FK Pirmasens - Eintracht Frankfurt |
Endrunde um die Deutschen Meisterschaft 1958/59 - 5. Spieltag - Gruppe 1
2:6 (0:4)
Termin: 13.06.1959 im Südwest-Stadion (Ludwigshafen)
Zuschauer: 50.000
Schiedsrichter: Malka (Herten)
Tore: 0:1 Richard Kreß (2.), 0:2 Eckehard Feigenspan (4.), 0:3 Istvan Sztani (19.), 0:4 Eckehard Feigenspan (22., Foulelfmeter), 1:4 Helmut Kapitulski (59., Handelfmeter), 1:5 Dieter Lindner (72.), 2:5 Friedel Lutz (78., Eigentor), 2:6 Richard Kreß (80.)
FK Pirmasens | Eintracht Frankfurt |
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Eintracht war strahlender als in Bremen Pirmasens tanzte nach der Eintracht Pfeife FK Pirmasens — Eintracht Frankfurt 2:6 (0:4) Die großen Feste der Eintracht werden nirgends ausgiebiger gefeiert als in der Fremde. Nach bewährtem Master von Mannheim, Bremen und Köln erschienen nach dem Schlußpfiff zwei Dutzend Fahnenschwinger im Mittelkreis und anschließend die Eintrachtspieler auf den Schultern der Siegestrunkenen. Nur Richard Kress marschierte wie ein Feldherr beim Abgang: der Truppe stolz vorneweg, während Kapitän-Stellvertreter Hans Weilbächer einen schwarzweißen Schirm hoch in den Lüften schwang. Nach vier Minuten stand es 2:0, nach 22 Minuten 4:0. Die Eintrachtler hatten es eiliger als vor Wochen beim 7:2 in Bremen. Sie schalteten zurück, wenn es ihnen paßte und sie setzten wieder Volldampf, wenn der Gegner ihnen in der zweiten Hälfte zu keck wurde. Auf jedes Gegentor setzte man wieder einen Treffer, und das wäre wohl so weitergegangen, wenn Pirmasens vielleicht noch ein oder zweimal das große Glück erfaßt hätte. Eigentlich fielen die beiden Treffer des Südwestmeisters mehr durch Zufall als durch eigenes Verdienst. Ein Handelfmeter und ein Eigentor! Pech für den so großartig spielenden jungen Horvat-Vertreter Friedel Lutz, daß sie auf sein Konto gingen. Aber was tat's? Die Eintracht, die früher bei einem Gegentor leicht aus den Latschen zu kippen war, blieb eiskalt bis unter die Haarspitzen. Sie hatte zum Schluß wie ein Zirkusdirektor die Longe in der Hand, und die Pirmasenser mußten tanzen, wie die Männer mit dem Adlerwappen es befahlen. Man hätte gerne noch das 7:2 wahr gemacht. Aber jener Kopfball Feigenspans, wie er in jedem Spiel mindestens einmal vorkommt, schlug auch mit Wucht in den Torwinkel — aber aus Abseitsstellung. Und Meier, den man so gerne in eine günstige Schußposition gebracht hätte, hatte kein Glück, wenn er im Innenraum erschien. Und doch war dieser Tag von Ludwigshafen strahlender, besser, souveräner als der von Bremen. Da spielte eine Eintracht, die so gut wie nie in Bedrängnis kam, selbst als der Südwestmeister in der Pause neu ein- und die Mannschaft umgestellt wurde. Daß der Gegner zuweilen jetzt zur Offensive überging, paßte der Eintracht ins Konzept. Bei jedem Vorstoß aus der eigenen Hälfte genügten meistens zwei Leute, um die hinteren Reihen der Pfälzer in heillose Verwirrung zu jagen. In den ersten zwanzig Minuten nach der Pause, als die Partie so ausgeglichen wie kaum noch einmal dahinrollte, gab es acht Eintrachtecken und viele Kubsch-Paraden. Dieser Kubsch war der beste Mann der