Karlsruher SC - Eintracht Frankfurt |
Oberliga Süd 1955/56 - 8. Spieltag
3:1 (1:0)
Termin: 23.10.1955
Zuschauer: 22.000
Schiedsrichter: Kandelbinder (Regensburg)
Tore: 1:0 Linder (5.), 2:0 Kohn (57.), 3:0 Ruppenstein (75.), 3:1 Hans Weilbächer (76.)
Karlsruher SC | Eintracht Frankfurt |
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Trainer | Trainer |
Nicht versagt, aber verzagt Eintracht machte eine gute Figur Die Sonne strahlte, der Karlsruher Wildpark leuchtete, und auch das Spiel war eine Augenweide. Der Schönheitswettbewerb zwischen den Riederwäldern und dem Tabellenführer ging sogar unentschieden aus. Was wollte die Eintracht in Karlsruhe mehr? Und doch gingen die wenigen Frankfurter zum Schluß unbefriedigt vom Platz. Die Niederlage war vermeidbar. Sie beruhte nicht auf Versagen, sondern auf Verzagen. Die Eintracht zieht immer noch. Gut 25000 Karlsruher zierten die große Kulisse des neuen Wildpark-Stadions, das an Schönheit dem Frankfurter nicht nachsteht. Die Riederwälder hatten nur eines im Sinn, ihre Haut so teuer wie irgend möglich zu verkaufen. Sie schöpften mit der Aufstellung des doch noch von seiner Magengeschichte rechtzeitig genesenen Kreß als Mittelstürmer alle Möglichkeiten aus. Im übrigen jedoch blieb die Besetzung wie vorgesehen. Wer jedoch gedacht hatte, von der Eintracht-Aufstellung auf eine verschärfte Riegeltaktik schließen zu können, sah sich getäuscht. Schymik stürmte in vorderster Linie mit und tüftelte sogar mit Kress sogleich Eine solide Chance heraus. Seine Vorlage in die Kress-Straße war nur um einen Meter zu lang, so daß Torwart Rudi Fischer dem Anstürmenden noch zuvorkommen konnte. Mehr Glück hatte Sommerlatt wenig später mit einem Langpaß an die Adresse des Rechtsaußen Linder. Linder passierte Hesse durch seinen besseren Start mühelos, umspielte kühl den herausgelaufenen Rothuber und brachte den Ball in der 6. Minute zum 1:0 in der rechten Ecke unter. Die Eintracht ließ sich kaum beeindrucken. Im Anschluß an eine Ecke von Pfaff verfehlte Kreß mit einem kernigen Schrägschuß nur um Haaresbreite die linke Ecke. Eine feine Einlage des rechten Flügels, der Baureis mit geschickten Kurzpässen zur Strecke brachte, endete mit überraschendem Schuß Bäumlers und großer Parade Rudi Fischers, und dann wurde die Eintracht sogar vorübergehend deutlich überlegen. Das war, als Pfaff sich mehr und mehr von der Außenlinie löste und mit seinen Slalomläufen Verwirrung in die gegnerische Deckung trug. Da auch Bäumler gegen Baureis glatt bestand, gewannen die Angriffe der Eintracht ständig an Breite und Großräumigkeit, und der Ausgleich lag immer im Bereich der Möglichkeiten. Am nächsten lag er, als Weilbächer im Torraum eine präzise Flanke von Schymik mit dem Kopf abfaßte, aber Rudi Fischer konnte sich auch diesmal auf seinen Instinkt verlassen. Er stand richtig. In der 2. Halbzeit wurde es endgültig klar. Die Eintracht war nach Karlsruhe gefahren, nicht um zu siegen, sondern um eine gute Figur zu machen. Nichts konnte die Riederwälder erschüttern. Daß sie vor dem Karlsruher Tor ohne Glück kämpften, ohne jede auch nur kleinste Andeutung von Glück, daß sich schon 13 Minuten nach dem Wechsel durch das zweite Tor von Kohn der Silberstreifen am Horizont verdunkelte, daß dieses Tor von Kohn, der einen Fehlstart von Rothuber mit geradezu entnervender Selbstverständlichkeit ausnutzte, schon in seiner Entstehung zu verhindern gewesen wäre, daß 13 Minuten später ein keineswegs harter Fernschuß von Ruppenstein über den Rasen in die entfernte Ecke rutschte, das alles prallte von der Eintracht ab, als wäre jeder einzelne mit undurchlässigem Seelenwachs präpariert. Sie spielte ihr Spiel weiter, und wenn Heilig mit dem Ball am Fuß in den Sturm vorwalzte, dann war es schwer für die paar Frankfurter Zuschauer an die eigentliche Situation zu glauben. Der Treffer Weilbächers 60 Sekunden nach dem 3:0 hatte wenig Einfluß auf die Sachlage. Er verschaffte immerhin den unerschütterlichsten Kämpfern, dem Marathonsprinter Kreß und dem gewitzten Bäumler, eine späte Genugtuung. Zwischen diesen beiden flitzte der Ball so lange hin und zurück, bis Bäumler freie Schußbahn hatte. Doch auch dieser Schuß wäre eine Beute Rudi Fischers geworden, wenn ihm nicht Weilbächer den bereits gestoppten Ball auf der Torlinie durch energisches Nachstoßen wieder entwunden hätte. Mit dieser Genugtuung gab man sich zufrieden. Pfaff, der nach einem Zusammenstoß stark humpelte, sich aber bald wieder erholte, stand längst — genau wie gegen Ende der letzten Spiele — desinteressiert in der eigenen Hälfte und war nur selten hinter dem Ofen hervorzulocken. Heilig, der dafür um so öfter vorspielte, hatte einfach zu großes Körpervolumen, um sich in eine wirklich aussichtsreiche Schußposition hineinzuschlängeln. Wenn es den Riederwäldern jedoch nur auf die gute Figur angekommen sein sollte, die wurde ihnen von jedem einzelnen Zuschauer, also 25000fach bestätigt. Kinder, wurden in Karlsruhe Chancen versiebt! Und jede Chance war die Endstation einer Kette von guten Einzelleistungen. Pfaff begann wie ein Hypnotiseur, aber Hypnotiseure können nicht schießen. Bäumler fiel kaum gegen den großen Meister ab und konnte sogar schießen. Und da Pfaff und Bäumler sogar ganz außen stürmten, lag die Karlsruher Deckung trotz aller Qualitäten wie ein weitmaschiges, durchlässiges Netz über dem Rasen. Aber wo blieben die Männer, die hindurchschlüpften? In Karlsruhe wurde erneut bestätigt, daß Kreß in der Mittelstürmerposition eine glatte Fehlbesetzung darstellt. Ein Mittelstürmer muß sich auch einmal damit bescheiden können, auf der Lauer liegen zu bleiben, bis die Chance anfällt. Der Richard aber vergeudet in einer Art Pendelstaffel von Strafraumgrenze zu Strafraumgrenze seine Kräfte. Schymik ist ein Mann des Hintergrundes und Weilbächer zu zerfahren, wenn es auf die Sekunde ankommt. So fehlt es zwar nicht an Chancen, aber an Leuten, und dies, obwohl die Eintracht über einen Mittelstürmer mit den Qualitäten eines Wilddiebes verfügt. Die Deckung erfüllte ihre Pflicht, auch die Neuen, und durch Kudraß als Außenläufer scheint sich die rechte Abwehrhälfte tatsächlich etwas versteift zu haben. (aus 'Der neue Sport' vom 24.10.1955)
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