1860 München - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1955/56 - 16. Spieltag

0:3 (0:2)

Termin: 08.01.1956
Zuschauer: 24.000
Schiedsrichter: Jakobi (Mannheim)
Tore: 0:1 Erich Bäumler (10.), 0:2 Erich Bäumler (42.), 0:3 Alfred Pfaff (88.)

>> Spielbericht <<

1860 München Eintracht Frankfurt

  • Pilz
  • Köbler
  • Stemmer
  • Link
  • Lesjak
  • Pelicon
  • Zausinger
  • Hartl
  • Müller
  • Börstler
  • Hornauer

 


 

Trainer
  • Max Schäfer
Trainer

Zimmermanns gutes Debüt

Pfaff spielte alle in den Schatten

Der Gunst der zehnten Minute dankte die Eintracht den Triumph. Ihr zweiter Angriff nach wild verwegenen Münchener Starts schenkte das frühe 1:0. Von dieser Chance an war Frankfurts Elf geimpft mit Sicherheit. Sie spielten, die Münchener kämpften, sie zielte, die Münchener droschen und sie blieb kalt, während die 60er am eigenen Feuer verbrannten. Aus den kleinen Leuten, aus denen, die noch nicht im Adreßbuch der Asse stehen, formte sich ein neues Profil der Eintracht. Schymik und Zimmermann kopierten meisterlich Alfred Pfaff, der aber blieb der Größte.

Wer kennt den Namen Zimmermann? Seine Nominierung überraschte und verblüffte. Nach einer Viertelstunde war aus der Verblüffung ein Staunen ohne Grenzen geworden. Der neue Rechtsaußen erreichte als erster Münchens Torraum und trug die ersten Angstgefühle in Münchens selbstbewußte Abwehr. Das erste Tor entstand durch seinen Mut; die Erhaltung des Gleichgewichtes durch schnelle und gescheite Ausflüge begann bei ihm. Was tat es, daß seine zweite Hälfte schwächer, kraftloser war? Bis dahin, als Mitverantwortlicher des 2:0, waren seine Dienste längst erfüllt.

Bäumler: kalt wie ein Eisbär. Er stand gegen Lesjak, gegen die personifizierte Ruhe, und er setzte sich durch wie ein ganz Großer. Er schoß nicht nur, seine Bälle hatten Ziel und Richtung, und darum stand es zur Pause 2:0.

Was Pfaff leistete, übersteigt normale Ausmaße. Er spielte alle in den Schatten, er demonstrierte, wie ein perfekter Techniker zu einem Kämpfer ohne Gnaden avancierte. Von Geiger sah man weniger, was er anpackte, hatte gewohntes, d. h. gutes Format. Heitkamp, der Schützenkönig von gestern, war heute ein guter Schütze. Er stand im eigenen Geviert und besorgte von dort aus die Verbannung aller Bälle, die seinen Bereich passierten. Er war wertvoll, weil seine Dienste der Abwehr den Rücken steifte.

Diese Abwehr! Wer hätte das erwartet? Rothuber noch stärker, noch schneller, Bechtold-Kudraß nahezu ideal und Wloka fast nicht zu ersetzen. Schymik war stärker als Heilig, dem als größte Leistung der 90 Minuten eine Abwehr von der eigenen Torlinie gelang, als Rothuber schon überspielt war.

Die Eintracht spielte mit der Elf der Beständigen. Die schnellsten Pferde aus dem Stall Riederwald, Weilbächer und Feigenspan, tummelten sich in der Reserve, und so hieß die rechte Flanke überraschend Zimmermann-Heitkamp. Die Abwehr stand im vertrauten Bild und von Anfang an mit vertrauenerweckender Sicherheit. Rothuber erwies die Stabilität seiner Form schon im beklemmenden Milieu der erwarteten Anfangsoffensive mit einem Salto vor dem Torraum, Wlokas Abschlag überbrückte mit der eigenen Hälfte auch Lesjak, Münchens letzten Abwehrmann. Weil aber Bäumler und Schymik nicht weniger überrascht waren, verpatzte die erste Chance.

Präziser war die Arbeit des Eintrachtsturms beim nächsten Zug. Diesmal wurde der Streich von Zimmermann ausgeheckt, der mit elanvollem Solo Münchens Torraum erreichte und erst unmittelbar vor dem Einschuß abgebremst wurde. Den Eckball trat Pfaff nach Pfaff'scher Art. Er hob den Ball vor Bäumlers Kopf, und der nickte nur kurz ins linke Eck.

Die Antwort der 1860er war deutlich, aber ohne Konzentration, ohne Linie. Wloka stand auf sicheren Beinen. Vor ihm war Heitkamp als zusätzlicher Mann der Deckung eingespannt und was hinter ihm stand war mit dem Ernst der Gefahren sowieso vertraut. Kudraß tat sein Werk wie immer, und Bechtolds Ruhe stürzte sogar einem Könner wie Hornauer aus seiner Ueberheblichkeit. Schwache Punkte gab es nur, wenn auch im erträglichen Rahmen, in der Mittellinie. Heiligs Passion zur Offensive war riskant. Sie gab Hartl gefährlichen Spielraum und zog sogar einige hochgefährliche Einbrüche nach sich. Ernster Schaden blieb aus, immerhin erreichten wenigstens seine Abschläge gewohntes Format.

Der Sturm imponierte und überraschte. Er löste die Fesseln der Zurückhaltung immer wieder, und sensationell war die Entwicklung dieser Angriffe. Sie begannen zum Großteil bei Zimmermann, der Stemmer nach Belieben versetzte. Er zog seine Flanke genau so gut und sicher wie Pfaff, der vor Lust und Eifer schäumte. Er war der Wegbereiter des 2:0, als er in der 42. Minute den Ball bis zum Strafraum führte. Sein Paß kam zu Heitkamp, der Abpraller zu Bäumler, der trocken und unhaltbar in die linke Ecke knallte.

Nach der Pause blieb das Bild im gleichen Rahmen. Die Elf vom Riederwald ritt hohe Schule, sie stand weltenweit über den Ereignissen und erstickte durch diese Ruhe, gepaart mit der Kraft des Besseren alle Hoffnungen der 60er. Freilich wurden die Münchener nach der Pause noch aggressiver, noch wütender. Lesjak, der beste in blauweiß, stürzte sich in die vorderste Linie, Pelicon stürmte mit und selbst Link, Pfaffs direkter Gegner, ordnete sich in diese Front der wilden Streiter ein.

Es half genau nichts, es wurde das haargenaue Gegenteil erreicht. Die Gegenzüge der Eintracht trafen in verlassenen Gegenden und kamen so präzis, daß jeder Ausbruch die Form einer deutlichen Chance annahm. Die Abwehr aber, mit Heitkamp und Pfaff als deutliche Verstärkung, blieb, was sie vor der Pause war: sicher und ruhig und gelassen. Als Müller eingebrochen war, half Rothubers Flug ins linke Eck, als Hornauer an Kudraß vorbeihuschte, stand Heilig auf der Linie. Die letzte Viertelstunde war noch einmal eine echte Offenbarung der Eintracht, die unter der Regie eines Alfred Pfaff in Festtagslaune den Beifall der 20.000 auf ihrer Seite quittierte. Die Löwen waren müde, und sie wurden von Pfaff und seinen Genossen gehetzt bis zum resignieren. Pfaff krönte eine Partie ohne Tadel und voller Lob mit einem feinen dritten Tor. (Herbert Windecker in 'Der neue Sport' vom 09.01.1956)

 

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