Eintracht Frankfurt - 1. FC Nürnberg

Oberliga Süd 1956/57 - 23. Spieltag

1:2 (0:2)

Termin: 17.03.57
Zuschauer: 40.000
Schiedsrichter: Dusch (Kaiserslautern)
Tore: 0:1 Glomb (24.), 0:2 Morlock (35.), 1:2 Hans Weilbächer (80.)

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Eintracht Frankfurt 1. FC Nürnberg

 


  • Schaffer
  • Ucko
  • Vetter
  • Schober
  • Knoll
  • Kreißel
  • Schmid
  • Morlock
  • Glomb
  • Schweinberger
  • Müller

 

Trainer Trainer
  • Franz Binder

 

Der große Mißgriff: Stürmer Schymik

Die Eintracht hatte recht getan. Allen Unkenrufen zum Trotz — die gab es nämlich —, kamen bei schlechten Wetterverhältnissen ca. 40.000 ins Frankfurter Stadion. Die Anfahrtsmöglichkeiten waren weitaus besser als zum Riederwald-Sportplatz. So brauchte unser Wagen von der Hauptwache bis vor die Tribüne genau elf Minuten! Man kann den Vereinen nur empfehlen, große Spiele ins Stadion zu legen. Zum Spiel selbst kann man sagen, daß man es in fünf Abschnitte einteilen möchte.


Schaffer klärt vor
Schymik und Geiger

Der erste Abschnitt war genau eine Viertelstunde lang. In dieser Viertelstunde sah sich der Club eindeutig in seine Hälfte eingeschnürt, die Eintracht drängte auf den Führungstreffer, und Schaffer mußte sein ganzes Können einsetzen. Als Feigenspan in der 7. Minute durchgebrochen war, mußte Schaffer sogar nachgreifen, um den Ball unter Kontrolle zu bringen. Ja, das Glück stand ihm zur Seite: durch leichtsinniges Spiel von Knoll und Ucko bot sich Geiger freie Bahn. Dessen Flanke faustete Schaffer Kreß genau vor die Füße, der sich dafür erkenntlich zeigte und den Nachschuß Schaffer haargenau auf den Leib jagte (13. Minute). Das Fazit dieses ersten Abschnittes: die Club-Abwehr sah nicht gut aus, im Sturm war alles zu sehr auf Morlock zugeschnitten. Bei der Eintracht fiel Kreß durch seine gefährlichen Vorstöße aus der Tiefe des Mittelfeldes auf.

Der Club übernimmt das Kommando

Damit ist der zweite Abschnitt schon umrissen. Seine Zeit dauerte von der 15. bis zur 37. Minute. Die Eintracht ließ sich vom akkuratem Zuspiel der Nürnberger überrumpeln. Und schon fragte man sich, warum man Schymik als Stürmer aufgestellt hatte. Denn Schymik spielte nicht, wie man aus der Aufstellung vermutet hatte, offensiver Läufer und Weilbächer defensiv, damit Bechtold I Morlock genau bewachen konnte. Nein, die Eintracht griff mit fünf Stürmern an. Dazu kam, daß Bechtold I Morlock zuviel Bewegungsfreiheit ließ, und das sollte sich bitter rächen! Noch ging es gut, denn Schweinsberger vergab kläglich in der 20. Minute eine herrliche Chance, aber in der 24. Minute schlug es zum ersten Male bei der Eintracht ein. Niemand dachte an etwas Böses, da schob sich Morlock (wo war Bechtold I?) an die Strafraumgrenze, spielte den Ball an Glomb ab und genau von der linken Strafraumecke ließ der Mittelstürmer einen Bombenschuß los, der Rothuber etwas zu überraschen schien.

Die Eintrachtabwehr war erschüttert, Bechtold II schlug Müller in die Beine und kam mit dem Linksaußen überhaupt nicht zurecht. Wloka wußte nicht, wen er zu bewachen hatte, denn Glomb zog sich in den Hintergrund zurück, dafür bildeten Morlock und Schweinsberger wechselseitig die Sturmspitze. Der kleine Kreisel erhielt für seine klaren Vorlagen Sonderbeifall. Schwerer hatte es Rechtsaußen Schmid bei Höfer, der klaren Kopf bewahrte. Immerhin gelang es Schmid, in der 37. Minute den Ball an Höfer vorbeizuziehen, Schweinsberger lenkte ihn prompt an Morlock weiter, der wieder von Bechtold I nicht bewacht wurde. Morlock hob den Ball mit der Fußspitze über den herauslaufenden Rothuber. Das 0:3 war geschehen.

