Kickers Oxxenbach - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1958/59 - 1. Spieltag
1:1 (1:1)
Termin: 17.08.1958
Zuschauer: 21.000
Schiedsrichter: Kandelbinder (Regensburg)
Tore: 1:0 Istvan Sztani (13.), 1:1 Hermann Nuber (34., Elfmeter)
Kickers Oxxenbach | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Kampf hieß die Parole Kickers Offenbach — Eintracht Frankfurt 1:1 (1:1) Kampf hieß die Parole - wie es so üblich ist im Derby. Ja, es war ein echtes Derby; mit allen Höhen und Tiefen. Kein großes Spiel, aber doch ein interessantes. Vor der Pause trugen die Spieler beider Mannschaften immerhin so viel Farbe in die Begegnung zwischen den Kickers und der Eintracht, daß die 21000 Zuschauer sogar mitunter in die Grenzbereiche echter Begeisterung gedrängt wurden. Nach dem Wechsel ging es allerdings steil bergab. Mit dem einen Punkt kann man übrigens in beiden Lagern zufrieden sein. Zu Beginn der Saison darf man halt nicht zuviel erwarten. Es ist immer wieder alles ganz neu, selbst wenn die gleiche Elf spielen sollte wie in der vergangenen Spielzeit. Nach der Sommerpause muß eine Mannschaft frisch geformt werden. Das braucht halt seine Zeit, und im Ernstfall sieht alles ganz anders aus als im Geplänkel von Freundschaftsspielen. Der Wettergott meinte es zudem nur gut mit den Zuschauern. Die aalten sich in der warmen Spätsommersonne. Doch den Spielern brannte die heiße Luft die Lungen aus. Also wollen wir es doch nicht gar zu tragisch nehmen, was da auf dem Bieberer Berg im ersten Spiel der Saison geschah. Immerhin bleibt festzustellen, daß die Kickers ein bissel weiter zu sein scheinen als die Eintracht, und zwar sowohl was die Verfassung der einzelnen Spieler als auch was die mannschaftliche Zusammenarbeit betrifft. Die Offenbacher waren schneller am Ball, gewandter und explosiver im Zweikampf, und zwischen den einzelnen Leuten war der geistige Kontakt enger geschlossen. Die beiden besten Spieler im Mittelfeld trugen den roten Kickersdreß: Nuber und Kaufhold. Das Eintracht-Spiel war weniger geformt als die Aktionen der Offenbacher. Aber dafür schnellten die Angriffe der Riederwälder oft wuchtiger aufs Tor zu als die der mit zunehmender Spielzeit immer mehr über Umwege zum Tor marschierenden Offenbacher. Doch was mitunter in der Anlage so gefährlich aussah, das blieb doch meist ohne greifbare Wirkung. Es gab halt in beiden Mannschaften zu viel defekte Stellen, wo die Spielzüge aus den Gleisen sprangen. Im Offenbacher Sturm bot Preisendörfer weder als spielender Mittelstürmer noch als entschlossener Schütze die Leistung, die man nach den letzten Begegnungen von ihm erwarten durfte. Auch der junge Habermann ging völlig unter. In diesem Spiel allerdings nicht zum erstenmal, und es ist anzunehmen, daß er fürs erste mal wieder in die Reserve versetzt wird und sich hier auf einen zweiten Anlauf in die Ligaelf vorbereitet. Nazarenus II ließ den Eintrachtverteidiger Lutz in der ersten Viertelstunde wie einen Anfänger aussehen, begab sich aber nach einem nicht gerade reichlichen Arbeitspensum vorzeitig zur Ruhe. So blieben nur der mit Umsicht schaltende Kaufhold, der nie verzagende Kraus und als gefährlichster „Stürmer" der eine erstaunliche Aktivität entwickelnde Nuber (schon vor der Pause als Pfaff noch nicht verletzt war). Pfaff am Knie verletzt Bei der Eintracht lag die ganze Last des Spieles auf den Schultern von Horvat und Sztani. Es war ein Glück für die Riederwälder, daß der lange Jugoslawe im Deckungszentrum von Minute zu Minute beweglicher, kaltblütiger und sicherer wurde. Dagegen war der Sztani der zweiten Halbzeit nicht mehr der meisterhafte Techniker, der seinen Gegenspieler Sattler (und auch noch dessen Nebenleute) dribbelnd, passend und bei schneidigen Durchbrüchen zum Tor vor kaum zu lösende Aufgaben stellte. Da Pfaff in der 55, Minute bei einem Zusammenstoß mit Waldmann am Knie verletzt wurde, für zehn Minuten ganz ausschied und dann humpelnd am linken Flügel erschien, und da Dieter Lindner nach Wiederbeginn völlig entkräftet war, blieben den Offenbachern in der zweiten Hälfte