Eintracht Frankfurt - Hessen Kassel

Oberliga Süd 1954/55 - 29. Spieltag

3:0 (2:0)

Termin: 24.04.1955
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Winkler (Nürnberg)
Tore: 1:0 Hans Weilbächer (8.), 2:0 Helmut Geiger (22.), 3:0 Helmut Geiger (63.)

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Eintracht Frankfurt Hessen Kassel

 


  • Schubert
  • Schmidt
  • Schmied
  • Metzner
  • Hutfles
  • Deeg
  • Trott
  • Schulz
  • Siebert
  • Hellwig
  • Grabsch

 

Trainer Trainer
  • Rudi Gellesch

Nur drei Kopfbälle landen das Ziel

Eintracht-Sturm zu unkonzentriert

Der Eintracht boten sich bei der Abschiedsvorstellung der Nordhessen Torchancen in rauhen Mengen und in allen Qualitäten. Aber ihr Sturm benahm sich wie ein Greenhorn beim Saison-Schlußverkauf. Vor lauter Nervosität und Zappligkeit übersah er die besten Stücke.

Hätten Pfaff und Genossen nur ein ganz klein wenig konzentrierter geschossen, hätten sich die drei Bälle, die Kassels junger, geschmeidiger Torwart mit dem musikalischen Namen Schubert aus dem Netz holen mußte, verdoppelt oder auch in die Potenz erhoben. Die Möglichkeit war gegeben.

Alle drei Treffer trugen übrigens das Signum „Kopfarbeit". Das heißt, sie resultierten aus Kopfbällen. Nach acht Minuten wuchtete Weilbächer eine Ecke Bäumlers (die Schubert offenbar falsch berechnet hatte) im besten Dixie-Dean-Stil in den Kasten. Eine Viertelstunde später drehte Geiger das Leder raffiniert ins kurze Eck, nachdem sich Kreß bis an die Torlinie durchgeschlängelt hatte, und 18 Minuten vor Schluß stieg wiederum Geiger einem von Pfaff aus halbrechter Position hoch vors Tor gegebenen Ball entgegen und köpfte ihn bildschön und unhaltbar ein.

Spielerisch war die Eintracht ihrem zähen, tapferen Gegner klar und eindeutig überlegen. Sie beherrschte fast souverän das Mittelfeld, bestimmte gute 70 Minuten das Geschehen, und schnürte die Kasselaner oft minutenlang in deren Strafraum ein. Aber das Treffen wurde deshalb nicht einseitig und monoton. Es blieb bis weit in die zweite Halbzeit hinein sogar recht unterhaltsam und lebendig, weil die Mannen um Metzner nie den Mut verloren, und immer wieder versuchten, aus der Umklammerung auszubrechen. Siebert wurde von seinen technisch brillanten Partnern Hellwig und Schulz klug und geschickt eingesetzt und Wloka mußte höllisch aufpassen, daß ihm der listige und schußkräftige Kasseler Mittelstürmer nicht entwischte. Zumeist blieb Siebert zwar an den langen Beinen des Frankfurter Stoppers hängen. Aber ab und zu kämpfte sich das Kasseler Talent doch frei und dann hieß es für Loy "Achtung, Hochspannung!" Ein Gewaltschuß Sieberts, urplötzlich und aus der Drehung heraus abgefeuert — die Partie stand da freilich bereits 3:0 für die Eintracht — strich nur um Zentimeter über die Latte! Ihn hätte auch der lange Eintracht-Zerberus nicht parieren können, so gut er auch diesmal disponiert war.

Starkes Dreieck

Träger des Eintrachtspiels war das Dreieck Remlein-Bäumler-Kudraß. Der Balljongleur Remlein präsentierte sich in frühlinghafter Beschwingtheit, er zauberte wieder mit dem Leder wie Kalanagh und schickte eine Maßvorlage nach der anderen in den Sturm, den Bäumler überlegt und umsichtig führte, so unerbittlich ihn auch Hutfles beschattete. Bäumlers Spiel war konstruktiv und ideenreich — nur sprang der zündende Funke nicht immer auf seine Nebenleute über. Mancher gutgemeinte Direktpaß blieb ungenützt, weil Pfaff oder Weilbächer zu spät starteten oder die falsche Richtung einschlugen. Kudraß entwickelte enorme Energien, er hatte, weil sich Metzner lange Zeit nur auf die Bewachung Pfaffs konzentrierte und sich betont defensiv verhielt, genügend freien Raum, um nach Herzenslust schalten und walten zu können, und stieß darum häufig mit in den Angriff vor. Zwei 16-m-Schüsse hatten mehr Wucht und Präzision als die meisten Schüsse, die die Eintracht-Stürmer vom Stapel ließen. Mit dem Zuspiel von Kudraß hatte es freilich auch diesmal seinen Haken. Fast die Hälfte aller Paßbälle gingen an den falschen Adressaten — Spezialtraining ist dringend nötig!

Im Sturm wurde flüssiger kombiniert als in den letzten Wochen, aber noch lange nicht flüssig genug. Man stand noch immer zuviel und sah lieber dem Partner zu, statt sofort nach dem Abspiel wieder in Stellung zu laufen. Nur eine Aktion gelang nach Wunsch. Unmittelbar nach dem zweiten Treffer fädelte Bäumler am rechten Flügel einen Angriff ein, der sich zur schönsten Kombination des ganzen Spiels entfaltete. Das Leder lief ohne Station über Pfaff, Weilbächer und nochmals Bäumler zu dem nach innen gewechselten Kreß und dieser nahm den halbhohen Paß mustergültig an — aber er traf das Leder etwas zu tief und es sauste über den Kasten. Das war ein Angriff, wie man ihn ehedem so oft bei der Eintracht hatte bewundern können. Er blieb indessen der einzige seiner Art.

Kress übertrieb wieder die Fummelei, Weilbächer zeigte sich konditionell verbessert, aber schwach am Ball, Pfaff verlor das Duell der Internationalen, weil ihm der Mumm fehlte und Geiger war neben Bäumler der beste Eintracht-Stürmer. Es gelang ihm zwar nicht alles nach Wunsch. Aber er spielte mit Verstand und Herz. Bechtold und Hesse (der für Höfer einspringen mußte, weil der junge Verteidiger in Augsburg den linken Unterarm brach), räumten energisch auf — sie wurden allerdings auf keine zu schweren Proben gestellt. Grabsch und Schmied, der schon nach wenigen Minuten leicht angeschlagen wurde und mit Trott Platz wechselte, waren die schwächsten Punkte der Kasselaner, die insgesamt sehr anständig kämpften. Schubert reagierte mit der Geschwindigkeit eines Düsenjägers, Hutfles und Metzner wahrten ihren großen und guten Ruf hundertprozentig und der „Notverteidiger" Schmidt lieferte die sauberste reinste Verteidigerpartie, die man an diesem Tag sah. Deeg war immer fleißig. Aber er kam nur selten dazu, Hilfsdienste für den Sturm zu leisten.

Winkler-Nürnberg pfiff vor der Pause makellos. Hinterher aber häuften sich die Schnitzer wie der Sand am Meer. Er übersah absichtliches Händespiel, ließ offenkundige Fouls ungeahndet und vergaß jetzt auch die Existenz der Vorteilsregel. (aus 'Der neue Sport' vom 25.04.1955)

 

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