Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1956/57 - 17. Spieltag

2:2 (1:1)

Termin: 13.01.1957
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Meißner (Nürnberg)
Tore: 0:1 Helmut Geiger (29.), 1:1 Beck (30.), 2:1 Kohn (71.), 2:2 Hans Weilbächer (90.)

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Karlsruher SC Eintracht Frankfurt

  • R.Fischer
  • Dimmel
  • Baureis
  • Roth
  • Hesse
  • Ruppenstein
  • Traub
  • Sommerlatt
  • Kohn
  • Beck
  • Termath

 


 

Trainer
  • Ludwig Janda
Trainer

 

Ausgleich in letzter Minute

Was müssen die 8000 Karlsruher, die trotz Schnee und Sturmgebraus in den Wildpark hinauswallten, um ihren KSC zum sechsten Male in ununterbrochener Reihenfolge siegen zu sehen, was müssen sie gelitten haben. Es war geradezu sadistisch, wie des Geschickes Mächte mit ihnen umsprangen. In der letzten Sekunde der letzten Minute rollte das Leder zum zweiten Tor der Eintracht in das Netz und der zweite Punkt für Karlsruhe rollte davon.

Sie konnten es nicht glauben, die Karlsruher, und noch einmal schoß ihnen ein Hoffnungsstrahl durchs Gebein, als Schiedsrichter Meißner abwehrend mit beiden Händen über dem Kopf herumfuchtelte. Vielleicht hatte er schon zum Schluß gepfiffen, bevor der Ball die Linie überschritt. Wer konnte das im Tumult des chaotischen Finales noch so genau unterscheiden? Erst als die Riederwälder, beschwingt wie junge Füllen, vom Platz sprangen, gab es keinen Zweifel mehr. 2:2 in der letzten Sekunde! Meißner (Nürnberg) wollte mit seinen Gesten nur andeuten, daß sich die Spieler nicht mehr die Mühe machen sollten, sich zum Anstoß zu formieren. Schlußpfiff und Torpfiff fielen zusammen. Tausende waren schon auf dem Heimweg. Nicht weil sie kalte Füße hatten, sondern weil sie einfach nicht mehr hinsehen konnten.

Die Eintracht rumpelte gegen Schluß in der gegnerischen Hälfte herum wie ein unschuldig Eingesperrter in seiner Gefängniszelle. Sie wollte aus dem Pech heraus, in dem sie seit Monaten steckt. Mit zwei Stoppern und vier Stürmern hatte sie angefangen. Mit neun Stürmern und überhaupt keinem Stopper hörte sie auf. Zuerst ging Weilbächer vor, der mit der Nummer 9 auf dem Rücken eine Stunde lang Wloka an der Strafraumgrenze zur Seite stand; kaum war er vorn, ging auch noch Wloka vor, ganz zu schweigen von den Außenläufern, die ohnehin nur noch stürmten. Es konnte nicht mehr lange dauern, da wäre auch noch Rothuber im gegnerischen Strafraum aufgetaucht. Die Eintracht spielte vabanque.


Adolf Bechtold klärt
vor Traub

Und so kurios sich das für die Zuhausegebliebenen anhören mag: das Ausgleichstor war ganz das Werk der beiden Stopper. Erst auf der Rückfahrt fing man an, sich zu wundern. Wie war das noch? Der Wloka wühlte durch den Schnee des Karlsruher Strafraums und preßte den Ball über einen gegnerischen Schuh hinweg in die Bezirke des Rechtsaußen, wo Weilbächer das „krumme Ding" auf gut Glück in Richtung Tor drosch. Tooor! An dem kleinen Wunder hatte freilich auch Karlsruhes Rudi Fischer seinen Anteil, dem justament in diesem Augenblick der einzige Fehlstart unterlief. Hans Wloka und Hans Weilbächer fielen sich als erste in die Arme. Zweimal „Hans im Glück". Sie haben sich in Karlsruhe gefunden. Sie arbeiteten als „Doppelstopper" zusammen, als hätte die Eintracht seit Jahren nichts anderes getan. Der blonde Hans war als Kopfballspezialist für hohe Bälle und Luftkämpfe zuständig der eiserne Hans für das Parterre und die langen Spreizschritte, mit denen er die Bälle dutzendweise vor den schußbereiten Füßen hinwegstocherte. Es klappte nur zweimal innerhalb 90 Minuten nicht. Das erstemal, als Beck unmittelbar nach dem Führungstreffer der Eintracht einen schlecht gezielten Schuß von Termath zum Ausgleich an Rothuber vorbeidrehte, und dann, als Wloka statt Weilbächer in einen Luftkampf verwickelt wurde. Das Duell endete zugunsten Kohns, der den Ball mit prächtig aus der Hüfte herausgeholtem Schwung zum zweiten Karlsruher Tor über die Linie stieß.

Im übrigen war die verstärkte Abwehr der Riederwälder nahezu unverwundbar. Ein Pfostenschuß von Beck noch, ein weiterer Schuß von Karlsruhes Kunstschützen, den Rothuber im Reflex aus dem Winkel fischte, ein paar Fernschüsse, die auf dem Schnee allesamt ihre Tücken hatten —. das waren die Chancen der Karlsruher. Sie standen qualitativ und quantitativ in keinem Vergleich zu den Gelegenheiten der Riederwälder. die in der zweiten Halbzeit, ehe das große Glück geschah, noch einmal durch einen Riesenkübel voll Pech wateten.


Rothuber vor Beck, Horst
Bechtold ist Zuschauer

Die Riederwälder Abwehr glänzte beileibe nicht nur durch die Zahl. Gewiß, „Mittelstürmer" Weilbächer stand auf der Grenze des eigenen Strafraums. Dafür aber wagten sich die beiden Außenläufer von Anfang an um so weiter nach vorn, attackierten ihre ruhmbedeckten Gegner Beck und Sommerlatt schon in Nähe der Mittellinie, münzten jede Abwehraktion sofort in eine Angriffsaktion um, waren vorsichtig und draufgängerisch zugleich und bewegten sich auf dem glatten Boden wie Eiskunstläufer. Etwas mehr Präzision von Schymik beim Zuspiel und die Wonne wäre grenzenlos gewesen. Bechtold I erreichte besonders in der zweiten Halbzeit nahezu Idealform. Dazu zwei Verteidiger, an denen es selbst für Sprintertalente wie Termath und Traub kein Vorbeikommen gab, Bechtold II noch unnachgiebiger, härter und beherzter als Höfer — die Karlsruher konnten schließlich nur noch auf den Zufall hoffen.

Riederwalds Sturm freilich brauchte seine Zeit, ehe er sich daran gewöhnte, ohne Mittelstürmer auskommen zu müssen. Er litt außerdem arg unter den Schneeverhältnissen. Am weitesten kamen noch Pfaff und Geiger, die über entsprechende technische Hilfsmittel verfügten. Feigenspan und insbesondere Kreß liefen oft in die Irre, liefen aber so viel, daß sie zwischendurch manches Gute bewerkstelligten. Pfaff und Geiger schossen in Gemeinschaftsarbeit auch den Führungstreffer der Eintracht. Ein harter Schuß von Pfaff, der von Rudi Fischer ins Feld zurückprallte, schaffte Geiger endgültig ins Netz. ('Der neue Sport' vom 14.01.1957)

 

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