größere Aufregungen erspart. Aber auch vor der Pause war es nicht überwältigend, was der Eintracht-Angriff auf die Beine brachte. Pfaff und Lindner bemühten sich zwar, doch bei beiden wurde die ohne Zweifel vorhandene Spielintelligenz durch Konditionsmängel abgewürgt. Bei Kreß mangelte es zwar nicht an Luft, doch an Spielübersicht. Außerdem fuchtelte ihm mit dem ehrgeizigen, draufgängerischen Schultheiß der beste Abwehrspieler der Kickers zwischen den Beinen herum. Waldmann wurde mit Meier öfter fertig als Meier mit Waldmann. Die beiden Tore fielen denn auch, ohne daß die Angriffsreihe etwas dazu getan hätte. Die Eintracht ging in der 13, Minute in Führung. Sztani machte das bißchen ganz allein. Kurz hinter der Mittellinie nahm er den Ball auf, führte ihn in meisterhaftem Dribbling durch die Offenbacher Abwehr, narrte an der Strafraumgrenze noch einmal Sattler und den zu Hilfe geeilten Schultheiß und schoß flach ein. Zimmermann war an diesem Treffer schuldlos, obwohl er ansonsten durch eine rätselhafte Fahrigkeit verblüffte. Das 1:1 fiel in der 34. Minute. Kraus und Preisendörfer hatten in einer Drangperiode der Kickers gerade zweimal die Torstangen getroffen, da wurde Kaufhold von Lutz unfair angegangen, und Nuber schoß den Elfmeterball flach ein. Keine Chance für Henig, der keine Gelegenheit fand zu glänzen, aber ein zuverlässiger Hüter war. Außer Horvat und Henig überzeugte in der Eintracht-Abwehr niemand — am wenigsten Schymik. Bei Weilbächer imponierte immerhin der kraftvolle Einsatz. Günter Wölbert
Oßwald der große Schweiger Der Mann, der vielleicht die interessantesten Dinge zum Derby zwischen den Kickers und der Eintracht hätte sagen können (allerdings eher in einem einstündigen Gespräch als in fünf Zeilen), der alte Kickers- und neue Eintracht-Trainer, Paul Oßwald, der wollte nach dem Spiel nichts sagen. Verständlich. Denn wie er es auch dreht, immer rutscht es in den falschen Hals. Lassen wir den Eintrachtpräsidenten, Rudi Gramlich, und den Spielausschußboß, Ernst Berger, sprechen. Gramlich war mit dem Elfmeter gegen seine Elf nicht einverstanden. „Das war kein Foul, sondern eine Ungeschicklichkeit von Lutz", erklärte er. „Unter den Nachwirkungen dieses Ausgleichstores litt unser Spiel in der zweiten Halbzeit. Vor der Pause wurde technisch hervorragender Fußball geboten. Mit dem 1:1 bin ich zufrieden." Auch Ernst Berger hat gegen das Ergebnis nichts einzuwenden. "Wir rechneten schon vor dem Spiel mit einem Punkt", sagte er. „Der Elfmeter gegen uns war berechtigt. Aber wenn Kandelbinder einen Elfmeter gegen uns pfiff, dann müßte er auch einen Strafstoß gegen die Kickers verhängen, als Sztani von Zimmermann im Strafraum festgehalten ¦ wurde." Der Kickers-Präsident Hans Winter meinte: "Ein Punkt ist besser als keiner. Die Chancen zum Sieg hatten wir. Aber es war alles zu nervös. Nicht nur bei uns; auch bei der Eintracht." Trainer Cuvaj sprach ebenfalls von dieser Nervosität, die in überreichem Maße im Spiel gewesen sei. „Ein Derby bedeutet immer Kampf. Ein schönes Fußballspiel kann man da nicht sehen. Unsere Mannschaft war heute zu verkrampft. Sie konnte nicht ihr normales Spiel vorführen." Spielausschußvorsitzender Ferdi Emberger schloß sich den Worten Cuvajs an. „An dem Elfmeter gab es übrigens nichts zu deuteln", fügte er hinzu. Auf der Tribüne saß auch DFB-Trainer Helmut Schön: „Ueber einzelne Spieler möchte ich so früh in der Saison noch nichts sagen", antwortete er dem „Neuen Sport". „Aber für das erste Punktspiel wurde auf beiden Seiten überraschend stark gekämpft. Allerdings nur vor der Pause. Nachher ließ auf beiden Seiten die Kondition nach. Das 1:1 ist gerecht." August Steuer, der Präsident des Deutsch-amerikanischen Fußballverbandes, war über das Resultat beglückt. „Wissen Sie, ich habe in beiden Lagern meine Freunde", lächelte er. „Mir kommt die Punkteteilung wie gerufen. Das Tempo in der ersten Hälfte hat mich überrascht. Horvat und Kaufhold haben mir besonders gefallen." G. W. (aus 'Der neue Sport' vom 18.08.1958)
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