Der dritte Abschnitt war kurz, er wurde vom Pausenpfiff beendet. Verzweifelt versuchte die Eintracht das Rad herumzureißen. Schaffer stand wieder unter Druck, und wer weiß, wie alles weitergelaufen wäre, wenn Kreß nicht den Pfosten getroffen hätte, als sein Schuß an dem herausstürzenden Schaffer vorbeigelaufen war. Zu allem Eintrachtpech rollte der zurückprallende Ball genau in die Hände des am Boden liegenden Schaffer.

Der vierte Abschnitt begann mit der 46. Minute und endete mit der 79. Minute. Dieser Abschnitt ging deutlich an die Eintracht, denn der Club glaubte, er könne sich auf dem 2:0-Vorsprung ausruhen. Die Ueberlegenheit der Frankfurter war nicht zu leugnen, doch sie kämpften zu wenig und resignierten zu früh. Selbst die Umstellung Feigenspan (Mittelstürmer), Kreß (Halbrechter), Schymik (Rechtsaußen) änderte nichts. Kreß schien verärgert, daß ihn einige Sachen mitglückt waren und die Nürnberger ihm oft hart in die Beine fuhren. Und was war mit Pfaff los?

Pfaff blieb unter Herbergers Augen matt, farblos und hatte keine Hoffnung auf eine Wendung mehr. Damit hing Geiger in der Luft. Und Feigenspan war gegenüber den cleveren Club-Verteidigern zu unerfahren. Immerhin schlug er Vetter manches Schnippchen. Was nutzte es, die Eintracht hatte an diesem Sonntag keinen Sturm.

Die ersten Zuschauer verließen schon das Stadion, der Club wehrte pomadig ab und dachte schon an die Heimreise. Da riß Weilbächers Vorstoß und Gegentreffer (79. Minute) den Spitzenreiter aus allen Träumen. Damit kam der fünfte Abschnitt: Wloka ging nach vorne, Weilbächer drängte, aber zu spät das alles. Genau achtzig Minuten hatte der Sturm durchsichtig, zu schablonenhaft gespielt. Jetzt rissen sich die Nürnberger noch einmal zusammen und konterten geschickt. So mußte Rothuber kurz vor dem Abpfiff einen tückischen Schuß Müllers abwehren.

Das Fazit der neunzig Minuten: Die Aufstellung Schymiks als Stürmer war ein Fehlschlag und unserer Meinung nach die eigentliche Ursache für die Niederlage. Weilbächer hätte im Sturm mehr Wirbel gemacht. Der Club war mannschaftlich ausgezeichnet, die Verständigung klappte den Spielern weitaus besser. Der Club war ein Team. Sehr sicher Schiedsrichter Dusch, der, als die Nürnberger härter wurden, schnell Zugriff und alles pfiff. (Horst Kickhefel in 'Der neue Sport' vom 18.03.1957)

 

 


 

 

 

Kluge Ankurbler: Kreißel, Schober

Edi Schaffer hatte einen Glanztag

R. LUDWIG: Morlock brachte Schmid, Müller gut ins Spiel - Der Fehlgriff mit Schymik

Eintr. Frankfurt — 1. FC Nürnberg 1:2 (0:2)

Frankfurt (Eigener Telefonbericht). — Wäre das Wetter so schön gewesen wie in den letzten Sonntagen zuvor, so hätte der Besuch des 1. FC Nürnberg im Frankfurter Stadion mehr als 40.000 Zuschauer versammelt. Da es aber bis kurz vor Spielbeginn geregnet hatte, mag dieser Umstand dazu beigetragen haben, daß Tausende dem Treffen fernblieben.

