Eintracht Frankfurt - BC Augsburg |
Oberliga Süd 1955/56 - 9. Spieltag
2:2 (2:1)
Termin: 30.10.1955
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Vogelbacher (Karlsruhe)
Tore: 1:0 Helmut Geiger (5.), 2:0 Helmut Geiger (31.), 2:1 Platzer (38.), 2:2 Platzer (90.)
Eintracht Frankfurt | BC Augsburg |
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Trainer | Trainer
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Eintrachtspiel fehlt der Trotz Alles, was an diesem Spiel festzustellen war, schien paradox. Da spielt die Eintracht ihren Gegner bis zur Pause fast an die Wand, ihr Torwart Rothuber bekam bis zur 38. Minute erst einen Ball zu halten, und der BCA schoß trotzdem drei Eckbälle. Da schnürte die Eintracht die Bayern nach der Pause ein, lediglich Platzer und Biesinger blieben vorn auf der Lauer — und der BCA entführte einen Punkt. Wie gesagt, es schien paradox. Es war aber keinesfalls paradox, denn der Verlust des einen Punktes lag in der Schuld der Eintracht. Warum nutzte man nicht die erste Halbzeit aus; oft schienen Tore wie ein Geschenk der Fußballgötter in der Luft zu hängen, so sträflich leichtsinnig deckte die Augsburger Hintermannschaft. Genauer gesagt, sie deckte überhaupt nicht, und der Augsburger Strafraum stand für die Eintrachtstürmer offen wie ein Scheunentor. Zudem hatte sich Torwart Schmid nach gut zehn Minuten bei einer Abwehr verletzt und humpelte stark. Die Parole hätte lauten müssen: schießen und noch einmal schießen. Doch man verzettelte sich und wollte oft den Ball bis ins Tor tragen. Zweimal wagte Geiger herzhaft zu schießen, und schon stand es 2:0! Die Schwächen des Sturmes begannen schon in der Läuferreihe. Kudraß spielte grundsätzlich schlecht ab und meistens in die Beine des Gegners. Remlein schlängelte sich aalglatt über das Mittelfeld, doch sein Spielaufbau war zu wenig konstant und ohne Linie. Die Last des Aufbaues lag somit auf den Schultern der Halbstürmer, bis zur Pause sogar nur auf den Schultern Pfaffs, während Bäumler erst nach der Pause auftaute. Das bedeutete aber, daß Feigenspan bis zu diesem Zeitpunkt in der Luft hing. Selbst zu führen, dazu ist er noch zu jung. Bis zur Pause lag also der Schwerpunkt im Eintracht-Sturm auf dem linken Flügel. Man freute sich über Geigers Torerfolge, denn sie dürften dem jungen (und bisher so verkannten) Mann neuen Mut geben. Als dann nach der Pause Pfaffs Laune nachließ, ließ auch Geigers Leistung nach. Die Abwehr stand auf zwei Beinen, auf den Beinen Wlokas. Ohne ihn kann die Abwehr noch nicht bestehen, das verspürte man, als die Augsburger noch vor der Pause den ersten Gegentreffer erzielten. Wloka war der einzige, der die Ruhe behielt. Bechtold schwamm gegen Schuller, der ihn oft überlistete, und Hesse mißlang manches. Schade, irgendwie scheint Hesse in seiner spielerischen Entwicklung steckengeblieben. Ob es an ihm selbst liegt, sei dahingestellt. Bei soviel Nervosität war es ein Wunder, daß der kleine Rothuber nicht seinen Kopf verlor. Was der Eintracht fehlt, ist ein Spieler, der das Steuer herumreißen kann. Man verbiß sich immer wieder in die tiefgestaffelte BCA-Abwehr, in der Hochstätter I der überragende Spieler war, während die anderen nur als Durchschnitt zu bezeichnen sind. Mit Ausnahme von Torwart Schmid, der ausgezeichnet hielt, auch wenn seine Paraden manchmal etwas auf Publikumswirkung bedacht waren: Dazu begingen alle Eintrachtstürmer den großen Fehler, in der Feldmitte den Augsburgern beikommen zu wollen. Die BCA-Abwehr sah ihre Arbeit so erleichtert, nur über die Flügel hätte man sie ausspielen können. Keiner war da, der das ernstlich erkannte. Vielleicht lag es aber auch daran, daß Kreß nun einmal so lange kein wirklicher Mittelstürmer ist, solange er einmal hinten und einmal vorne auftaucht. Er wollte oft mit dem Kopf durch die Wand und machte dadurch seinen anerkennenswerten Einsatz zunichte. Es fehlt der Eintracht zur Zeit der spielerische Trotz, das Nun-erst-recht, wenn das Spiel nicht so läuft, wie man es sich gedacht hat. Diesen Geist besaß man noch vor einem Jahr, heuer ist keine Spur