SpVgg Fürth - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1955/56 - 12. Spieltag
1:5 (1:4)
Termin: 27.11.1955
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Jakobi (Mannheim)
Tore: 0:1 Hans Weilbächer (7.), 0:2 Helmut Geiger (15.), 0:3 Eckehard Feigenspan (27.), 0:4 Alfred Pfaff (32., Elfmeter), 1:4 Appis (44.), 1:5 Alfred Pfaff (82.)
SpVgg Fürth | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Stein des Weisen gefunden Eintrachtsieg im D-Zugstempo Die Fürther Techniker fühlten sich auf dem glatten Rasen wohl. Jeder Tritt erhielt durch die zwangsläufige schlechte Manövrierfähigkeit der Deckungsspieler eine doppelte Wirkung, und Hoffmann spazierte aus diesem Grunde schon in den ersten Minuten zweimal fast ungehindert an Heilig und Kudraß vorbei. Diese Wirkungen waren verführerisch. Die Fürther Techniker glänzten bald nur noch um zu glänzen und so konnte sich die Eintracht-Deckung immer wieder in den Strafraum zurückziehen. Die vorher aufgerissenen Lücken erwiesen sich als Sackgassen. Wloka und Rothuber kamen kaum in ernsthafte Gefahr. Ganz anders im umgekehrten Fall. Die Riederwälder Vorstöße hatten sofort Linie und Pfeffer. Ihr Führungstor fiel in der 8. Minute. Es war gewissermaßen schon zwei Minuten vorher fällig, als Weilbächer und Pfaff durch einen klassischen Querpaß-Steilpaß-Zug dem durchgelaufenen Feigenspan in Position brachten, der jedoch gefault wurde. Der Treffer wurde prompt nachgeliefert, als Weilbächer eine Flanke am Elfmeterpunkt stoppte und hoch in den Winkel schoß. Weitere 8 Minuten später stand es bereits 2:0. Pfaff stach mit einer gestochenen Steilvorlage die linke gegnerische Abwehrhälfte aus und Geiger spurtete Seite an Seite mit seinem Bewacher Bauer in den Strafraum. Scharf attackiert und in höchstem speed zielte Geiger mit der Kaltblütigkeit eines Pistolenschützen in die untere Ecke. 2:0 für den Riederwald nach 16 Minuten. Wer hätte das zu hoffen gewagt. Aber die Eintracht in ihrer konservativen Besetzung spielte plötzlich auch wieder konservativ und zwar im besten Sinne. Weilbächer ackerte wie in seine besten Tagen. Dazu ein Pfaff und ein Kreß in guter technischer Form sowie ein herrlich erfrischter Geiger. Die Deckung brauchte vor dem Kombinationsgetüftel der Fürther ohne hin keine Furcht zu haben. In der 28. Minute reihte sich auch Feigenspan in die Kette der Erfreulichkeiten ein. Er schoß die Nummer 3, und wie er sie schoß! Zuerst lief er mit dem Ball am Fuß seine Bewacher in Grund und Boden und dann umspielte er noch Ersatztormann Drossel, und schon wieder startete Kreß mit einer Vorlage von Weilbächer in die entblößte Fürther Hälfte. Kreß wurde von dem nachsetzenden Stopper, diesmal Koch, gefoult. Der Schiedsrichter gab Elfmeter, und Paff tupfte den Ball ins Netz. Das Publikum schrie Beifall. Fürths Gegentreffer fiel unmittelbar vor der Pause als Wloka nach einem Zusammenprall vorübergehend ausgeschieden war, durch einen Kopf ball von Appis. Nach Halbzeit lief alles in allem derselbe Film ab. Er hatte allerdings nur noch einmal ein Happy-End. Das war in der 82. Minute, als Pfaff mit einer Vorlage von Kreß nach links ausbrach und von der Strafraumecke aus den Ball raffiniert in die lange Ecke zog. Sonst blieb im wesentlichen alles beim alten. Den Fürthern gehörte das Mittelfeld, und zwar noch mehr als vorher, und der Eintracht gehörten die Strafräume, und zwar beide, der gegnerische und der eigene. Die federnden, mitten ins Mark der Fürther Deckung zielenden Florettstöße der Riederwälder wurden gegen Ende seltener, die Chancen der Riederwälder aber bewiesen die alte Qualität. Woran es letztlich wieder fehlte, war nur die letzte Konzentration in torreifen Situationen. Macht nichts, Hauptsache, sie lebet noch! Die Eintracht der Jahre, die manchem Skeptiker unwiederbringlich schienen. In Fürth zeigten die Riederwälder das, wovon der modern eingestellte Trainer meist nur träumen kann. Tore, um es leicht übertrieben auszudrücken, wurden schon im Strafraum vorbereitet. Aus der Abwehraktion heraus zog der Ball in einer oder höchsten zwei Etappen so genau in den freien Raum, daß er zwangsläufig die Fahrbahn der drei D-Züge Kreß, Feigenspan und Geiger kreuzen mußte. Die Vorlagen, mit denen die Renner im Eintrachtsturm losgeschickt wurden, stammten von Pfaff und — vor allem in der ersten Hälfte — auch von Weilbächer. Man sah mit Staunen, daß dieser zu neuem Leben erwachende Kraftmensch seine Bälle mitunter wie mit der Apothekerwaage abwiegt. Diese Vorlagen waren genau das, was der Arzt den Angriffsspitzen der Eintracht verschrieben hatte. Der unbequemste und wirksamste Mann im Sturm war natürlich Kreß, der sich von dem Stopperathleten Koch nicht im mindesten einschüchtern ließ, aber auch Geiger versprühte ungewohnte Energien. Er wirkte, als hätte er in den letzten vierzehn Tagen immer nur Spinat gegessen. Feigenspan stieß auf den ehrgeizigsten Verteidiger, auf Engelhard. Er hatte es am schwersten, hielt aber doch Niveau. Die Herren von der Deckung mögen entschuldigen, daß sie diesmal en bloc kritisiert werden. Sie agieren nämlich auch en bloc, wie es sich für eine solide Deckung gehört. Besonders erwähnt sei nur die Leistung von Rothuber, der ein paar Sachen hielt, die alle kleinen Fehler der letzten Wochen aufwiegen. Und erwähnt sei auch Remlein, der mindestens so viel für die Abwehr tat wie für den Aufbau. Dies für jene Leute, die immer behaupten, er sei lediglich für die Offensive geeignet. Der Jubel im Riederwälder Lager war mit Recht groß. Man hatte auch allen Grund dazu. Es muß jedoch gesagt werden, daß die Fürther, bei denen Gottinger eine der schwächsten Partien seiner Laufbahn lieferte, so verbohrt fürtherisch spielen wie selten. Selbst nach dem vierten Eintrachttor blieben sie noch unbelehrbar. Wochenlang hat man nun bei der Eintracht alle Aufstellungsmöglichkeiten durchprobiert, die möglichen und die unmöglichen. Bis einer auf die schlichte Idee kam, man müsse wieder einmal in der Besetzung antreten, mit der man seinerzeit die größten Erfolge errang. Lob und Preis diesem Mann! Er scheint den Stein der Weisen gefunden zu haben. (aus 'Der neue Sport' vom 28.11.1955)
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