Viktoria Aschaffenburg - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1955/56 - 20. Spieltag

3:3 (2:3)

Termin: 05.02.1956
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Hubbuch (Bruchsal)
Tore: 0:1 Helmut Geiger (1.), 1:1 Neuschäfer (3. Elfmeter). 1:2 Erich Bäumler (25.), 2:2 Hauner (28.), 2:3 Erich Bäumler (39.), 3:3 Budion (72.)

>> Spielbericht <<

Viktoria Aschaffenburg Eintracht Frankfurt

  • Paßler
  • Mirsberger
  • Buller
  • K.Schmitt
  • Hoffmann
  • Walther Giller
  • O.Schmitt
  • Neuschäfer
  • Staab
  • Hauner
  • Budion

 


 

Trainer
  • Ludwig Janda
Trainer

Ein schönes Spiel

Gerechtes Ergebnis am Schönbusch

Ein schönes Spiel. Ein hessisches Derby, wie man es sich nur wünschen kann. Die 90 Minuten waren vollgepackt mit flotten Kombinationszügen, erregenden Kampfszenen und umjubelten Toren. Die beiden ersten Treffer fielen übrigens schon gleich nach dem Anpfiff. Diese Tor-Doublettc wärmte und beschwingte die Zuschauer wie ein doppelter Cognac. Doch ihre Begeisterung wurde wachgehalten bis zur letzten Minute. Am Ende des farbigen und spannenden Spieles durften alle zufrieden sein, Zuschauer und Spieler. Denn das Ergebnis spiegelte die Leistungen unverzerrt wider.

Natürlich lag auch in Aschaffenburg Schnee. Der Platz befand sich zwar in gutem Zustand, war aber dennoch alles andere als ein idealer Spielgrund. Und trotzdem dieses begeisternde Spiel! Beide Mannschaften paßten sich sehr geschickt den herrschenden Bodenverhältnissen an. Die Ascheberger wie die Frankfurter versuchten mit einem sachlichen Kombinationsspiel zum Erfolg zu kommen. Bei den Platzherren und den Gästen stimmten Spielplanung und Spielanlage bis in Einzelheiten hinein überein: kein unangebrachtes Dribbling, schnelle Paßfolgen von Mann zu Mann, hervorragenden Einsatz aller Spieler und bei aller Angriffsfreudigkeit ein spürbares Sicherheitsbedürfnis, denn ein Stürmer hing meist in der Abwehr.

Die Parallelen lassen sich noch weiter ziehen. In beiden Mannschaften wurden die als überragende Spielregisseure ebenso geschätzten wie gefürchteten Spieler Pfaff und Neuschäfer nicht mit der erwarteten Sturheit von einem eigens abkommandierten Sonderbewacher beschattet. Man ließ ihnen recht viel Spielraum. Es genügte, daß sie im Unterbewußtsein der Abwehrspieler als besonders gefährliche Exemplare der Gattung Stürmer verankert waren, und wenn sie in die Nähe der Strafraumgrenze gerieten, dann stürzten sich mitunter ganze Pulks auf sie.

Neuschäfer und noch weniger Pfaff standen diesmal allerdings auch nicht so sehr im Brennpunkt allen Geschehens, wie das sonst oft der Fall ist. Sie blieben die geistigen Lenker ihrer Mannschaften. Doch die Last des Spieles verteilte sich auf viele Schultern. Betrachtet man die Leistungen der einzelnen Spieler kritisch, dann ergeben sich nur leise Schwankungen nach oben und unten. Der rechte Läufer der Eintracht, Schymik, schien fünf Beine zu haben. An ihm war kaum vorbeizukommen, und wenn sich die Aschaffenburger doch an ihm vorbeigeschmuggelt hatten, dann angelte er sich das Leder trotzdem wieder. Im nächsten Moment schickte er den Ball mit einem flachen Paß nach vorn und schaltete sich selbst in das Angriffsspiel ein. Schymik, insbesondere der Schymik der ersten Halbzeit, lieferte eine prächtige Partie. Aber es fällt einem sehr schwer, ihn über den unablässig rackernden, überlegt handelnden Heilig zu stellen. Und was der Wloka alles an der Strafraumgrenze wegräumte! Seine Leistung verdient die gleiche Anerkennung. Bechtold und Kudraß waren überaus zuverlässige Verteidiger. Die schönste Ueberraschung für die Frankfurter Schlachtenbummler aber: in der Eintrachtabwehr griff alles reibungslos ineinander. Der Wechsel- und Pendelmechanismus funktionierte so glatt wie in den besten Zeiten vor zwei, drei Jahren.

