Eintracht Frankfurt - Arsenal
London |
Freundschaftsspiel 1956/1957
0:2 (0:0)
Termin: 05.05.1957 im Stadion
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Dusch (Kaiserslautern)
Tore: 0:1 Bloomfield (50.), 0:2 Holton (82.)
Eintracht Frankfurt | Arsenal London |
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Trainer | Trainer
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Arsenal war der Traum unserer Väter Das also war Arsenal London — für unsere Väter der Inbegriff des englischen Fußballs und damit des Fußballs überhaupt. Einmal Arsenal London sehen und dann sterben! So schlimm war es zwar nicht. Aber die „Gunners" aus Highbury geisterten in den Wunschträumen unserer Väter an allervorderster Stelle. Wir träumen heute vom anderen Dingen, und wenn wir vom Fußball träumen, dann von einem anderen Fußball als dem, den die Londoner hier zeigten. Eine gute Mannschaft, solides Material — darüber brauchen wir uns nicht zu streiten. Aber man sieht sich an der nüchternen Spielart der Engländer eben doch schnell satt. Die klaren, schnellen und flachen Pässe münden oft in ein ermüdendes Schema ein. Aber wenn man sich im Mittelfeld für die handwerklich gediegene Arbeit der Engländer noch begeistern kann, dann kommt man doch um die Feststellung nicht herum, daß sie vor dem Tor eben auch keine Bäume ausreißen. Am Strafraum erweist sich aber erst die Klasse einer Mannschaft.
Die Frankfurter Fußballzuschauer sahen es schon beim Städtespiel zwischen Frankfurt und London. Sie sahen es als Fernsehseher am Samstag beim englischen Cup-Finale zwischen Manchester United und Aston Villa, und sie sahen es am Sonntag im Frankfurter Stadion. Die Eintracht spielte die besseren Torchancen heraus. Aber Weilbächer und Lörincz, Sztani und Pfaff konnten den Ball bei diesen herrlichen Gelegenheiten nicht ins englische Tor feuern. Und so gewann Arsenal 2:0. Es war kein begeisternder Sieg. Aber schließlich doch das gerechte Ergebnis. Die Eintracht hatte an diesem Tag kein Glück. Nicht auf dem Spielfeld, nicht mit dem Wetter und nicht mit den Zuschauern. Die Londoner Elf kostete einen Batzen Geld. Aber es fanden nur 12.000 Zuschauer ins Stadion. Sie standen auf den Rängen und fröstelten. Petrus hatte sogar die Stirn, es in der zweiten Halbzeit ein wenig schneien zu lassen. Wir hätten der Eintracht von Herzen mehr Glück gewünscht. In jeder Beziehung. Es ist immer schön, wenn die Initiative eines Vereins belohnt wird. Daß die Eintrachtstürmer kein Tor schossen, lag nicht nur daran, daß ihnen die Glücksgöttin jeden Beistand versagte. Da war auch eine Portion Unvermögen im Spiel. Dabei begann die Eintracht wie an ihren besten Tagen. Das Leder rollte mit einem Schwung durch die Reihen der Riederwälder, daß die Anhänger der Mannschaft beglückt strahlten. Alfred Pfaff regelte mit bewährter Meisterschaft den Verkehr. Der kleine Wirbelwind Lörincz am linken Flügel ging auf die Ideen Alfreds einfühlsam ein. Er startete im rechten Moment in die Vorlagen hinein und donnerte auch schon nach ein paar Minuten einen kapitalen Schuß knapp am Pfosten vorbei. Auch mit den beiden anderen Ungarn fand Pfaff sofort guten Kontakt. Der rechte Flügel lebte zunächst nur von der Schnelligkeit und dem Unternehmungsgeist von Richard Kreß. Die Arsenal-Abwehr schwitzte ganz schön, wenn der Eintracht-Angriff antanzte. Ein paar mittelprächtige Chancen strichen noch vorbei, und dann war die erste Viertelstunde vorüber. Das wäre nicht so schlimm gewesen. Denn da blieben ja immerhin noch 75 Minuten. Aber leider war auch die beste Zeit der Eintracht vorbei. Die Zuschauer, die in der ersten Viertelstunde mit erhobenem Zeigefinger und beziehungsvollen Stirnrunzeln — so laut, daß es auch jeder hören konnte — gesagt hatten: "Ja, ja, die Ungarn!", die mußten nun bei den drei dunkelhaarigen Söhnen der Pußta die ersten Abstriche machen.