Ein steifer Wind wehte über das Spielfeld. Nürnberg schoß in der ersten Hälfte die spielentscheidenden Tore, während die Frankfurter erst zehn Minuten vor Schluß zum Anschlußtreffer kamen. Die Auseinandersetzung hatte nicht das hohe Niveau des Kampfes, der vor wenigen Wochen auf dem Bieberer Berg zwischen den Offenbacher Kickers und dem Karlsruher SC abrollte. Gern wollen wir dabei aber berücksichtigen, daß der nasse Boden an alle 22 Akteure hohe Anforderungen stellte. Dennoch war nicht zu verkennen, daß auf beiden Seiten das Spiel nicht so lief, wie man es gern gewünscht hätte.

Nürnberg hat in jeder Hinsicht verdient gewonnen. Vor allem wohl deshalb, weil die Frankfurter Eintracht die Form der letzten Wochen nicht erreichte. Warum man den ausgezeichneten Läufer Schymik in den Sturm auf halbrechts genommen hatte (im zweiten Teil versuchte er sich sogar als Flügelstürmer, aber nur mit wenig Erfolg), bleibt ein Rätsel. Das ganze Eintracht-Mannschaftswerk schien stark gehemmt.

Im Sturm wollte nichts gelingen, so sehr sich Pfaff einsetzte und alles mögliche versuchte. In der Verteidigung schlug Bechtold II beinahe jeden Ball zu einem Nürnberger Gegner. Wloka hatte es, ohne ein Ausfall zu sein, gegen Glomb recht schwer. Nur Höfer genügte den Ansprüchen, wenn er auch die Form, die er während der Olympischen Spiele aufwies, noch längst nicht wieder erreicht hat. Dagegen war Bechtold I in der gewohnt guten Verfassung. Weilbächer als Läufer gab sich viel Mühe, aber beide wurden von den Nürnbergern Schober und Kreißel übertroffen, die das Mittelfeld beherrschten. Schober wirkt auffälliger, Kreißel erreicht die gleiche Wirkung mit einfachen Mitteln. Er spielt immer schnell, rechtzeitig und genau ab. Er ist eben das, was man einen „Fußballer mit Köpfchen" nennt.

Der Nürnberger Angriff sprühte von Einfällen, aber den Außenstürmern Schmid und Müller fehlt doch noch einiges, um sich im harten Kampf erfolgreich durchzusetzen, um ab und zu einen überraschenden Zug vorzubereiten und auch überraschend zu schießen. Aber Könner sind alle beide, das haben sie auch diesmal bewiesen. Morlock hat von seiner alten Spritzigkeit einiges verloren, besonders im Kopfballspiel ist er nicht mehr so wirkungsvoll wie zu den Tagen der Weltmeisterschaft. Aber als Dirigent ist er immer noch ungemein wertvoll. Insgesamt hat die Nürnberger Mannschaft bewiesen, daß sie nicht von ungefähr Tabellenführer ist. Nicht vergessen sein soll die ausgezeichnete Drei-Verteidiger-Reihe Ucko, Knoll (der besonders) und Vetter, sowie Schaffer im Tor, der einen Glanztag erwischt hatte und dem auch zuweilen das Glück des Tüchtigen zur Seite stand, als kurz vor der Pause ein Schuß an den Innenpfosten und von da in seine Arme sprang und dann im zweiten Teil, als einer der gefürchteten Freistöße von Pfaff ebenfalls an den Pfosten knallte.

Die Eintracht hatte auffallend viele Schwächen. Besonders wenn der Nürnberger Sturm in ihren Strafraum kam, ließen sich die „Adlerträger" leicht in Verwirrung bringen. Das wurde erst im Laufe der Zeit besser, aber da stand es bereits 2:0 für die Gäste aus der Noris. Ueber die Läuferreihe ist schon gesprochen worden. Der Sturm scheiterte an der absolut sicheren Nürnberger Deckung und Hintermannschaft, wenn er auch mitunter etwas Pech hatte. Wie gesagt, hat sich die Aufstellung von Schymik im Sturm in keiner Weise bewährt. Das mag mit dazu beigetragen haben, daß das ganze Räderwerk des Eintracht-Spiels nicht so ineinandergriff wie sonst.

Das von dem Kaiserlauterer Dusch ausgezeichnet geleitete Treffen sah eigentlich immer die Nürnberger als Herren der Lage, wenn es auch vor ihrem Tor oft gefährlich zuging. An einem Sieg der Gäste zweifelte eigentlich niemand.