Im Sturm war Kress als Rechtsaußen höllisch gefährlich. Der gewandte und gescheite Bäumler bereitete selbst einem so guten Stopper wie Hoffmann ernsthafte Sorgen. Heitkamp und der einige Male imponierend frech davonziehende Geiger vollbrachten keine Heldentaten, aber sie fügten sich so geschickt ein, daß der Eintracht-Sturm zu einer scharfen Waffe wurde.

Vor der Pause schien das Spiel völlig ausgeglichen. Aber die Eintracht war doch die bessere Mannschaft. Die Frankfurter waren schneller am Ball, sie gaben ihn schneller wieder ab, und sie legten ihre Züge ein wenig zielstrebiger ab. Die Aschaffenburger tasteten sich in dieser Spielphase mitunter ein wenig zu sehr in die Breite. Die Eintracht stürmte konzentrierter und schlug härter zu. Ihre 3:2-Führung bis zur Pause war verdient. Nach dem Wechsel gingen die Frankfurter leicht in die Defensive. Die nun wie entfesselt stürmenden Aschaffenburger zwangen sie jedoch zeitweise völlig in die Abwehr, und der wieder mit lobenswertem Einsatz kämpfende Pfaff war viel öfter in der Frankfurter als in der Aschaffenburger Hälfte zu finden. Die Eintracht startete zwar blitzartige Attacken. Häufiger aber verloren die Frankfurter in dem Bestreben, den Ball in ihren eigenen Reihen zu halten, den ursprünglichen Zug zum Tor. Für die Aschaffenburger war das Ausgleichstor der verdiente Lohn ihrer spielerischen Ueberlegenheit nach dem Wechsel.

Die Aschaffenburger Deckung erreichte nicht ganz die Geschlossenheit, die bei der Eintracht zu finden war. Paßler hatte große Schwierigkeiten mit dem glatten Untergrund und dem nassen Ball. Buller und der elegantere Miersberger ließen sich nur selten übertölpeln. Hoffmann bekam Bäumler erst in der 2. Hälfte einigermaßen zu fassen. Giller bewältigte ein erstaunliches Arbeitspensum. Noch wirkungsvoller aber spielte Schmitt, der neben Neuschäfer beste Aschaffenburger. Staab, Budion und Hauner erhoben sich periodenweise zu intelligenten, tatendurstigen Stürmern, sanken in ihren Leistungen jedoch nie unter guten Durchschnitt.

In Stichworten die Tore: In der 1. Min. führt eine über Kress, Heitkamp und den gewitzten Bäumler laufende Kombination durch Geiger zum 0:1. Schon 60 Sekunden später Ausgleich durch fragwürdigen Foulelfmeter (der im Kampf um den Ball mit Rothuber zu Fall gekommene Hauner stand vorher überdies klar abseits). 1:2 durch einen von Bäumler eingeschossenen indirekten Freistoß. Ausgleich durch Hauner auf Flanke Gillers. 2:3 als Pfaff die ganze Abwehr ausspielt und Bäumler im Nachschuß ins Tor trifft. 3:3 nach Steilvorlage. Bullers durch scharfen Direktschuß Budions. (Günther Wölbert in 'Der neue Sport' vom 06.02.1956)

 

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