FSV Frankfurt - Eintracht Frankfurt |
Oberliga Süd 1955/56 - 6. Spieltag
1:0 (0:0)
Termin: 09.10.1955
Zuschauer: 28.000
Schiedsrichter: Kreitlein (Stuttgart)
Tore: 1:0 Strittmatter (59.)
FSV Frankfurt | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Trainer |
Der Favorit gewinnt das Derby nie Wieder einmal hat sich am praktischen Beispiel die Erkenntnis bestätigt, die wir alten Füchse immer wieder gemacht haben: Das Derby gewinnt nicht der Favorit. Die Eintracht, im ruhmreichen Reigen der noch Ungeschlagenen, scheiterte auf dem Bornheimer Hang nicht an gültigen Fußballgesetzen, sondern an den Gesetzen des Derbys, das seine Huld denen schenkt, die im Schatten stehen. Drum: Kopf hoch, Eintrachtler! Und ein herzliches Glückauf dem Fußballsportverein, der mit kühn geschwellter Brust in die nächsten Kämpfe geht. Wir dachten, als in der 59. Minute das Tor — den Eintrachtlern direkt ins Herz gezielt — gefallen war, an ein Gespräch in der Halbzeit. Wir hatten den unvergessenen FSV-Läufer Artur Böttgen gesprochen, und er fragte uns scheinheilig, das wievielte Derby es an diesem Tag sei. Das 107., klärten wir ihn auf. „Nun", so lächelte er verschmitzt, „106 Derbys hat der FSV besser gespielt als heute!" — Was würde er jetzt, so überlegten wir, wohl für ein Gesicht machen? Denn das war das Kuriose dieses Spiels. Eine Minute fehlte an einer Stunde, die für die Eintracht gelaufen war. Eine Stunde lang meinten wir, müßte diese stahlharte Abwehrkette das FSV zusammenbrechen unter den Wirbeln der Riederwälder Angriffe. Und mit diesem Augenblick, als das Tor gefallen war, ging der FSV daran, die Menschenmassen zu überzeugen, daß er verdient in Führung gegangen war. Auf einmal wurde aus dem blaßgesichtigen Werner Mayer ein Kämpfer, den der Beifall umtoste. Ein Ruck, und der FSV-Sturm begann zu brausen, Buchenau, Strittmatter, Jöst... Wer hatte diesen Jöst eigentlich in die Ecke gestellt? Wird ihn der Sportverein nicht öfter brauchen, diesen schnellen, spritzigen Burschen aus Lorsch? Der Himmel behüte uns davor, daß wir den FSV-Halben Lehmann vergessen. Das ist Chronistenpflicht, denn er hat alle überrundet, als er sich die Hüfte schwer geprellt hatte und die Hand auf den schmerzenden Knochen legte, als er dann weiterlief, spurtete, schoß, hinpurzelte und wieder aufstand. So was macht nur einer, der ein ganzer Kerl ist. Wir möchten den Hellblonden unserer ganzen Sympathie versichern! Lurz, die strahlende Mitte Doch nun zur FSV-Deckung, und zwar nicht zu knapp. Diese sechs Kerle haben allesamt den Sieg gesichert, und da möchten wir den Rotschopf Lurz in die strahlende Mitte stellen und ihm wünschen, daß Willibald Kreß ihm bei nächster Gelegenheit herzhaft auf die Schulter klopft. Nennen wir noch Niebel, der mit Mayer das Mittelfeld übernahm und in der zweiten Halbzeit gut hinkam, nennen wir die zwei „Holsteiner" Krone und Nold, die aus Eisen zu sein schienen, und Rado, der sich bei einem Geigerschuß nach der Pause groß bewährte — so haben wir alle beieinand. Höfer kam zu früh Wir wollen der Eintracht keine Vorwürfe machen. Gescheitert ist sie mit daran, daß man Höfer hervorkramte, ehe er soweit war. Ehe er mit seinem unglücklichen Spreizschritt die alte Misere wieder heraufbeschworen hatte, war die Eintrachtdeckung enorm, und wenn auch der nun zurückbeorderte Kreß zum dutzendsten Male bewies, daß er auch ein begnadeter Verteidiger ist (er wird es, wir wetten einen Taler, sowieso einmal werden), so fehlte doch dem Eintrachtangriff die Wucht. Pfaff war norm. Alles, was dieser „Ungar aus dem Westerwald" macht, hat Sinn und Verstand, er war wahrscheinlich der beste Spieler auf dem Platz, aber wenn kein Kreß vorne ist, wenn der Weilbächer noch nicht der Alte ist, wohin gehen dann seine schnurgeraden Vorlagen? Zu Geiger, und Geiger denkt zu langsam, wenn's drauf ankommt! Aehnlich war Bäumler, ein Klassespieler, der allerdings ins Leere spielte, weil die „Lanzenspitze" fehlte! In der Deckung war nicht alles aus Gold. Bechtold vor allem war Buchenaus Schlichen nicht immer gewachsen, und auch sonst wurde nicht hart genug gedeckt, so gut auch Kudraß und Remlein waren. Das wird sich, mit Höfer und mit Wloka — jawohl mit beiden — wieder gründlich ändern! Rappsilber verfehlt Wie in den letzten Partien schon üblich, wurde anfangs erst einmal die „Lage gepeilt". Beiderseits wurde bedächtig zugespielt, wobei der FSV durch den sehr schnellen Jöst in der dritten Minute eine große Chance hatte. Aber Kudrass kam von der Seite und stoppte den schnellen