Eintracht Frankfurt - Stuttgarter
Kickers |
Oberliga Süd 1955/56 - 17. Spieltag
4:2 (1:0)
Termin: 14.01.1956
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Tschenscher (Mannheim)
Tore: 1:0 Alfred Pfaff (32.), 2:0 Eckehard Feigenspan (53.), 3:0 Alfred Pfaff (56.), 3:1 Bugeker (67.), 4:1 Alfred Pfaff (71., Elfmeter), 4:2 Bugeker (80.)
Eintracht Frankfurt | Stuttgarter Kickers |
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Trainer | Trainer
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Stuttgart hätte offensiv spielen müssen Pfaff-Tore von Seltenheitswert Im Grunde genommen war es den Frankfurtern nicht ganz wohl um dieses Spiel. Es schien weniger die lange Verletztenliste, die Wloka nun noch bereichert, als die perfekte Betonmischmaschine der Stuttgarter, die Sorgen machte. Das 0:2 vom Vorjahr geisterte rund um das Feld. Es wich erst, als Alfred Pfaff mit einem Alleingang ohnegleichen einen Treffer erzielte, der in die Annalen der Riederwälder Fußballgeschichte eingehen wird. Die Oberbetonierer, die vorher mit ihrer lebenden Mauer rund ein halbes Dutzend guter Schüsse aufgehalten hatten, wurden damit zur Offensive gezwungen. Der Eintracht-Sieg fing bei Pfaff an und hörte auch bei ihm auf. Jener fast einmalige Treffer kam erst in der 32. Minute an, und bis dahin hatten viele den Eintracht-Halblinken vergebens gesucht. In der Tat hatte Pfaff auf die Dinge bis zu diesem Zeitpunkt wenig Einfluß. Was sich an systemvollen Zügen in Richtung Stuttgarter Tor anbahnte, nahm meist bei Schymik seinen Ausgangspunkt. Alles andere war noch in der Fühlungnahme begriffen, die Abwehr mit den Kickers-Stürmern, der Angriff mit den Deckungsriesen Fauser und Zatopek. Dem Stuttgarter Regisseur Kronenbitter aber heftete sich Heilig unerbittlich an die Fersen, und Kudraß folgte dem schnellen Türken Bugeker zunächst auf all seinen Wegen. Im gesamten aber stand die durch Wlokas Ausfall mit Hesse als Verteidiger und Bechtold in der Stopperreihe spielende Eintracht-Abwehr gar nicht auf sicheren Füßen. Bechtold, der nur den Raum zu übernehmen brauchte, da sich Heilig mit Kronenbitter beschäftigte, kam weniger in Schwierigkeiten als Hesse, der mit dem zurückgehenden Pflum nicht immer einig wurde. Es war das Glück der Eintracht-Deckung, daß die Schwaben die mangelnde Schnelligkeit einiger Frankfurter nicht erkannten und an ihrem Kurzpassspiel klebten, als sei es ein Allheilmittel.
Solange Pfaff, dem die sonstige offensive Unterstützung Heiligs diesmal fehlen mußte, noch nicht die Zügel in die Hand nahm, lebte der Eintracht-Angriff von dem Tatendrang des jungen Feigenspan, der sich geschickt stellte, Kampfkraft zeigte und als einziger im Luftkampf mit der Stuttgarter Garde bestand. Seine Flanken, zunächst zu flach angesetzt, wurden später besser, aber die Luft reicht bei ihm noch nicht für 90 Minuten. Für gut die Hälfte reichte sie bei Heitkamp, der am Ball vernünftige Dinge machte, aber nach wie vor langsam ist. Gegen den teilweise derben Fauser zog sich Bäumler gut aus der Affäre, während Geiger seiner Gewohnheit treu blieb, einer guten Sache wieder eine schlechte folgen zu lassen. „König" Alfred war der Mann der Tore und der zweiten Hälfte. Der erste phantastisch geglückte Treffer weckte seine Laune. Beim zweiten und beim vierten Treffer gab er Vorlagen, wie sie eben nur ein Pfaff zu geben vermag. Dazwischen lag ein Freistoß, den er mit ähnlichem Erfolg schon einmal gegen Schweinfurt ausprobierte. Wie gesagt, bei Pfaff fing es an, bei Pfaff hörte es (mit einem Elfmeter) auf. Was dazwischenlag und nicht so ankam, wurde durch Tore von Seltenheitswert wettgemacht. „Es war em Pfaff sei Spiel", hieß es auf den Tribünen. Der Anfang vor den 8000 Samstaggästen war zaghaft, zuweilen unsicher auf beiden Seiten. Es dauerte bis zur 14. Minute bis zum ersten Raunen der Menge. Bäumler wurde rechtsaußen freigespielt. Sein langgezogener Schuß berührte den Pfosten, während Hüter Strauß unbeweglich im kurzen Eck stand. Eine Minute später köpfte ihm Feigenspan eine Flanke aus den Händen. Fauser schlug den Ball von der Linie, den manche im Tor sahen. Bei Stuttgarter Gegenbesuchen fing Rothuber zweimal Flanken ab wie weiland Willi Kreß. Die Kickers zogen sich schon langsam vor das eigene Haus zurück, wo bald jeder zweite Schuß abprallte, ehe Kudraß aus dem Hinhalt einen „Kanonenschlag" losließ, der nur knapp das Ziel verfehlte. In der 32. Minute erkämpfte sich Pfaff im Eintracht-Hinterland den Ball, zog mit ihm gradlinig über zwei Drittel der Spielfläche, passierte Zatopek und zielte aus achtzehn Meter halbhoch zwischen den hechtenden Strauß und der Torlatte ins Netz. Ein Freistoß über die linke Gebälkseite kündigte seinen neuen Tatendrang an. Als Pfaff dann sieben Minuten nach Wiederbeginn mit einer Riesenvorlage Bäumler in der freien Halbrechts-Stellung anspielte, jagte Feigenspan das Zuspiel des geschickt kurvenden Ex-Weideners mit Vehemenz unter das Dach. Drei Minuten danach: 3:0. Pfaffs Freistoß aus 25 Metern fand wie nach mathematischer Berechnung unter Bäumlers Fuß hindurch und an der verblüfften Deckung vorbei den Weg in die äußerste Ecke. Anschließend faustete Strauß einen großartigen Schuß Hesses ebenso glanzvoll über die Latte. Es tat nichts, daß der wendige Bugeker aus der Drehung heraus einen Linksschuß in Rothubers Ecke schoß (69.), denn vier Minuten später öffnete Pfaff mit seiner Vorlage Geiger die gesamte Kickershälfte. Der Eintracht-Linksaußen ließ sich Zeit, und so kam Zatopek nicht rechtzeitig nach, um Geiger auf die Nase zu legen. Der Elfmeter war für Pfaff kein Problem. Mitten in die Freude über das klare Ergebnis fiel das zweite Gegentor: der eminent schneller Bugeker spurtete auf der linken Seite plötzlich einer Steilvorlage nach. Heilig wurde „abgehängt" und an dem schlecht postierten Rothuber vorbei gelang dem Türken ein zweites effektvolles Tor. Die übrigen Stuttgarter mußten sich vor ihm und dem aus dem Hintergrund schießenden Ritter verstecken. Ihr so veranlagter Geiger kam einmal ungehindert bis zu Rothuber durch und schoß so weit vorbei, daß die Zuschauer wahrscheinlich auf den Schlüsseln gepfiffen hätten, wäre es einem Frankfurter passiert. (Bert Merz in 'Der neue Sport' vom 16.01.1956)
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