Jahn Regensburg - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1956/57 - 20. Spieltag
1:3 (0:0)
Termin: 10.02.1957
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Handwerker (Ketsch)
Tore: 0:1 Dieter Lindner (60.), 1:1 Hubeny (67.), 1:2 Helmut Geiger (69.), 1:3 Helmut Geiger (89.)
Jahn Regensburg | Eintracht Frankfurt |
|
|
Trainer
|
Trainer |
Junger Debütant: Lindner Ein Seufzer der Erleichterung entrang sich mit dem Schlußpfiff der kleinen Eintrachtgruppe, die sich zu Füßen der Tribüne wie eine Schar verängstigter Küken zusammendrückte: „Endlich mal wieder Glück gehabt." So weit ist es also mit den Riederwäldern gekommen. Sie reden schon von Glück, wenn sie nur das erhalten, was ihnen zukommt. In Regensburg ist kein Tor zuviel für die Eintracht gefallen und keins zuwenig für die Regensburger. Die Bilanz stimmt bis auf die 90. Minute, in der Geiger den Ball gerade noch rechtzeitig zum drittenmal unterbrachte. Es war ein Tag voller Lichtblicke. Gerade an den Stellen, um die sich Trainer und Spielausschuß die größten Sorgen machte, blitzte es am hellsten. Daß der Geiger endlich einmal alle versteckten Schönheiten seines Talentes zeigte, ist schon angedeutet. Wo findet sich ein Psychotherapeut, der diesen begabten Jungen endgültig enthemmt. Wenn er seine Komplexe abschüttelt, rückt er mit einem Schlag in die Kategorie von Richard Kreß und Alfred Pfaff auf, zumal er von beiden etwas hat, von Pfaff das Undurchschaubare im Kampf Mann gegen Mann, von Kreß die Zähigkeit und den Eifer. Geigers Gegner Pletz, ein talentierter Springinsfeld, der jedoch noch zu unbedacht handelt, wußte manchmal weder ein noch aus.
Noch überraschender als die Soll von Geiger aber war die Antrittsvorstellung des 18jährigen Lindner, dem man nach langem Zögern den Mittelstürmerposten übertragen hatte. Lindner kam nur deshalb in die Mannschaft, weil Weilbächer ausfiel. Warum nur deshalb, muß man nach Regensburg fahren. Seine Begabung drängt sich auf. Polierte Ballbehandlung, Blick für die Situation, gesundes Selbstbewußtsein, harter Schlag und gezielter Schuß — alles in allem eine ausgesprochene Stürmerveranlagung. Was daraus wird, kommt auf ihn selbst an. Für diesmal genügte es schon, um die Lücke im Sturm zu schließen. Und — falls es den Charakter des jungen Mannes nicht verdirbt — noch ein Lob. Einer Angriffsreihe, in der man sich so ungern vom Ball trennt, kam sein schnelles, wenn auch manchmal noch überhastetes Abspiel sehr zustatten. Jetzt aber Schluß mit ihm. Das heißt ... er schoß auch den Führungstreffer der Eintracht, schoß ihn, ohne sich durch den Anblick dreier Gegner beeindrucken zu lassen, nach einer Vorlage von Kreß sauber in die schmale Oeffnung zwischen Torpfosten und Tormann und schien das ganz selbstverständlich zu finden. Die übrigen Tore sind das Werk von Geiger, der sich mit den schlaksigen Beinen voraus in die Flugbahn einer Pfaff-Flanke stürzte und ganz zum Schluß mit leicht lädiertem Bein über die ganze Regensburger Hälfte trabte und sich schließlich auch von Niemann, der sich ihm zu Füßen warf, nicht mehr rühren ließ. Was sagste nun! Das übrige ist von anderen Spielen her bekannt. Es lief trotz des aufgeweichten Bodens so, wie es an guten Tagen bei der Eintracht läuft. Pfaff ordnete, Kreß brach auf. Wloka tobte seinen Ehrgeiz mit besonderer Hingabe aus, wie immer, wenn ihm ein Mittelstürmer von Rang und Namen (auch Hubeny ist trotz Bierbauch immer noch ein gerissener Bursche) begegnet. Und die Verteidigung einschließlich Torwartposten war besetzt mit lauter Vertrauenspersonen. Schade nur, daß dem guten Hermann Höfer beim direkten Schlagen des Balles hin und wieder peinliche Pannen unterliefen. Man sollte in seinem Wirkungsbereich ein Warnungsschild aufstellen: Achtung! Rutschgefahr! Einen Extraabsatz verdienen die Außenläufer. Schymik — in der Abwehr von jeher ohne Tadel — wird in letzter Zeit auch als Aufbauspieler immer reifer, und Bechtold I scheint an der Schwelle seines dritten Frühlings zu stehen. In Regensburg ging keine Spielszene vorüber, zu der nicht einer von beiden einen wesentlichen Beitrag geliefert hätte. So wurde Weilbächer, der in den beiden letzten Auswärtsspielen auch immer mehr als „Mittelläufer" operierte, nur selten vermißt. Unter diesen Umständen konnte Jahn nicht gewinnen. Die Regensburger drängten jeweils zehn Minuten zu Beginn und dann noch einmal etwas gedämpfter gegen Ende der beiden Halbzeiten. Das Kernstück des Spiels jedoch gehörte der Eintracht. Als es vor der Pause mit der komplizierteren Art des Kurzpaßspiels nicht klappte, schwenkten die Riederwälder konsequent um und fegten den Gegner mit Steilpässen durcheinander. In dieser Phase wurde Pfaff zur Hauptfigur. In diesem Spielabschnitt brach schließlich die wacklige Regensburger Abwehr, in der nur Lehrrieder und Niemann up to date waren, zusammen. Der Ausgleich von Hubeny, der nur einmal ungestört an den Ball kam, hatte nur geringe Bedeutung. Das 1:1 währte lediglich drei Minuten. Es kam zustande, als der Regensburger Sturm durch ein ganzes Bündel von gelungenen Direktpässen den Abwehrknoten der Eintracht schulgerecht aufgezupft hatte. Das können die Regensburger jedoch nur einmal in jedem Spiel. (Ludwig Dotzert in 'Der neue Sport' vom 11.02.1957)
|