Mit Linksaußen Lörincz klappte es auf einmal nicht mehr so recht. Er flitzte noch frisch und feurig los, der Bursche. Aber seine Pässe kamen nicht mehr an, und an seinem Gegenspieler Charlton konnte er sich auch nicht mehr vorbeidrücken. Mittelstürmer Sztani jonglierte das Bällchen elegant und er sah auch meist, wohin er das Bällchen zu spielen hatte. Aber es dauerte alles ein bissel sehr lang — ein bissel zu lange. Von den drei Ungarn, deren Können wie Juwelen zu blitzen schien, blieb nur der linke Läufer Hanek als wertbeständiger Mann, Der Junge spielte klug und geschmeidig. Er gehörte zu den besten Spielern der Eintracht. Das eigentliche Verhängnis für die Eintracht war, daß es bei Pfaff nicht mehr so recht klappte. Der Alfred schonte sich nicht und er überblickte auch die Situation mit dem angeborenen durchdringenden Blick. Aber seine Pässe kamen nicht mehr dahin, wo der Alfred das Bällchen gerne hingehabt hätte. Da Weilbächer schwach spielte, blieb nur die Initiative von Kreß. Aber das war zu wenig, um die Arsenal-Deckung weiterhin so ernsthaft zu erschüttern wie zu Beginn des Spiels.
Die Engländer erinnerten sich in der 28. Minute daran, daß sie auch in Deutschland unter dem Namen „Gunners" bekannt sind. Die „Kanoniere" hatten bis dahin den Ball vor dem Tor so liebevoll behandelt, daß man beim besten Willen nicht von einem Schuß sprechen konnte. Da jagte der rechte Läufer Holten — mit seinem musterhaften Paßspiel und seiner auffälligen Spielintelligenz der weitaus beste Spieler Arsenals — einen Schuß auf den Kasten, daß dem guten Egon Loy das Leder vor Schreck aus den Armen rutschte. Der Halblinke Bloomfield schickte gleich darauf noch ein Geschoß ähnlichen Kalibers hinterher. Die beiden Schüsse waren das Beste, was Arsenal bis dahin gezeigt hatte. Allzuhäufig ließen sich die Londoner aber nicht zu solchen „Exzessen" hinreißen. Kapitulieren mußte Loy erst kurz nach dem Wechsel, als Bloomfield ihm nach einem kurzen Geplänkel das Leder ins Netz knallte. Wloka rettete dann noch einmal auf der Linie. Wenig später vergaß der ansonsten sehr gute Schiedsrichter Dusch bei einem Foul von Bowden an Kreß einen klaren Elfmeter zu pfeifen. Dann raste Pfaff mit dem Ball aufs Tor zu. Doch er hob das Leder weit über die Latte. Tja, und da schossen die Engländer dann zum Schluß noch ein Törchen. Nicht durch einen der wenig überzeugenden Stürmer. Nein, durch jenen Läufer Holten, der allerdings von Haus aus Stürmer ist. Die Eintracht-Abwehr wurde mit diesem einfallslosen und viel zu langsam operierenden Angriff denn auch recht gut fertig. Der eiserne Hans Wloka übertraf seine Verteidiger-Kollegen Bechtold und Höfer, der allerdings einige große Szenen hatte. Ausgezeichnet auch Schymik. Auch Arsenal-Manager Crayston, der übrigens 1935 in London als Außenläufer der Gegenspieler von Eintracht-Präsident Gramlich bei der 0:3-Niederlage der deutschen Nationalelf war, war mit seiner Elf nicht ganz zufrieden. Sie habe das Tempo zu sehr schleppen lassen, meinte er. Die Eintracht habe einen geschickten Fußball gespielt, der aber auch zu umständlich angelegt gewesen sei. Insgesamt sei es jedoch ein interessantes Spiel gewesen. Da hat er recht, der Mister Crayston. Begeisternd war es nicht. Aber interessant auf jeden Fall. Leider hat die Eintracht die greifbare Gelegenheit vertan, einen Sieg über Arsenal London in ihre Rekordliste einzutragen. (Günther Wölbert in 'Der neue Sport' vom 06.05.1957)
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