Pirmasenser! Bedarf es da noch eines Beweises, wie stark der Eintrachtsturm an diesem Sommerabend war? Stadion schwärmte von Sztani Was soll man über die einzelnen sagen? Das Stadion schwärmte nur noch von Sztani. Der Ungar war der überragende Mann. Aber er konnte es auch sein, weil rechts und links zwei Leute standen, die in Höchstform geraten sind. Noch nie war ein Kreß ein besserer Mannschaftsspieler, Schütze und Kämpfer, sofern der Kämpfer Kreß überhaupt noch einer Steigerung fähig schien. Noch nie war Feigenspan so sicher, so stark und so überlegt am Ball. Daß er schießen und daß er köpfen kann, wie nur wenige, war hinreichend bekannt. Aber daß er so eiskalt geworden ist und einen Elfmeter einem Kubsch haargenau in die Ecke verpaßt, das war neu am Ekko! Der linke Flügel stand bei der großen Ouvertüre noch etwas im Schatten der grandios aufspielenden rechten Flanke. Meier bekam erst nach dem 2:0 den ersten Ball. Man merkte dem Linksaußen an, daß er neu in der Eintracht-Truppe ist. Mitunter lief er in die verkehrte Richtung oder sein Paß. Zu den erhofften Schüssen kam er nicht. Aber er kämpfte unermüdlich und war immer in Bewegung, genau wie die anderen. Nach dem 4:0 hatte er seine große Szene, als zuerst Ertel und dann Kubsch auf der Strecke blieben. Seine Flanke fand nur deshalb keinen Vollstrecker, weil Jaberg den Ball in den Füßen festklemmte, bis Kubsch sich noch auf das Leder stürzte. Langsam aber erfaßte das Eintracht-Rad auch die linke Seite, und Klein-Lindner hatte daran seinen guten Anteil. Er arbeitete wieder unauffällig, schmuckloser als Sztani, wenn er am Ball war, aber er überblickte die Lage fast so gut wie der Ungar. Imponierend dann sein Tor aus der Luft mit dem linken Fuß, direkt auf einen Abschlag von Loy, der nur einmal unterwegs aufgesprungen war. Ueber diesen Angriff der Eintracht, der mit einem Pfaff noch die höchste Wirkung erreichen könnte, aber darf niemanden die Kraftstationen unterschätzen, die hinter ihm stehen. Ein Hans Weilbächer ist in seinem dritten Spiel nach der Verletzungspause richtig „warmgelaufen". Für ihn waren die Halbrechten des Südwestmeisters, zuerst Breitzke, nach der Pause Weißhaar, kein Problem. Seine Glanzleistung war die Voraussetzung zum zweiten Tor, das er Feigenspan großartig servierte. Auffallend die Disziplin der Eintrachtläufer, von denen Stinka immer mit einem Auge zu Kapitulski sah, der weit weniger der Mann am Schalthebel war wie in Frankfurt. Die Abwehrspieler einzustufen, ist überflüssig. Lutz war ein so guter Mittelläufer gegen den gewiß nicht schlechten Seebach, daß niemand ihm den geringsten Vorwurf an den beiden Pfälzer Toren macht, Höfer zählt zu jenen Spielern in der Mannschaft, von denen man sagen kann, daß sie kaum zuvor besser waren. Eigenbrodt, der es gegen Weißhaar (später Breitzke) am schwersten hatte, wächst immer mehr in seine Aufgabe hinein. Loy ist die Zuverlässigkeit selbst, ob die Balle hoch oder flach kommen. Die Pirmasenser hatten, wie betont, in Kubsch, ihren Mann Nummer 1. Laag spielte doch Seitenläufer und Jaberg Stopper für Käfer. Das wurde zur Achillesferse für den Südwestmeister;. Die Eintracht schickte