstehenden Pfaff, der seinen Alleingang mit einem Tor aus vollem Lauf abschließt. Vergebens weisen die Bremer auf die Abseitsstellung hin (2:2). 45. Minute: Weilbächer foult Schröder, der Freistoß landet weit neben dem Tor. Pausenpfiff. Im angeregten Gespräch gehen Pfaff und Knöpfle in die Kabinen. 49. Minute: Höfer hebt das Bein zu hoch, Barth seinen Kopf zu tief. Der Schiedsrichter gibt Freistoß für Bremen. Schröder schlägt den Freistoß flach und hart vor das Eintrachttor, wo Lutz vor Schütz abwehren kann. Den Nachschuß Hagenackers fängt Loy sicher. 50. Minute: Eine Vorlage von Kreß zu Sztani, dessen Lauf niemand aufhalten kann, Schuß — Tor (3:2). 52. Minute: Zusammenprall Höfer—Wilmovius, der Bremer wird hinter dem Tor verarztet. 56. Minute: Pfaff hebt den Ball zu Lindner, dessen Schuß prallt vom Pfosten zurück. 59. Minute: Sztani flankt, Lindner schießt hoch übers Tor. 70. Minute: Schütz geht Pfaff etwas hart an, Pfaff wird an der Seitenlinie verarztet. 74. Minute: Schimeczek gerät Feigenspan in den Weg. Pfaffs Freistoß landet im Tor. Ist aber kein Tor, denn niemand hatte den indirekten Freistoß berührt. 79. Minute: Zusammenspiel Pfaff—Stinka— Pfaff—Stinka. Der junge Läufer schießt herzhaft aufs Tor, und Ilic faustet mit Mühe zur Ecke. 81. Minute: Ilic kann Sztani gerade noch den Ball abnehmen. 90. Minute: Kreß kämpft mit Rupoczinski um den Ball, stürzt, ist aber schnell wieder hoch. Umspielt Rupoczinski und Schimeczek, umspielt nach ein paar Schritten auch Heyse, flankt vors Tor und hochspringend köpft Feigenspan ein (4:2). hk Willy Linnenberg: Das Schönste aller Gruppenspiele Willy Linnenberg, Vorsitzender des Hessischen Fußballverbandes: „Die Eintracht ist also ,unbefleckt' ins Endspiel gelangt. Der Begegnung fehlte zwar die Dramatik, aber dafür stand es spielerisch von allen sechs Gruppenspielen im Stadion auf dem höchsten Niveau. Beide Mannschaften haben überzeugt. Die leichten Vorteile der Eintracht drücken sich im Ergebnis aus. Die besten Spieler waren die beiden 'Achter', Sztani und Schröder." Schiedsrichter Helmut Fink: „Ein schönes Freundschaftsspiel. Loy und Sztani, Schröder und Hagenacker waren für mich die besten Spieler." Edu Hundt, Bremer Alt-Internationaler: „Die Eintracht hat verdient gewonnen. Doch eigentlich enttäuschte sie mich etwas, denn sie operierte nicht so explosiv, wie das sonst der Fall sein soll. Aber wahrscheinlich hat sie sich ein wenig zurückgehalten. Der Schiedsrichter leitete sehr schlecht. Das zweite Eintracht-Tor war klar Abseits. Die Eintracht hat es verdient, Deutscher Meister zu werden." Eintracht-Trainer Paul Oßwald: „Ich bin zufrieden, daß wir dieses Spiel ohne große Verletzungen überstanden haben. Unsere Gangart war auch ganz darauf abgestimmt. Wir wollten uns kein Bein ausreißen. Höfer bekam eine Zehenprellung ab. Aber das ist nicht so schlimm. An den Einsatz von Schymik und Horvat im Finale ist nicht zu denken. Wir ließen Horvat noch einmal von einem Spezialisten untersuchen, und der riet sogar von einer Reise nach Berlin als Zuschauer ab." Elntracht-Spielausschußvorsitzender Ernst Berger: „Es war kein großes, aber doch ein schönes Spiel. Das Wichtigste: keine Verletzungen!" "Werder-Trainer Schorsch Knöpfle: „Die Hitze machte beiden Mannschaften schwer zu schaffen, und man merkte auch, daß die lange Saison an den Kräften gefressen hat. Dennoch ein lebhaftes und schönes Spiel. Wieweit die Eintracht sich ausgegeben hat, läßt sich schwer sagen. Auf jeden Fall fiel unsere 2:4-Niederlage zu hoch aus. Das zweite Tor war abseits, und der vierte Treffer war auch nicht einwandfrei. Wir wünschen der Eintracht alles Gute fürs Endspiel." Günter Wölbert (aus 'Der neue Sport' vom 22.06.1959)
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