1860 München - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1957/58 - 25. Spieltag
2:1 (1:0)
Termin: 23.02.1958
Zuschauer: 25.000
Schiedsrichter: Jakobi (Heidelberg)
Tore: 1:0 Börstler (26.), 1:1 Eberhard Schymik (62.), 2:1 Stemmer (83. Elfmeter)
1860 München | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Platzverweis für Egon Loy Alfred Pfaff stand im Eintracht-Tor TSV München 1860 — Eintracht Frankfurt 2:1 (1:0) Das Glück hat die Eintracht in München verlassen! Ging die Halbzeitführung der "Löwen" noch in Ordnung, so gehörte fast die gesamte zweite Halbzeit den Frankfurtern, die nach dem Ausgleichstreffer den Sieg vor den Augen hatten. Zweimal rettete ein Münchener Abwehrspieler auf der Torlinie, ein Foul-Elfmeter entschied wenige Minuten vor Schluß die spannende und kampfreiche Partie zugunsten des TSV 1860. Der Eintrachttorwart Loy wurde zu allem Ueberfluß noch wegen Schiedsrichterbeleidigung des Platzes verwiesen. Münchens Fußballfreunde waren gespannt auf dien Tabellenführer aus Frankfurt. Der Eintracht liege der Schneebodien nicht, hieß es in den Vorberichten; man merkte nichts davon! Der zum Schluß knöcheltiefe Schnee gereichte der Eintracht mit ihrem auf Steilvorlagen aufgebauten Spiel nur zum Vorteil. Horvat, Weilbächer und Pfaff fühlten sich keineswegs gehandicapt. Als der erste Ansturm der 60er abgewehrt war, konterten die Hessen. Aus der Tiefe trieben Weilbächer und Schymik die Bälle nach vorn. In ihrer ganzen Spielanlage kehrten die Frankfurter ihr unzweifelhaftes Können hervor. Englisch nüchtern mutete ihr Zusammenspiel an. Aber an Zweckmäßigkeit übertraf die Eintracht ihren Gegner noch um eine halbe Länge. Als die Münchener in Führung gegangen waren, glaubten die 25.000 Zuschauer an einen Zusammenbruch der Eintracht. Weit gefehlt! Jetzt erst gingen die Frankfurter ganz aus sich heraus, und nach der Pause waren die Adierträger erst richtig in ihrem Element. 1860 erlahmte dagegen immer mehr. Die Eintracht wurde von Minute zu Minute stärker und nagelte die Münchener in ihrer eigenen Torhälfte fest. Kreß glückte der Ausgleich. Jeden Augenblick konnte der Eintracht-Siegestreffer fallen. Pfanzelt rettete bei einem vehementen Schuß von Kreß auf der Torlinie, ein Gewaltschuß von Weilbächer prallte vom rechten Pfosten ab. Schon in den ersten 45 Minuten mußte einmal der Münchener Verteidiger Köbler einen Eckball auf der Torlinie klären. Dramatische Minuten Die letzten zehn Minuten wurden für die Eintracht zu einem Drama. Münchens Anhänger hatten sich bereits mit einem Unentschieden vertraut gemacht, waren sogar hoch zufrieden, daß es bei dem 1:1 blieb, denn ihre Spieler rangen schwer nach Luft und standen mit bleiernen Beinen im Feld. Da trieb Rechtsaußen Albert den Ball gegen das Eintrachttor. Horvat war beim Abwehrversuch ausgerutscht, aber Loy, der Schlußmann war ja noch da! Der gerissene Albert schlängelte sich auch an dem Frankfurter Torwart vorbei und glaubte schon freie Bahn zu haben, als Loy verzweifelt dies Unheil zu bannen glaubte und nach Ball und Gegner griff, wobei Albert zu Fall kam. Schiedsrichter Jakobi (Heidelberg) deutet auf den Elfmeterpunkt, und Mittelläufer Stemmer schoß den Strafstoß unhaltbar zum siegbringenden 2:1 ein! Die Schlußminuten erlebten nur noch zehn Frankfurter. Loy zog sich bereits in der Kabine aus und Alfred Pfaff stand für ihn zwischen den Pfosten. Was war geschehen? Wir befragten nach dem Schlußpfiff den Unparteiischen. „Ich brauche mich auch von Torwart Loy nicht beleidigen zu lassen", meinte Jakobi, und die Spruchkammer wird ihm recht geben. Dem Frankfurter waren offenbar die Nerven durchgegangen. Gewiß, es war nicht alles einwandfrei, was der die Vorteilsregeln tadellos auslegende Jakobi manchmal pfiff, und der Schneeboden führte zu Regelwidrigkeiten, die auf trockenem Rasen wohl kaum passiert wären. Mag Jakobi die Eintracht auch in einigen Fällen benachteiligt haben, der Platzverweis und der Elfmeter mußten ausgesprochen werden. Schade um die zwar harte, aber sonst ordentlich geführte Partie. Auf der Tribüne saßen die Spieler Morgans und Violett von Manchester United. Sie hatten für wenige Stunden Ausgang erhalten und waren in dicke Decken eingewickelt und verfolgten gespannt das temporeiche Spiel. Morgans Ansicht: 1860 hat nicht unverdient gewonnen. Der Elfmeter mag für englische Begriffe etwas hart gewesen sein. Sehr gut haben mir die Torhüter Loy und Bechtold gefallen, doch von internationaler Klasse war nur Horvath. Ueber Horvath waren sich auch die 25.000 Münchener einig. Ohne diesen Recken, den ich selten so schnell sah, hätten die Frankfurter vielleicht nicht so glatt die Drangperiode der 60er überstanden. Wurde Bechtold überraschend gut mit Auernhammer fertig, so hatte Höfer zeitweise mit dem kleinen Albert große Schwierigkeiten. 1860 wollte Horvat aus dem Abwehrzentrum locken, indem Mittelstürmer Kölbl auf die Seiten auswich. Doch die Frankfurter durchkreuzten diesen Plan dank des enormen Aktionsradius der Außenläufer Schymik und Weilbächer. Der Sturm der Eintracht hatte anfangs zu viel Respekt
vor Münchens Hintermannschaf't. Als die Mannen um Pfaff die Verwundbarkeit
der „Löwen" erkannten, ließ das Glück sie
im Stich. Aktivste Stürmer waren Kreß und Feigenspan, der
klügste freilich war Pfaff. Seine Vorlagen kamen millimetergenau.
Diese Präzision mangelte dem jungen Lindner, dem ein sicher scheinendes
Tor vor den Füßen lag. Die Eintracht mag es trösten
zu wissen, daß Münchens Anhang selten um den Erfolg der heimischen
Mannschaft so bangte wie an diesem Sonntag. Nicht die bessere, sondern
die glücklichere Mannschaft hat gewonnen! (aus 'Der neue Sport'
vom 24.02.1958) |