Freiburger FC - Eintracht Frankfurt |
Oberliga Süd 1956/57 - 10. Spieltag
7:1 (2:1)
Termin: 28.10.1956
Zuschauer: 14.000
Schiedsrichter: Meißner (Nürnberg)
Tore: 1:0 Faber (17., Elfmeter), 2:0 Faber (19.), 2:1 Eckehard Feigenspan (38.), 3:1 Däschner (54.), 4:1 Karch (57.), 5:1 Faber (60.), 6:1 Herr (72.), 7:1 Karch (87.)
Freiburger FC | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Richard Kreß wurde verletzt Unerklärlicher Kräfteverfall Der Reporter weiß, jetzt wartet alle Welt auf eine stichhaltige Erklärung. Es ist ein schweres Los, in diesen Fällen Reporter zu sein. Denn es gibt keine Erklärung. Es gibt keine, obwohl Richard Kreß in der 23. Minute verletzt vom Feld humpelte, obwohl man über den Elfmeter, der den Freiburgern das Führungstor einbrachte, streiten könnte, und obwohl der Platz grundlos war, wie ein Moor. Ein Zusammenbruch, wie er sich nach der Pause auf der Riederwälder Seite ereignete, ist einfach absurd. Man kann nichts erklären, man kann nur schildern, und auch das ist nicht so einfach. Die Riederwälder wirkten, als hätte man ihnen Schlafpulver in den Tee geschüttet, der in der Pause verabreicht wird. Viel Schlafpulver! Nicht, daß sie unter dem Eindruck des Aussichtslosen in Phlegma verfallen wären. Sie konnten einfach nicht mehr. Es machte ihnen Mühe, den Ball über eine Entfernung von mehr als fünfzehn Meter hinwegzubefördern. Es kostete sie Hekatomben von Energien, einen Spurt durchzustehen, und sie schienen überhaupt schon froh, sich noch aufrechterhalten zu können Jeder Zweikampf, jeder Kopfball, jeder Sprint ging an den Gegner, der beileibe auch nicht mehr ganz frisch war. Weilbächer wurde mit der Zeit zu einer Art tragischer Figur. Er kämpfte gegen seine Schwäche an wie ein Held und wurde von diesen Kämpfen immer noch schwächer. Es wäre also in höchstem Maße ungerecht, den Frankfurtern Mängel an Eifer und Einsatzfreude vorzuwerfen. Im Gegenteil, sie kämpften bis zum Umfallen. Im wörtlichen Sinn: Bis zum Umfallen! Mit weißen Trikots fingen sie an, mit schwarzen hörten sie auf. Sogar Pfaff half in der Deckung mit, und er mußte von Trainer Patek Mitte der zweiten Halbzeit persönlich nach vorn auf Linksaußen geschickt werden, um zu verhindern, daß auch noch die Freiburger Verteidiger mit in den eigenen Sturm vorrückten. Für diese Zustände gibt es keine Erklärung. Der Kräfteverfall griff um sich wie eine Epidemie. Der Bazillus muß den Riederwäldern schon im Blut gesessen haben, als sie auf den Platz liefen. Von Anfang an fehlte bei allem, was sie begannen, ein Gran Energie. Gewiß, der Boden war schwer, der Ball war schwer. Für jeden Schritt und für jeden Tritt brauchte man etwa das Doppelte an Kalorien wie unter normalen Verhältnissen, aber die Freiburger brachten diese Energie sicher auf. Man kann die Ueberlegenheit, die sie in dem ersten Teil der ersten Hälfte herauswirtschafteten, ganz simpel damit erklären, daß sie im Ballweitkick klare Vorteile hatten. Der Kontrast zwischen Höfer und seinem Gegner Faber kam hinzu. „Stift" Höfer hatte in den Hüften zu wenig Gelenk, um auf schlammigem Grund das Gleichgewicht zu halten. Er verlor bei allen Zweikämpfen gegen den leichtfüßigen Faber allein deshalb entscheidende Sekunden, weil er zu viel Zeit darauf verwandte, um in Balance zu bleiben. Im Bereich Höfer-Faber blitzten die ersten Gefahren für die Eintracht auf, und Faber war auch der Schütze der beiden ersten Tore, die den rapiden Prozeß der völligen Entnervung einleiteten. Zum ersten Treffer allerdings brauchten die Freiburger einen Elfmeter, und dieser Elfmeter war sehr hart, vielleicht zu hart. Höfer startete nach innen, als Mittelstürmer Karch sich nahe der Strafraumgrenze von seinen Bewachern befreite, und Höfers Anlauf war so scharf, daß ihm sichtlich die Beine unter dem Körper hinwegrutschten, mitten in die Karriere des Freiburger Mittelstürmers. Wieder der Morast! Und der Morast war zu einem guten Teil auch schuld, daß Tormann Loy, der sich durch eine Körpertäuschung des Schützen Faber leicht irritieren ließ, nicht mehr die Kurve bekam, um den schwach und schlecht gezielten Strafstoß zu erwischen. Beim zweiten Treffer aber machten sich bei der Eintracht schon Erschöpfungserscheinungen bemerkbar. Unbehindert konnte Faber einen Eckball einköpfen, unbehindert, obwohl die gesamte Eintracht-Abwehr im Strafraum versammelt war. Drei Minuten später ereignete sich der Unfall mit Richard Kreß, der mit einer Prellung am rechten Oberschenkel ausfiel. Die Entscheidung war gefallen. Bei dem Zwischenspurt, bei dem die Eintracht — nun mit zehn Mann — sich gegen ihr Schicksal aufbäumte, verpulverte sie ihr Letztes. Es gelang Pfaff zwar, seine Vorderleute in Schußposition zu bringen, aber die Vorderleute hatten keine Kraft im Schießen. Sie holten aus wie bei einem Freistoß, und sie brachten Schüsse zustande, die einer Rückgabe glichen. Nur Feigenspan brachte noch einmal so etwas wie eine Kraftentladung zustande. Das war das 2:1. Sein 16-Meter-Schuß flog von der Innenkante des Pfostens ins Netz. Als Meißner zur zweiten Halbzeit pfiff, war bei der Eintracht der absolute physische Nullpunkt erreicht. So ausnahmslos und so hart wurden die Riederwälder von „Influenza" geschüttelt, daß sich eine Einzelkritik erübrigt. Wloka, Kudraß, Loy und Feigenspan zappelten am längsten. Mehr kann man nicht sagen. Die Freiburger, die mit Faber einen perfekten Außenstürmer, mit Karch einen intelligent pendelnden Mittelstürmer und mit Fangmann einen Außenläufer besaßen, an dem selbst ein Kreß zerbrach, schossen drei ihrer Tore, obwohl sie von einem ganzen Pulk von Eintracht-Abwehrspielern umringt waren. Bei den anderen wiederum hatten die Schützen freien Raum wie auf einer Kegelbahn. (Ludwig Dotzert in 'Der neue Sport' vom 29.10.1956)
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