BC Augsburg - Eintracht Frankfurt
|
Oberliga Süd 1957/58 - 20. Spieltag
4:2 (2:0)
Termin: 12.01.1958
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Kreitlein (Stuttgart)
Tore: 1:0 Häring (8.), 2:0 Biesinger (19.), 3:0 Kratzer (51.), 3:1 Istvan Sztani (59.), 4:1 Biesinger (60.), 4:2 Istvan Sztani (62.)
BC Augsburg | Eintracht Frankfurt |
|
|
Trainer
|
Trainer |
Wo blieben die Riederwälder Tugenden? BC Augsburg — Eintracht Frankfurt 4:2 (2:0) „Hi-Ha-Ho, die Eintracht ist k. o.", gröhlten die Buben auf den Rängen. Das war übertrieben. Aber groggy, das waren sie wirklich, die Riederwälder. Die leichte Benommenheit, verursacht durch zwei frühe Tore der Augsburger, wich nicht mehr von ihnen bis zum Schlußpfiff, und bis kurz vor der Pause spielten sie zeitweilig wie betäubt. Dann auf einmal stürmten sie an wie im Fieber. Es fielen die beiden Tore von Sztani, den als Einzigen alles kalt zu lassen schien, aber die Augsburger hatten den Schrecken vor der Eintracht ein für allemal verloren. Sie lagen schon mit 3:0 vorne, und zwischen den Sztani-Treffern gaben sie ihrem Gegner mit einem vierten Tor den Rest. Eine Viertelstunde nach dem Wechsel lag das Endergebnis und die zweite Niederlage der Eintracht in dieser Saison bereits fest. Es war eine Niederlage der Deckung und eine Niederlage des Sturms. Keiner hat Grund, dem anderen Vorwürfe zu machen. Es war eine totale Niederlage. In der Deckung war alles zu weitmaschig, im Sturm alles zu engmaschig. Die Riederwälder hatten ihre elementarsten Tugenden zu Hause gelassen. Dazu kam ein Boden wie frisch gebohnert, gegen den kein Schuhwerk half, dazu kam, daß Höfer und Horvat nicht das geringste Talent zum Schlittschuhlaufen haben, dazu kam, daß Feigenspan 80 Minuten lang einen ausgewachsenen Bluterguß mit sich herumschleppte, einen Bluterguß Marke Hochstädter I, der sich gleich zu Anfang auf recht rauhbeinige Art Respekt verschaffte, und daß Alfred Pfaff fehlte, und mit ihm der Zug ins Weiträumige, ins Freie. Im Innensturm der Eintracht, gebildet aus Sztani, Feigenspan und Geiger befand sich kein Mensch, der auch nur über zwanzig Meter hinwegdenken konnte, geschweige denn hinwegspielen konnte. Dieser Innensturm ging vor wie eine stumpfe Bohrmaschine, die hängenbleibt, sobald sich der Widerstand auch nur geringfügig verstärkt. Jeder Meter Bodengewinn kostete zehn Liter Kraftstoff und führte nur einen Meter weiter ins Ausweglose. Als sich dann Kress, dem es draußen offenbar zu langweilig wurde, ebenfalls ins Gewühl stürzte, vertieften sich zwar die Einbrüche ins gegnerische Deckungssystem, aber sie vertieften sich auch jetzt noch nicht zu Durchbrüchen. Sztani dribbelte sich fest, statt frei, Geiger sprang mit langen Sätzen fast immer mittenmang in das Gebiet, wo alles am dichtesten verrammelt war und bis zu Feigenspan, den man sich als Schlußmann der Riederwälder Angriffsstaffel gedacht hatte, reichten die Kombinationen meist gar nicht hin. Feigenspan versuchte sich unter diesen Umständen in Fernschüssen, die jedoch in günstigstem Falle knapp vorbeiflitzten. Ein übriges zur Vernichtung der Frankfurter Möglichkeiten taten die Augsburger Abwehrrecken. Hart und schonungslos fuhren sie dazwischen, wenn die Kleingärtner im Eintrachtsturm im Gelände herumstocherten. Kühn ging Nicklasch in jedem günstigen Augenblick zur Gegenoffensive über. Was änderte es schon, wenn diese Offensive abgefangen wurde.. Nicklasch holte jeden Vorsprung der Riederwälder wieder auf. Der Riederwälder Sturm kam nicht schneller vorwärts wie ein Lastzug in der Frankfurter Innenstadt, und der gefährlichste Stürmer war ein Außenläufer, nämlich Weilbächer. Weilbächer rackerte hinten und vorn. Von ihm stammten auch die meisten Schüsse, um nicht zu sagen die einzigen. Und doch versagte er in dem Punkt, wo ein schulgerechter Außenläufer anfangen muß. Er wußte nie, wo sich sein Gegenspieler Haller herumtrieb. Der blonde Hans war prächtig, nur, er kam vor lauter Großtaten nicht zur Kleinarbeit. Von Haller, der aussieht wie der Riederwälder Stürmerbub Lindner, empfing der BCA-Sturm die entscheidenden Impulse. Er gab die Vorlagen zum zweiten und dritten Tor der Augsburger, er düpierte mit seinen bei allem Tempo exakten Direktpässen zuverlässig Höfer, der hinter dem angriffslustigen Weilbächer einen besonders schweren Stand hatte, und manchmal sogar einen Horvath, der sich entgegen seiner Gewohnheit von Biesinger hin und wieder weit nach vorn locken ließ. Wenn dann Biesinger den langen Eintrachtstopper anging, wie es vorher noch kaum ein Mittelstürmer wagte, dann knisterte es hörbar im Gebälk. Ein Glück, daß Loy und Bechtold den Kopf oben behielten. Trotz allem: nach den beiden Toren von Häring,
der eine Flanke Kratzners aus kurzer Entfernung ins Netz schlug, und
Biesinger, der nach einer Vorlage von Haller plötzlich allein hinter
dem Rücken Horvats auftauchte, glaubte man noch an die Möglichkeit
eines Umschwungs. Da kam der große Entfesselungsakt nach der Pause.
Die Augsburger feierten ihr drittes Tor durch Kratzer (auf Vorlage von
Haller) mit rauschenden Angriffsserien, und die Eintracht antwortete
mit einem Mut der Verzweifelten. Plötzlich öffneten sich Gassen
im BCA-Strafraum, die bis dahin fest vermauert waren und plötzlich
hatte Sztani die Schußbahn frei zu zwei gezielten Treffern, wie
sie bei der Eintracht nur selten fallen. Kurz darnach blieb ein Original
ungarischer Rückzieher am Pfosten hängen. Aber dazwischen
schoß Biesinger nach Vorarbeit von Hering das vierte Augsburger
Tor. Aus der Traum vom Ausgleich! Von mehr wagte die Eintracht an diesem
grauen Tag ohnehin nicht zu träumen!
Ludwig Dotzert (aus 'Der neue Sport' vom 13.01.1958) |