Eintracht Frankfurt - VfB Stuttgart

Oberliga Süd 1956/57 - 29. Spieltag

4:0 (1:0)

Termin: 11.05.1957
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Kandelbinder (Regensburg)
Tore: 1:0 Erich Meier (26.), 2:0 Helmut Geiger (50.), 3:0 Helmut Geiger (74.), 4:0 Dieter Lindner (87.)

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Eintracht Frankfurt VfB Stuttgart

 


  • Sawitzki
  • Retter
  • Eisele
  • Dornhecker
  • Schlienz
  • Simon
  • Hinterstocker
  • Strohmeier
  • Bühler
  • Blessing
  • Praxl

 

Trainer Trainer
  • Georg Wurzer

 

Eintrachtsturm mit jugendlichem Elan

Das ist das Schöne an dem Beruf des Sportreporters. Man erlebt so seine Ueberraschungen. Am vorigen Samstag noch sah man Ekko Feigenspan kerngesund durchs Feld springen, am Donnerstag wurde er auf Befragen als verletzt gemeldet; am Freitag stand Alfred Pfaff noch auf allen Spielplänen, vierundzwanzig Stunden später saß er mit einer „Knöchel-Geschichte" auf der Tribüne. (Zum Training kam er in der vergangenen Woche nicht.) Gestern noch auf stolzen Rossen, heute in den Knöchel geschossen.

Das kommt manchmal über Nacht, Etwas Ähnliches muß mit dem VfB Stuttgart geschehen sein. Die Mannschaft, von der man gesagt hatte, sie glaube noch an den zweiten Platz in der Endabrechnung und käme geladen wie ein Pulverfaß an den Riederwald, machte manchmal den Eindruck, als war sie samt und sonders vom Hexenschuß geplagt. Ihre Schüsse waren bestimmt verhext. Der eine, der seinem Ziel am nächsten kam, lag etwa einen halben Meter über der Torlatte. „Wir hätten noch wochenlang so weiterspielen können", gaben sie später zu, „ohne zu einem Tor zu kommen."

Die größte aller Ueberraschungen sind aber die vier Treffer der Riederwälder. Weitere vier standen kurz vor der Vollendung, und wurden dem VfB sozusagen auf dem Gnadenwege erlassen. Man denke nur an die ersten Minuten. Ehe der VfB halbwegs zu sich kam, hatte Weilbächer dem staunenden Sawitzki eins aufgebrannt, daß dieser sich die Hände rieb, hatte Lindner in bester Position erst über den Ball und dann über das Tor gefeuert, hatte der entfesselte Kreß zweimal knapp verfehlt. Nein, es waren mehr als vier Treffer, die dem VfB erlassen wurden. Es war ein ganzer Sack voll; denn genau so dicke und dickere Chancen folgten.

Bei den Treffern, die den Stuttgartern nicht erspart bleiben konnten, handelte es sich beileibe nicht um die dicksten. An den ersten dachte kein Mensch. Der Ball schien längst bei Sawitzki oder Dornhecker gut aufgehoben. Da fuhrwerkte Meier dazwischen und riß das Leder in den leeren Kasten. Der zweite war nichts weiter als ein Monstre-Abschlag von Loy bis in die Nähe des gegnerischen Strafraums, ein Kurvenlauf von Lindner, der zwischen Sawitzki und Schlienz im rechten Moment zur Mitte paßte und ein kinderleichter Innenrist-Schnß von Geiger. Beim dritten kollidierten Geiger und Bühler unter dem Ball und wunderten sich beide, als sie selbigen plötzlich im Netz wieder fanden. Und der vierte, ein Nachschuß von Lindner nach Schuß von Meier war so etwas wie ein Trostpreis für den „Buam", dem vorher bei einer viel größeren Leistung der Torpfosten dazwischenkam.


Geiger gibt Schlienz das Nachsehen

Und dies alles ohne Pfaff und Feigenspan! Einige Leute behaupteten, sie hätten ihr Fehlen gar nicht bemerkt. Dem muß man widersprechen. Man merkte schon, daß es an großen Einfällen mangelte, wie sie nur dem Alfred zufliegen; man merkte aber auch, daß es nie eine tote Stelle gab im Eintrachtspiel. Es lief ständig alles auf höchsten Touren, und es lief alles wie enthemmt. Außer dem Ball freilich, der oft übers Feld holperte wie ein Osterei. 6000 Zuschauer erlebten die unbekannte Eintracht. Wer konnte wissen, wieviel Courage, Tatendrang und durchschlagende Kraft in dem Reserve-Linksaußen Meier steckte, der im Stile eines Preßlufthammers auf Retter eindrang, die meisten Zweikämpfe gegen seinen ruhmbedeckten Widersacher gewann und überall nach neuen Zweikämpfen suchte, um sein Mütchen zu kühlen? Mensch Meier, wie haste dir verändert. Dazu so ein helles Köpfchen, wie Lindner, mit dem der große „Stand"-Stopper Robert Schlienz zeitweilig recht wenig anzufangen wußte, und der entfesselte Kreß — das hätte fast schon genügt, um Stuttgarts verträumte Abwehr zu spalten. Das bißchen, was noch fehlte, erledigten Geiger, der als linker Verbinder nach mehrwöchiger Krankheit natürlich seine Anlaufzeit brauchte, und Weilbächer, dem zwar selten etwas gelang, der aber immerhin mitschaffte.

Die Riederwälder Abwehr konnte sich darauf verlassen, daß sich der VfB-Sturm von selbst festkombinierte. Obwohl Wlokas „Wunderknie" schon von der sechsten Minute an streikte, konnte er ruhigen Gewissens seinen Mittelläufer-Posten beibehalten. Was anfiel, erledigte er mit einem Bein, oder seine Nebenmänner und der todsichere Loy erledigten es mit. Je besser es jedoch in der Abwehr klappte, um so mehr fiel auf, wie unsauber die Außenläufer zuspielten. Eigenbrodt fing zwar ermutigend an, ließ sich aber später immer mehr von dem zerfahrenen Schymik anstecken. Schade, als Defensivkraft ist dieser Eigenbrodt geradezu eine Entdeckung.

Daß die Stuttgarter ihre großen Ziele nicht vergessen hatten, stellte sich erst heraus, als sich Robert Schlienz kurz nach der Pause in die Angriffsmitte nach vorn warf. Nach dem dritten Tor aber gab's auch der Robert auf. Am Riederwald war diesmal nichts zu holen. Wenn ein Stopper beinahe ein Tor geschossen hätte, dann war es Wloka, der sich gegen Ende nach Rechtsaußen schlug und hier noch manchen Gegner umhumpelte. (Ludwig Dotzert in 'Der neue Sport' vom 13.05.1957)

 

 

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