mehr als die Hälfte aller Bälle in das Loch hinter den offensiven Laag, wo sich Sztani austoben konnte. Auch später, als Laag auf die andere Seite wechselte, wurde er nie mehr so stark wie in Frankfurt beim Vorspiel. Ertel, Breitzke in der zweiten Hälfte als Linksaußen, Seebach und zuweilen Kapitulski, waren die Pirmasenser, die nach Kubsch genannt werden müssen. Schmidt stand in der zweiten Hälfte verletzt auf Rechtsaußen. Der Schiedsrichter Malka (Herten) hatte ein großes Plus, die Auslegung des Vorteils. Vielleicht hätte er etwas energischer sein sollen, wenn Seebach oder Roos einstiegen. Gegen die Eintracht gab es zwei Foulfreistöße im ganzen Spiel. Bert Merz
1. Min.: Steilvorlage von Sztani zu dem nach innen startenden Kreß, der mit dem linken Fuß aus vierzehn Metern Entfernung flach an Kubsch vorbei ins linke Toreck schießt. (0:1) 4. Min.: Vorstoß von Weilbächer aus dem Mittelfeld bis kurz vor den Strafraum, Vorlage an zwei Pirmasensern vorbei zu Feigenspan, der vom gleichen Fleck wie vorher Kreß, nur mit dem rechten Fuß, einen tollen Flachschuß ins lange Eck zielt. Wiederum dahin, wo vorher der Ball von Kreß einschlug. (0:2) 8. Min.: Weißhaars Flanke fällt vor der Querlatte herunter, Gedränge vor dem Tor, Loy und Höfer retten zum Eckball. 10. Min.: Meiers Alleingang wird regelwidrig gestoppt. Sztanis Freistoß über die Mauer springt von der Querlatte weit ins Feld zurück. 18. Min.: Steilangriff Sztani-Lindner-Sztani, der mit dem linken Fuß aus halblinker Position in vollem Lauf ins entfernte lange Toreck schießt. (0:3) 22. Min.: Feigenspan zieht mit Sztanis Vorlage davon, wird in die Zange genommen und von Roos regelwidrig vom Ball gedrängt. Den Elfmeter schießt Ekko flach ins rechte Eck. (0:4) 25. Min.: Meiers Alleingang, bei dem sich Jaberg und Kubsch dem einschußbereiten Sztani in letzer Verzweiflung in den Schuß werfen. 26. Min.: Flachschuß von Laag hält Loy. * 46. Min.: Böses Foul von Roos an Sztani. 48. Min.: Kubsch rettet mit toller Parade gegen den allein durchlaufenden Feigenspan. 49. Min.: Weißhaar trifft mit einem Fernschuß die Querlatte. 55. Min.: Alleingang von Stinka, der alles überspielt, aber Kubsch anschießt, von dem der Ball am Tor vorbeiprallt. 56. Min.: Kubsch prallt bei der Abwehr eines Kopfballs von Lindners mit dem Kopf an den Pfosten, erholt sich aber schnell. 60. Min.: Breitzke flankt, Lutz will im Fallen köpfen, verfehlt und berührt den Ball mit der Hand. Elfmeter von Kapitulski über Innenpfosten im Netz. (1:4) 74. Min.: Abschlag von Loy, Schuß von Lindner aus der Luft im Tor. (1:5) 79. Min.: Lutz will dem „Fliegenden" Loy eine Breitzke-Flanke abwehren, trifft den Ball unglücklich, der sich hinter den Spielern ins lange Eck dreht. (2:5) 82. Min.: 2:6. Der einzige Treffer, bei dem die Eintracht zur Einleitung und Ausführung mehr als zwei Mann benötigte. Der freigespielte Sztani wird schon vor dem Strafraum von Kubsch angegriffen. Beide fallen, Lindner holt sich am rechten Flügel den Ball, umgeht den wieder zurückgelaufenen Kubsch und schiebt zu Kreß, der einen Meter vor der Linie steht und einlenkt. 86. Min.: Abseitstor (Kopfball) von Feigenspan. B. M.
