VfB Stuttgart - Eintracht Frankfurt |
Oberliga Süd 1955/56 - 22. Spieltag
3:0 (2:0)
Termin: 26.02.1956
Zuschauer: 11.000
Schiedsrichter: Handwerker (Ketsch)
Tore: 1:0 Hinterstocker (3.), 2:0 Hinterstocker (15.), 3:0 Hinterstocker (64.)
VfB Stuttgart | Eintracht Frankfurt |
|
|
Trainer
|
Trainer |
Drei Tore Hinterstockers Alfred Pfaff mit Influenza Der Funke zündet nicht mehr bei der Eintracht und wer kann ihr das verdenken? In diesem Stadium der Saison kämpften die Riederwälder ansonsten um einen der ersten Plätze im Süden. Die Enttäuschung über den Verlauf der diesjährigen Meisterschaftsrunde blieb nicht in den Trikots hängen. Der Motor kommt nicht mehr auf Touren. Im Stuttgarter Neckarstadion rannten die Frankfurter fast eine ganze zweite Halbzeit lang mit Hingabe gegen die Abwehr des VfB an und verschleuderten ihre Kraft auf dem schwierigen Schneeboden ohne Rücksicht auf Verluste. Das Fatale an diesem Kraftakt war nur, daß die Hintermannschaft des Gegners halb soviel Energie verbrauchte wie diejenigen, die auf sie eindrangen. Man rannte nicht an der Abwehr vorbei, sondern auf sie zu. Das war es! Es fehlte an Präzision und an jenem inneren Schwung, ohne den die Geistesblitze ausbleiben. Es fehlte auch an jenem Alfred Pfaff, von dem in den letzten Wochen die Fußballanhänger ganz Süddeutschlands sprachen. Der Alfred spürt noch immer die Influenza in den Knochen und wurde außerdem von einem jungen unverbrauchten und unbarmherzigen Bewacher gejagt, der nach jedem Erfolg im Zweikampf gegen seinen großen Widersacher breiter zu werden schien. Dazu kam des weiteren, daß Pfaff bei den Unebenheiten des Bodens den Ball nicht so feinfühlig behandeln konnte wie sonst und dadurch jene Zehntelsekunde bei jeder Aktion mehr verbrauchte, die ihm sonst den entscheidenden Vorsprung vor seinem Gegner verschafft. Trotz alledem, wenn der Alfred zum Zug kam, dann fielen auch Chancen an. Mit halbem Aufwand erreichte er oft mehr als alle seine Nebenmänner. Ausgenommen vielleicht Bäumler. Bäumlers fußballerische Qualitäten kommen manchmal nicht recht zur Geltung, weil es ihm als Mittelstürmer an einer ausreichenden Spitzengeschwindigkeit fehlt. Diesmal hatte er nun Schlienz zum Gegner, und auch Schlienz ist keiner von den schnellsten. So bekämpften sich die beiden unter den gleichen Voraussetzungen, und der Riederwälder fand endlich Gelegenheit, wieder einmal von seiner respektablen Schußkraft Gebrauch zu machen. Daß seine Schüsse allesamt zu hoch lagen, störte allerdings den günstigen Eindruck empfindlich. Bäumler hat seine Technik noch immer nicht den Schneeverhältnissen angepaßt. Die anderen brauchen halt den Alfred so dringend wie das tägliche Brot. Allein fanden sie nicht den Weg. Daß die Eintracht trotzdem insgesamt mehr vom Feldspiel hatte, will nicht viel bedeuten. Die scheinbare Ueberlegenheit beruhte auf den Serien von Kurzpäßchen, und viele davon waren reine Verlegenheitspäßchen, die keine Spur von echten Vorteilen einbrachten. Die Deckung schlug sich brav, und Schymik strebte sogar größten Außenläufervorbildern nach, als er sich sozusagen zwischen Abwehr und Angriff aufteilte und hier wie dort stets im rechten Augenblick erschien. Seine Stärke war die Kondition, seine Schwäche das unreife Abspiel. Immerhin die Aufwärtsentwicklung geht weiter. Bechtold I widerstand dem temperamentvollen italienischen Studenten Tagliaferri 80 Minuten lang durch Besonnenheit und kaltes Blut. Erst dann entwischte ihm der sympathische Feuerkopf zweimal, ohne allerdings Schaden anzurichten. Heilig hielt sich gegen Waldner in zweifachem Sinne stets aufrecht und sorgte dafür, daß der Schützling Herbergers diesmal im Durchschnitt steckenblieb. Kudraß schlug sich bieder und zuverlässig mit Hinterstocker herum. Daß Hinterstocker trotzdem sämtliche Treffer schoß, liegt weder an Kudraß noch daran, daß Hinterstocker eine außerordentliche Leistung vollbracht hätte. Der Stuttgarter Rechtsaußen kam nur immer gerade an jenen Stellen vorbei, wo einem Abwehrspieler der Eintracht ein Lapsus passierte. Zuerst brachte Schymik den Ball nicht weg, da er offenbar beim Schlagen mit dem Standbein leicht rutschte, dann hielt Rothuber einen gepfefferten Schuß von Strohmaier nicht fest, der so hart auf die Decke schlug, daß das Leder kaum festzuhalten war und schließlich traf Bechtold II das gleiche Mißgeschick wie Schymik. Auch ihm purzelte das Leder vom Schußbein. Dreimal befand sich Hinterstocker in unmittelbarer Nähe und dreimal handelte er geistesgegenwärtig und präzise. Der VfB schießt seine Tore allerdings sonst anders. Er spielt sie heraus. Ueberhaupt entstand oft der Eindruck, als hätten die beiden ewigen Rivalen ihre Rollen vertauscht. Während sich die Riederwälder bei einem unproduktiven Hin- und Hergeschiebe aufhielten, bevorzugte der VfB den steilen Angriff aus der Tiefe, ohne allerdings in diesem neuen Still voll zu überzeugen. Am besten paßten sich Retter, Schlienz und Simon der veränderten Lage an. (Ludwig Dotzert in 'Der neue Sport' vom 27.02.1956)
|