mehr davon zu bemerken. Die Eintracht war durch das Augsburger Ueberraschungsergebnis in Nürnberg und Aschaffenburg gewarnt. Vom Anstoß weg stellten sie sich auf ein eifriges Offensivspiel ein, mit dem sie auch bis zur 28. Minute die verdiente 2:0-Führung erkämpften. Es waren zwei blitzsaubere Tore von Geiger. Nummer eins schaffte er in der 6. Minute, als er mit einem Steilpaß von Pfaff aufs Tor zusteuerte und aus 6 Meter Entfernung wuchtig einschoß. Dabei wurde er von Hochstetter I noch gefoult, so daß Geiger auf den Torhüter Schmid I stürzte, der sich dabei am Knie verletzte. Schmid I blieb aber humpelnd im Tor. Nummer zwei kam in der 28. Minute nach einer schönen Vorarbeit auf der rechten Seite zustande, wo Feigenspan Kress mit einem Steilpaß einsetzte. Kress handelte sehr überlegt, als er seinen Flankenlauf mit einer schönen Hereingabe abschoß, so daß Geiger nur noch einzuschieben brauchte. Die Augsburger erreichten den Anschlußtreffer nur durch ein großes Mißverständnis. Hesse traf beim Abschlag den vor ihm springenden Kudraß, von diesem prallte der Ball nach halblinks, wo P1atzer freistand und im Durchlauf unhaltbar einschoß. Gleich danach hatte Augsburg wieder eine große Chance, aber der Ball lief am Tor vorbei. Dia Augsburger bekamen nach dem Anschlußtor vorübergehend Auftrieb, während bis dahin die Eintracht praktisch mit kleinen Unterbrechungen in der Augsburger Hälfte operiert hatte. Dennoch lag das Ausgleichstor nahe, als Platzer mit einem Steilpaß von Garatwa losspurtete aber Bechthold zeigte eine hervorragende Leistung, als er Platzer gerade noch vor dem Einschuß stoppte und den Ball zur Ecke schlug. Als die Eintracht zu Beginn der zweiten Halbzeit wieder temperamentvoll begann, da herrschte auf den Rängen starker Optimismus. Die endgültige Entscheidung wurde erwartet. Man wartete, wartete, wurde ungeduldig und ungeduldiger, dann gab es die ersten Pfiffe und auch immer mehr Mißtöne durch den jungen Schiedsrichter Vogelbacher, der nachsichtig war und den Unwillen der Zuschauer fand. Die Stimmung war gereizt. Dennoch hätte alles anders kommen können, wenn die Eintracht nicht immer unkonzentrierter und planloser gespielt hätte. Drüben da kamen Bechtold, noch mehr aber Hesse und Kudraß stark in Bedrängnis, denn ab der 65. Minute hatte sich der BCA gefunden. Jetzt wurde bei ihm schnell und gefährlich angegriffen. Platzer, Schuller und Garatwa sowie der eminent fleißige Niklasch sorgten für Verwirrung. Es kam zu tollen Zweikämpfen, zu Härten, die das Gesamtbild noch mehr trübten. Es war geradezu ein Lichtblick, als Bäumler endlich einmal aus zwanzig Meter aufs Tor schoß, aber Schmid hielt. Zwei Eckbälle wurden von den Augsburgern abgewehrt. Drüben warf sich Rothuber in einen Freistoß Geltls, und dann hatte Rothuber Glück, als Schuller freilaufend auf den Mann schoß. Die eigentlichen Höhepunkte waren tatsächlich die Zuschauerpfiffe gegen den Schiedsrichter, obwohl sie manchmal auch etwas übertrieben und verkehrt waren. All das konnte aber die Eintracht nicht zu einer gesteigerten Leistung mit Niveau bringen. Im Gegenteil, sie spielte immer verwirrter, geradezu niveaulos, und was man nun mit Gewalt schaffen wollte, sogar Alfred Pfaff drosch einmal planlos übers Tor und Kudraß noch höher, das versuchten die Augsburger jetzt mit System, mit Taktik und Ueberlegung. Rasch wechselten die Pässe, steil kamen die Paßbälle aus der Deckung. Dennoch hätte das 3:1 feststehen müssen, als Torhüter Schmid ausgestreckt am Boden lag und Feigenspan, allein vor ihm stehend, den Ball vor das Schußbein bekam. Jetzt hatte Ekko aber noch keine Oberliganerven, er drosch Schmid das Leder direkt auf den Bauch. Fast im Gegenstoß machte das Biesinger aber besser, als er Platzers Steilpaß zum Ausgleich nutzte. Es wurde abseits reklamiert, aber es gab auch viele Stimmen, die Biesinger bei der Ballabgabe vor einem Eintrachtspieler sahen. Es war die 90. Min., die den ersehnten Abpfiff brachte, dem noch viele, viele Pfiffe folgten. (aus 'Der neue Sport' vom 31.10.1955)
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