Eintracht Frankfurt - Schwaben
Augsburg |
Oberliga Süd 1955/56 - 19. Spieltag
3:1 (2:0)
Termin: 29.01.1956
Zuschauer: 5.000
Schiedsrichter: Stemmler (Offenburg)
Tore: 1:0 Richard Kreß (19.), 2:0 Helmut Geiger (44.), 2:1 Harlacher (63.), 3:1 Helmut Geiger (75.)
Eintracht Frankfurt | Schwaben Augsburg |
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Trainer | Trainer
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Stemmler pfiff falsch Geigers glücklicher Sonntag Zwei weitere Punkte hatte die Eintracht beim Schlußpfiff unter Dach und Fach, doch es war kein Sieg über den man allzu viel Rühmens machen kann. Im Grunde genommen zeigten die Augsburger das bessere Mannschaftsspiel und scheiterten nur an der Frankfurter Hintermannschaft, obwohl diese nicht einmal einen geschlossenen Block bildete. Aber man setzte sich um Wloka verbissen ein. Waren Bechtold und Kudrass einmal überlaufen, so verfolgten sie ihren Gegner und holten ihn auch wieder ein. In der Mitte stand Wloka wie ein Turm, nur die ersten fünfzehn Minuten war er noch nicht da. Doch dann lieferte er dem bulligen Struzina gnadenlose Kämpfe, wobei ihm nach der Pause zugute kam, daß die Augsburger ihr Spiel zu stark auf Struzina zuschnitten. Der Einsatz der Abwehr war der eine Pluspunkt, der die Basis zum Siege bildete. Den zweiten Pluspunkt stellte das Glück. Die Eintracht hatte Glück, das steht ohne Zweifel fest — ihre Tore entstanden durch Einzelleistungen der jeweiligen Torschützen. Die Eintracht hatte dazu noch den Schiedsrichter auf ihrer Seite. Bei allem Lokalpatriotismus muß hier gesagt werden, daß Stemmler (Offenburg) die Augsburger benachteiligte. Ueberhaupt Stemmler schien uns nicht die Qualifikation für Oberligaspiele aufzuweisen. Er pfiff meistens gar nicht,, und wenn er einmal pfiff, dann viel zu spät. Für ihn gab es weder ein vorgestrecktes Bein noch ein mit dem Arm Wegstoßen, und so dauerte es gar nicht lange, bis einige böse Buben übel einstiegen. Bei Augsburg tat sich Schmelzinger unliebsam hervor, und er tat des Unliebsamen so viel, daß er den Faden verlor. Dabei hatte er vorher gut verstanden, seinen Sturm anzukurbeln. Doch wer es auf die Beine des Gegners abgesehen hat, der sieht nicht mehr nach dem Ball. Es war gut, daß die besonnenen Spieler in der Mehrzahl blieben. An dem Schiedsrichter hat es ganz bestimmt nicht gelegen, daß diese Begegnung nicht in die Binsen ging.
Was Alfred Pfaff für die Eintracht bedeutet, wurde an diesem Sonntag wieder offenkundig: der Kapitän der Riederwälder war nicht in bester Stimmung. Bei ihm lief der Ball nicht recht und sofort lief das ganze Sturmspiel etwas holprig dahin. Dazu kam, daß Bäumler und Heitkamp den Ball viel zu lange führten und manchmal wie Umstandskrämer wirkten. Bäumler spielte überhaupt etwas kopflos, ein Dutzendmal lief er in die gut funktionierende Abseitsfalle der Augsburger. Vom Elan beflügelt war Kreß, der die stabile Schwabenabwehr aus dem Gleichgewicht brachte, mit seinen Schüssen aber nicht viel Glück hatte. Ein glücklicher Tag war dieser letzte Januarsonntag für Geiger, denn er schoß zwei Tore. Es war für ihn ein glücklicher Tag, aber kein glückliches Spiel. Bei allem guten Willen findet Geiger keine Konzeption. Er schafft für zwei, doch das meiste ist für die Katz. Es scheint so, als wäre er mit Komplexen behaftet — ein, zwei mißglückte Aktionen, und schon ist es mit ihm aus. So war es auch diesmal. Man wird mit Geiger weiterhin Geduld haben müssen. Vielleicht platz der Knoten am nächsten Sonntag? Mannschaftlich besser waren die Augsburger. Bei ihnen wurde der Ball sofort abgespielt, und mit ihrem steilen Spiel kamen sie schnell vor Rothubers Tor. Doch der kleine Eintrachttormann stand nicht im Schatten seines berühmten Visavis. Er klebte nicht an der Linie und hielt ein paar Schüsse auf, die nicht von schlechten Eltern waren. So hätten die Augsburger in der 16. Minute in Führung gehen können, wenn Rothuber nicht auf dem Posten gewesen wäre. Struztna feuerte aus vollem Lauf einen harten Schuß ab, den Rothuber in einer kühnen Parade zur Ecke lenkte. So ist das nun im Fußball. Gerade dachten die Augsburger sie lägen mit 1:0 vorne, da lagen sie mit 0:1 zurück. Rothubers Abschlag — der Eckball war neben dem Tor gelandet — kam zu Kreß, der an der Außenlinie Nenning davonlief, fast in Höhe der Eckfahne einwärtskurvte und den Ball ganz raffiniert an Süßmann vorbei ins kurze (!) Toreck schob. Leider wurde nun das Spiel etwas hart, zumal Stemmler stark kurzsichtig zu sein schien und selbst Fouls in nächster Nähe nicht bemerkte. Wer angefangen hatte, war nicht zu erkennen. Jedenfalls sah man bald Schmelzinger wacker „wirken", und er fiel dann so aus der, Rolle, daß Stemmler sich ihn aufnotierte. Auf der anderen Seite beging Geiger ein Foul an Süßmann. Da zum Glück noch einige Spieler ans Spielen dachten, lief das Spiel weiter. Ein herrlicher Kopfball des vorpreschenden H. Kneitel wurde von Rothuber prachtvoll gehalten — und zwei Minuten vor der Pause schien das Spiel gelaufen. Pfaff hatte sich an Schmelzinger revanchiert — er stieß ihn weg —, und Stemmler gab Freistoß gegen Augsburg. Der Ball wanderte über die linke Seite und kam zu dem nach innen gelaufenen Geiger, der entschlossen einschoß. Doch die Siegessicherheit verflog in der 63. Minute ganz plötzlich. Aus einer ganz ungefährlich scheinenden Situation kamen die Schwaben zu ihrem Gegentreffer, da Harlacher ungedeckt war und fast aus dem Stand einschießen konnte. Die Schwaben witterten Morgenluft, aber ihr Sturm war nicht mehr so schwungvoll wie vor der Pause. Zudem war ihr Unentschieden-Traum nach neun Minuten ausgeträumt. Heilig war von Schmelzinger gefoult worden, Süßmann erwischte den vorher aufsetzenden Freistoß-Ball, er sprang ihm aber aus den Händen, und Geiger jagte ihn aus der Luft ins Tornetz. Die Frankfurter kamen noch zu einem vierten Tor, doch Stemmler annullierte das von ihm schon gewertete Tor, nachdem er mit dem Linienrichter verhandelt hatte. (Horst Kickhefel in 'Der neue Sport' vom 30.01.1956)
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