Die Tore fielen wie folgt: in der 24. Minute hatte sich Glomb von der Mitte aus nach links abgesetzt, wo ihn eine weite Vorlage erreichte, die er in direktem Schuß hoch auf das Eintracht-Tor setzte. Der überraschte Rothuber streckte sich vergebens, der Ball fing sich im Netz.

In der 35. Minute war das Spiel bereits entschieden. Nach einem Zusammenspiel zwischen Schweinberger und Müller kam Morlock an den Ball und hob ihn über den herausstürzenden Rothuber ins Tor.

In der zweiten Hälfte wäre eigentlich ein Elfmeter für Nürnberg fällig gewesen, als es ein Foul im Eintracht-Strafraum gab. Aber Dusch verlegte den Totort auf die Strafraumgrenze. Das wahr wohl der einzige Fehler, den er in diesem Spiel beging.

Zehn Minuten vor Schluß gab Pfaff von rechts her einen hohen Ball in den Nürnberger Torraum und von der Stirn des hochspringenden Weilbächers spritzte er zum 1:2 ins Netz.

 

 

Herberger „Das bessere Zusammenspiel entschied"

K.KERN: Kress läuft zuviel mit dem Ball - Weilbächer, Pfaff!

Frankfurt (Eigener Bericht). — Die Verantwortlichen der Frankfurter Eintracht kamen mit einem lachenden und einem weinenden Auge in die Kabinen:

Trotz des regnerischen Wetters waren genug Fußballenthusiasten ins Stadion gekommen. Finanziell ein Erfolg, aber von der Leistung der Eintracht war man heute enttäuscht.

„Allerdings", meinte Trainer Patek, „darf man nicht übersehen, daß wir dauernd Ausfälle haben. Wir sind eine ,Gips-Mannschaft'. Im übrigen geht der Nürnberger Sieg in Ordnung. Ein Unterschied zeigt sich schon in den beiden Torleuten. Bei uns war alles zu aufgeregt. Weilbächer gefiel auf seinem Posten, auch Kreß, der den Ball allerdings früher abgeben muß. Bis zum ersten Nürnberger Tor dachte ich nicht, daß wir dieses Treffen verlieren würden. Club-Torwart Schaffer war überragend."

Auch Spielausschußchef Ernst Berger war unzufrieden: „Wir haben zuviel Verletzte. Das geht doch schon die ganze Saison so. Nürnbergs Schaffer hat den Strafraum beherrscht und er hatte einen großen Verdienst am Sieg."

Eintracht-Vorsitzender, Altinternationaler Rudi Gramlich, anerkannte das bessere mannschaftliche Zusammenspiel der Gäste: „Aber das erste Tor gegen uns kam zu schnell. Schaffer im Nürnberger Tor gut. Das Glück steht halt dem Tüchtigen eher zur Seite. Bei uns Bechtold I und Wloka gut."

In der Nürnberger Kabine war man der Meinung: Nach dem heutigen doppelten Punktgewinn ist mindestens der zweite Platz so gut wie sicher. Trainer „Bimbo" Binder hob das bessere Mannschaftsspiel seiner Elf hervor, das die Grundlage für den Sieg war: „Die Hauptsache sind natürlich die beiden Punkte. Der Frankfurter Läufer Bechtold hat mir sehr gut gefallen. Auch der linke Flügel Geiger-Pfaff."

Nürnbergs 2. Vorsitzender, Rechtsanwalt Müller, bemerkte: „Es war ein spannendes Spiel. An Kampfgeist ließen es die Frankfurter wahrhaftig nicht fehlen. Aber Kampfgeist allein bringt eben nichts ein. Gut bei uns Kreißel, dann Schaffer im Tor, auch Morlock hat seine alte Form wiedergefunden."

Mittelstürmer Glomb meinte: „Wir haben besser zusammengespielt. Es war ein richtiger Team-Sieg. Beste Frankfurter Weilbächer und Pfaff, Kreß läuft zuviel mit dem Ball."

Sepp Herberger und Helmut Schön hielten Nürnberg als den verdienten Sieger und das Ergebnis so für richtig. „Das bessere Zusammenspiel der Gäste", meinte Sepp Herberger, „gab den Ausschlag zum späteren Punktgewinn." ('Sport-Magazin' vom 18.03.1957)

 

 

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