SSV Reutlingen - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1955/56 - 15. Spieltag

2:1 (2:0)

Termin: 18.12.1955
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Meißner (Nürnberg)
Tore: 1:0 Ulaga (13.), 2:0 Teufel (44.), 2:1 Eckehard Feigenspan (83.)

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SSV Reutlingen Eintracht Frankfurt

  • Schober
  • Müller
  • Baum
  • Fritschi
  • Jost
  • W.Lidinski
  • Teufel
  • Gernhardt
  • Grziwok
  • H.Lidinski
  • Ulaga

 


 

Trainer
  • Erwin Ammer
Trainer

Rothuber erhielt Beifall

Eintracht Finish kam zu spät

Die Stimmung im Reutlinger Lager war peinlichst. Sie vermischte sich mit dem für die Eintracht so unangenehmen Hang zur Selbsterhaltung und führte zu einer Gewalt der Stürme, die zu ernsten, zu erschütternden Gefahren führte. Sie kapitulierten zu früh, die Frankfurter, sie waren eine halbe Stunde lang nur Komparsen und wunderten sich, als nichts mehr gutzumachen war. Die Eintracht stand sich selbst im Licht.

Die imponierende Gestalt der Eintracht war Pfaff. Auch er fand im Wirbel der ersten Viertelstunde keine Bande, aber er war der erste, der den Pfad nach vorn schlug und seinen Kollegen die Wege bahnte. Daß ausgerechnet ihm die deutlichsten Chancen beschert, daß diese von ihm vergeben wurden, war Pech (ohne Spur von schwachen Nerven oder Eigensinn). Ihm folgte Remlein, der zwar lange nach einem Gegner, suchte und ohne Linie durchs Mittelfeld spazierte, doch dann als Entzünder der flammenden Offensive groß ins Spiel kam und kaum je gebremst wurde.

Alles wäre ohne Sinn und Nutzen gewesen, hätte nicht Rothuber ein Spiel ohne Makel vorgeführt. Seiner Ruhe und Schnelligkeit dankt die Elf vom Riederwald, daß das erste Quartal ohne weiteren Schaden überstanden wurde. Seine Klasse brachte Reutlingens Planschützen aus dem Geleise, und er holte sich von der Achalm rauschenden Beifall. Auf dem Kopf stand die Abwehr der Eintracht, wenn Hesse ins Gefecht kam, wenn Ulaga ihn zerzauste und versetzte. Er war am Ende, wenn Schnelligkeit und Technik entschieden.

Zum Glück für die Eintracht und ihr Torverhältnis hielten Kudraß und Bechtold die Angriffsbewegungen der Ulaga und Genossen im Rahmen. Teufel kam ins Spiel. Grziwok setzte sich gegen seinen Gegner ohne Pardon freiwillig ins Hinterland ab. Schwer und kompliziert war Heiligs Aufgabe. Er löste sie vor der Pause mit Effekt, mit viel Eifer. Der Sturm: Kreß und Heitkamp blieben im Hintergrund. Sie fehlten am Strafraum, wenn die großen Chancen reiften. Eifrig und schnell waren beide Außen, obwohl sie von Verteidigern mit enormen Qualitäten überwacht wurden. Beide zogen ihre Flanken in Mengen, aber beide litten unter der Zurückhaltung der Männer in der Mitte.

Reutlingens Stafette der Verletzten war merklich dezimiert. Müller stand wieder als Verteidiger, und Gernhardt, jubelnd begrüßt, stürmte fröhlich mit. Anders war es bei der Eintracht. Weilbächer fehlte, und auch Wloka wurde vermißt. So war Bechtold Mittelläufer, Hesse und Kudraß verteidigten. Mit Schneid und Elan legte Reutlingens Elf die ersten Angriffe vor, die durch die Genauigkeit ihrer Kombination einige Unsicherheiten im Strafraum der Eintracht aufdeckten.