Trainer Paul Oßwald: „Ich bin zufrieden. Wir haben die ganze Woche darüber gesprochen, wie wir unser Spiel in die Tiefe hinter den offensiven Laag verlegen. Uns kam es sehr gelegen, daß Laag nicht Stopper spielte. Der Plan ist haargenau aufgegangen, einen Spieler nach einer so guten Mannschaftsleistung herauszustellen, wäre falsch." Spielausschußvorsitzender Ernst Berger: „Wir sind glücklich. Unsere Mannschaft hat in der ersten Hälfte eine glanzvolle. Partie gezeigt. Später konnten sich unsere Leute dafür schonen." Alfred Pfaff: „Es war wunderbar und es ist alles gut gelaufen. Was soll ich noch sagen?" Richard Kreß „Ich habe keine Angst vor dem Endspiel, denn wir waren nie besser als im Augenblick." Dieter Lindner: „Wenn wir jetzt kein deutscher Meister werden, dann werden wir es nie." Schiedsrichter Albert Dusch (Kaiserslautern): „Die
Eintracht war noch besser und noch Nationalspieler Günter Sawitzki (VfB Stuttgart): „Die erste Viertelstunde war entscheidend. In ihr hat Pirmasens versagt. Die Eintracht zeigte eine wirklich erstklassige Mannschaftsleistung. Der beste von allen aber war Sztani." Trainer Helmut Schneider (Pirmasens): „Eintracht hat wieder einmal ein sehr gutes Spiel gezeigt. Ich möchte aber sagen, daß der Sieg der Frankfurter nicht nur in dieser Höhe überraschend ist, sondern daß er auch nicht ganz dem Stärkeverhältnis der beiden Mannschaften entsprach. Wir mußten durch interne Dinge umbauen, und das hat sich nicht so bewährt. Ich gebe der Eintracht die erste Chance fürs Endspiel." Nationalspieler Heinz Kubsch (Pirmasens): „Was soll man sagen, wenn man sechs Tore im Netz hat?" Mannschaftskapitän Hermann Laag (Pirmasens): „Fragen Sie doch bitte Trainer Schneider. Wir möchten nichts sagen." beme. Das Ludwigshafener Fußballfestival Von Ludwig Dotzert Sie sangen es diesmal schon nach vier Minuten: „Kein Verein in ganz Europa, der die Eintracht schlagen kann!". Innerhalb 240 Sekunden hatte Pirmasens ausgehofft. Das gleiche Pirmasens, von dem Fritz Walter prophezeite, es sei im Ludwigshafener Südweststadion nicht zu besiegen. Von einer Super-Eintracht in der Luft zerrissen, purzelte der Südwestmeister ins Finstere, Es stand 0:4 und noch immer fühlten die Pfälzer keinen Boden unter den Füßen. Da ließ die Eintracht von ihnen ab. Der Rest war für sie kaum mehr als ein beschauliches Balltraining. * Aber die ersten zwanzig Minuten genügten. Nein, so ist die Eintracht wirklich nicht zu schlagen. Hierzulande nicht. Es sei denn, es käme eine Mannschaft, die mit dem Unwahrscheinlichen auf du und du steht. Es kämen die Offenbacher Kickers. In vierzehn Tagen kommen sie. Das wird ein Endspiel ohnegleichen. * Ob Zufall oder das Werk einer monatelangen, gestochen präzis funktionierenden Seelenmassage: der Höfer von Ludwigshafen ist der beste Höfer, den die Eintracht je besaß. Das gleiche gilt von Lutz, von Stinka, von Kreß, von Sztani, von Feigenspan und von Lindner. Vierzehn Tage vor dem Endspiel stand eine uralte Trainer-Sehnsucht kurz vor der Realisierung: einmal ein Team haben, das in allen seinen Teilen auf optimale Schärfe eingestellt ist. * Die Möglichkeiten der Riederwälder scheinen noch keineswegs erschöpft. Es gab auch in Ludwigshafen, dem Festival des schwerelosen Siegens, noch Stellen in der Mannschaft, die sich stärker denken lassen. Aber das Ideal ist keine Theorie mehr. Es ist nur noch eine Frage der Zeit: Wann können Pfaff, Horvat wieder dabei sein und wie lange brauchen sie, bis ihr innerer Regulator mit dem der andern synchron läuft? * Im Falle Horvat weiß man die Antwort leider ziemlich genau: vor nächster Saison nicht mehr. Vorige Woche schüttelte ihn plötzlich hohes Fieber. Der Arzt diagnostizierte Rippenfellentzündung. * Also bleibt das Ideal noch Theorie. Auf irgendeine Weise bleiben es alle Ideale. (aus 'Der neue Sport' vom 15.06.1959)
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