Mann. Die Eintracht nahm Remlein sofort nach rechts, wo er gegen Rappsilber seine Deckungsaufgabe wahrnehmen sollte. Obwohl das Zuspiel der Eintracht zunächst besser aussah, erreichte doch der FSV in der 7. Minute den ersten Eckball, den Rothuber verfehlte und der Rappsilber nur knapp über den Kopf strich. Zwei Minuten später mußte die Eintracht den zweiten Eckball abwehren. Im Mittelfeld erkämpfte sich der FSV nun eine Ueberlegenheit. Niebel war weit besser orientiert, als Werner Mayer, der anfangs zu hoch spielte und für manchen Fehlpaß sorgte. Jöst zeigte kein Lampenfieber und war im Sturm der gefährlichste Mann, während Buchenau hintereinander drei Kopfballduelle gegen Bechthold gewann. Zusammenprall Höfer—Lehmann In der 15. Minute passierten zwei Dinge, die vielleicht für den Ausgang entscheidend sein konnten. Höfer rettete gegen Lehmann mit einem Spreizschritt ins Aus. Dabei verletzte sich Höfer am Knie und Lehmann an der Hüfte, so daß beide zum Platzrand humpelten. Lehmann kam in der 23. Minute als Statist wieder auf Linksaußen, während Strittmatter seinen Verbinderposten einnahm. Höfer folgte ihm drei Minuten später, blieb aber mit verbundenem Knie als Mittelstürmer vorn, während Kress seinen Verteidigerposten einnahm. Eine feine Chance verschaffte Geiger mit einem Rückzieher dem durchlaufenden Pfaff, der an Nold und Lurz vorbeilief, aber der Schuß von Pfaff ging ebenso am Pfosten vorbei, wie sein folgender 25-Meter-Schuß. Die Eintracht bekam nun im Mittelfeld Vorteile, da sich beim FSV Nachteile bemerkbar machten, weil Strittmatter als Verbinder zu weit vorne hing und Werner Mayer noch nicht in Schwung kam. Man merkte der Eintracht nach Halbzeit an, daß die „Kabinenpredigt" den Kampfgeist gesteigert hatte. Trotzdem wirkte das Stürmerspiel gegen die sich in der Deckung steigernden Bornheimer nicht wuchtig genug. Geiger bekam eine große Chance, aber Rados gutes Stellungsspiel war bei der Abwehr ausschlaggebend. Dann hatte Alfred Pfaff, der für diesen Aufschwung im Sturm als erster verantwortlich war, weil er wieder Ideen hatte und gekonnte Pässe servierte, die große Freistoßchance. Aber der Alfred scheiterte an der stabilen Mauer des Sportvereins, bei dem Nold, Lurz und Krone eine sichere Verteidigerreihe bildeten. Aus der Defensive heraus fiel dann auch das Tor, das allein entscheidend war. Während die Eintrachtfreunde auf „ihr Tor" warteten, konterte der FSV, und wie der „Blitz aus heiterem Himmel" kam Buchenaus hoher Steilpaß dem ungedeckten Strittmatter vor die Beine. Ein langer Schritt, und an Rothuber vorbei flog das neue Leder zur Freude der Bornheimer ins Eintrachtnetz. Die Eintracht nahm sofort Kreß in den Sturm, Geiger ging für ihn auf Verteidiger zurück und zog hier wiederholt gegen den überlegt und schnell spielenden Jöst den kürzeren. So war es auch in der 66. Min., als Jöst von der Tribünenaußenlinie her einen hohen Ball in den Strafraum schlug. Rothuber sprang dem Ball entgegen, griff daneben und wieder hatte Strittmatter das Leder vor den Beinen. Anstatt rasch zuzuschlagen und ins verlassene Tor zu treffen, zögerte er diesmal und so konnte Kudraß noch dazwischenfahren. In dieser Zeit waren die Bornheimer „schwer am Drücker". W. Mayer funkte jetzt weitaus besser dazwischen und fand endlich seine große Linie, die dann sogar Alfred Pfaff ins Hintertreffen brachte. Dennoch kam der Alfred mit einer fast heimtückischen Flanke zu Wort, die Rado über die Latte schlug. Im Gegenstoß war Buchenau an Geiger vorbei, seine leichte Hereingabe erreichte Strittmatter nicht. Jetzt hatte man das Gefühl, daß beiderseits etwas „in der Luft" lag. Pfaff verschaffte mit einem Absatzkick dem verletzten Höfer eine feine Vorlage, aber der „Stift" schoß überhastet vorbei. Im Gegenstoß zeigte der FSV wieder eine seiner oft gesehenen Musterkombinationen durch Buchenau, Rappsilber, Strittmatter, die Buchenau mit einem schönen Schrägschuß, der knapp über die Latte strich, abschloß. Mit Rappsilbers Steilpaß zog der schnelle Jöst davon, legte sehr klug herein, aber Strittmatter sah den Ball scheinbar nicht kommen. Rado verfehlte drüben eine schöne Flanke Weilbächers, aber Höfer donnerte vorbei, und dann hielten die Eintrachtler den Atem an. Jöst trat einen feinen Eckball (80. Min.), den Rappsilber ausgerechnet gegen den unteren Pfosten der leeren Torecke schoß. Alle Ausgleichsbemühungen scheiterten dann an der großartigen Deckung des FSV. (aus 'Der neue Sport' vom 10.10.1955)
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