VfB Stuttgart - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1957/58 - 4. Spieltag

1:1 (0:0)

Termin: 01.09.1957
Zuschauer: 20.000
Schiedsrichter: Meißner (Nürnberg)
Tore: 1:0 Egon Loy (53., Eigentor), 1:1 Helmut Geiger (73.)

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VfB Stuttgart Eintracht Frankfurt

  • Sawitzki
  • Retter
  • Liebschwager
  • Kaniber
  • Blessing
  • Simon
  • Hinterstocker
  • Strohmaier
  • Waldner
  • Busch
  • Praxl

 


 

Trainer
  • Georg Wurzer
Trainer

 

Starke Eintracht-Nerven

Der Ruf der Frankfurter Eintracht als einer der besten Mannschaften des Südens ist in Stuttgart wieder für einige Zeit gefestigt. Die Frankfurter kämpften vor 20.000 Zuschauern im Neckarstadion gegen den VfB mit der schon sprichwörtlichen Hingabe. Zu ihrer großartigen Leistung und dem einen Punkt kann man ihnen nur gratulieren. Die am Riederwald vom eigenen Publikum kritisierten Mängel hatten sich zwar im Neckarstadion nicht in Wohlgefallen aufgelöst, doch die Abwehr der Riederwälder zeigte sich gegen den VfB in einer solch blendenden Verfassung, daß man den kommenden Ereignissen im Eintrachtlager mit einiger Ruhe entgegensehen kann.

Die Stuttgarter berannten das Tor der Eintracht vor der Pause mit einer wütenden Verbissenheit. Die wenigen Schlachtenbummler der Frankfurter durften kaum hoffen, daß dieser mächtige Ansturm ohne Gegentor vorüberziehen würde. Aber die Eintracht trotzte allen Gewalten. Ihre Abwehrspieler wuchsen zu einem wunderbaren Deckungsblock zusammen. Das war nur möglich, weil jeder einzelne Spieler mehr tat, als man von ihm erwarten konnte. Die Verteidiger und die Seitenläufer gingen ihren unmittelbaren Gegenspielern nach Möglichkeit nicht von den Füßen. Trotz dieser sorgsamen Bewachungstätigkeit fanden sie aber immer wieder Zeit und Kraft, einem in Bedrängnis geratenen Mitspieler beizuspringen.

Höfer funkte mit jener Explosivität in die Angriffe des VfB, die man bei ihm vorübergehend schon verloren glaubte. Hesse war auf der rechten Seite ein kaum zu umgehendes Hindernis. Er bewegt sich weiterhin auf einem erstaunlichen Formhoch. Bechtold, „Der Unauffällige", war trotz seiner charakteristischen, sachlichen Spielart, von einer solchen Wirksamkeit, daß er einfach auffallen mußte. Schymik wurde in dieser Atmosphäre mitgerissen, und er stand seinen Nebenleuten kaum nach.

Der ruhende Pol (im wahrsten Sinne des Wortes) dieser Abwehr von Feuerwerkern war der lange Horvat. Er stand da hinten und stopfte die Gäßchen zum Tor mit einer bewundernswerten Gelassenheit zu. Wenn er allerdings von dem Pfälzer Boten von dem vor dem Eintrachttor lagernden Granitblock hinweg an die Seitenlinien gelockt wurde, dann wurde seine mangelnde Beweglichkeit sichtbar. Horvat blieb aber meist da, wo er sich am wohlsten fühlte: im Deckungszentrum. So gut und richtig es sonst sein mag, wenn sich ein Mittelstürmer seinem Gegenspieler entzieht, diesmal war es vielleicht falsch. Zum Glück für die Eintracht.

Bei den wenigen Duellen zwischen dem geschmeidigen Dribbelkünstler Waldner und Horvat sah man, daß der Jugoslawe einem solchen Wirbelwind nicht gewachsen ist. Doch wie gesagt: Waldner hielt sich Horvat fern. Der VfB-Internationale war zwar im Angriff die spielformende Persönlichkeit, doch die Abwehrspieler der Eintracht sorgten in ihrer uneigennützigen Allianz dafür, daß Waldner keinen allzu großen Schaden anrichtete. Die Eintrachtdeckung konnte nur von einem ihrer eigenen Männer bezwungen werden. Der von Praxl bedrängte Loy boxte das Leder in der 52. Minute ins eigene Netz, als der Ball hoch auf den Eintrachtkasten zugesegelt kam. Nach diesem Treffer verlor Loy die Sicherheit und die zuverlässige Reaktion, die ihn in der Drangperiode der Stuttgarter ausgezeichnet hatte, aber die Eintrachtler ließen die Köpfe nicht hängen. Sie erzwangen nun, was ihnen nur in den Anfangsminuten gelungen war: offenes, verteiltes Spiel. Saubere, klar aufgebaute Spielzüge genossen auch weiterhin Seltenheitswert, aber die Attacken der Eintracht strahlten doch immer Gefahr aus.

Der junge Lindner, der bis dahin völlig im Schatten des überragenden VfB-Stoppers Blessing gestanden hatte, und der außerdem als Mittelstürmer falsch placiert ist, fand zu sich selbst. Der vortreffliche Weilbächer und auch der schlacksige Geiger hatten trotz des bereits hinter ihnen liegenden Arbeitspensums als Abwehr-Hilfsarbeiter noch den Schneid und die Kraft zu selbstbewußt vorgetragenen Angriffsaktionen. Selbst der ungewohnt passive Kreß wachte ein wenig auf. Nur Bäumler erreichte nicht die gute Leistung der ersten Hälfte, wo er im zusammenhanglos operierenden Eintrachtsturm das meiste Spielverständnis verraten hatte. In der 73. Minute wurden dann die unermüdlichen Bemühungen der Eintracht mit dem Ausgleichstreffer belohnt. Lindner schickte einen wohltemperierten Steilpaß zu Geiger. Der Halblinke der Riederwälder zwängte sich mit erstaunlicher Hartnäckigkeit zwischen Kaniber und Blessing hindurch und ließ aus zehn Meter einen Scharfschuß los, gegen den auch ein Sawitzki machtlos war. (Günter Wölbert in 'Der neue Sport' vom 02.09.1957)

 

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