Zunächst war Kudraß auf dem Damm, dann rettete Rothuber, ehe das 1:0 fiel. Hesse war daran schuld, er kontrollierte Ulaga zu ungenau und ließ ihn zum placierten Schrägschuß kommen, der auch von Rothuber nicht aufzuhalten war. Es blieben Reutlingens wilde Stürme und es blieb die Nervosität der Eintracht-Abwehr, die vom Angriff nur selten entlastet wurde.

Die erste Chance vergab Pfaff, dem zu viel Beine im Wege standen. Dieser Ausbruch konterte das Spiel. Die Eintracht erkämpfte sich vorerst die Gleichberechtigung im Mittelfeld und in der Folge sogar, vornehmlich durch Pfaffs Eifer, klar Gelegenheit zum Einstand. Einmal scheiterte er am tiefen, schweren Boden, dann stand Schober genau in der Schußbahn. Als die Folgen des 1:0 weitgehend überwunden waren, wurde auch die Hintermannschaft stabiler. Zwar bildeten sich dort, wo Hesse auf Ulaga traf, immer wieder Einbrüche, dafür war die Stabilität des Blockes der Mitte fast vollkommen. Heilig klemmte sich unermüdlich hinter Gernhardt, Remlein blieb defensiv, denn Bechtold spielte einen Stopper wie aus dem Märchenbuch.

Der Größte aber war Kudrass, nicht nur deswegen, weil er Teufel ausschaltete, er war mit seinem Abspiel genau so gewissenhaft und sorgte dafür, daß der Anfang aller Kombinationen meistens schon an der Grenze des eigenen Strafraumes lag. So wuchsen die Angriffe an Zahl und Wucht, doch der Abschluß blieb aus, weil Reutlingens massierte Abwehr mit Erbitterung schuftete, und weil Geiger die beste Situation in der ersten Halbzeit vergab.

Reutlingens Sturm war unkomplizierter. Er verzichtete auf überspitzte Kombinationen und schoß sein zweites Tor kurz vor der Pause durch Teufel, der nach einer brillanten Vorlage Gernhardts genau in der Gasse stand.

Das Klima der zweiten Halbzeit war milde und hoffnungsvoll. Der Aufschwung begann nächst bei der Abwehr, die den ersten Reutlingen Angriffen schon jede Chance zur Vollendung nahm, und er setzte sich fort bis an die Flügel. Remlein stürmte und schoß und Heilig, durch den Rückzug Gernhardts von seinem direkten Gegner befreit, drängte den Aufbau in genau vorgesehene Bahnen. Der Sturm war es, der zu dieser Zeit an doppelt und dreifach gesicherten Strafraum scheiterte und versagte. Chancen kamen zustande, und Pfaff nutzte die deutlichste zu einem imposanten Lattenschuß. So begnügte sich die Eintracht damit, anzurennen, zu stürmen ohne Unterlaß in Richtung Schober, und ab und zu wurde sogar geschossen.

An der Oberfläche aber blieb Reutlingens Abwehr, die sich zu einem Kriterium der Unerschütterlichkeit steigerte und stark genug war, um dem eigenen Sturm belebende Spritzen au verpassen. So trug es sich zu, daß im wildesten Drängen der Eintracht der kleine Rothuber die größte Parade des Spieles zeigen mußte, um das dritte Tor zu vermeiden. Erst ganz zum Ende, im letzten Aufbäumen, gelang der Treffer, der noch einmal alle Temperamente der Eintracht weckte. Vorbereiter war Geiger mit fein gezogener Flanke, Vollstrecker Feigenspan, weil er am höchsten stieg und den Ball mit dem Kopf in die entfernteste Ecke stieß. Die 420 Sekunden bis zum Abpfiff waren ein Sprint der vom Pech Verfolgten und Gezeichneten gegen eine Abwehr, der zur Vollendung nichts mehr fehlte. (aus 'Der neue Sport' vom 19.12.1955)

 

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