Eintracht Frankfurt - Jahn Regensburg

Oberliga Süd 1954/55 - 27. Spieltag

2:0 (0:0)

Termin: 03.04.1955
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Heller (Stuttgart)
Tore: 1:0 Richard Kreß (75.), 2:0 Erich Bäumler (78.)

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Eintracht Frankfurt Jahn Regensburg

 


  • Bahlke
  • Bayerlein
  • Blaimer
  • Lehrrieder
  • Schamriß
  • Popp
  • Hofmeier
  • Gehring
  • Effenhauser
  • Kruppa
  • Pinkert

 

Trainer Trainer
  • Josef Uridil

Loys phantastische Elfmeter-Parade

Neue Nervenprobe am Riederwald

Wir wissen nicht, ob am Sonntagabend der Verkauf an Nervenberuhigungsmitteln angestiegen ist, wir können es uns aber vorstellen. Wessen Herz für die Eintracht schlägt, der benötigte bestimmt Baldrian oder so etwas ähnliches.

Es war mehr als eine Nervenprobe im üblichen Sinne, was die Eintrachtelf ihren Anhängern zumutete. Es war eine Nervenzerreißprobe, die genau 75 Minuten andauerte. Die Eintracht hatte nur einen Vorzug, sie stand mit der Glücksgöttin im Bunde. Ja sie hatte mit dieser so launischen Dame eine regelrechte Entente cordiale eingegangen, und Madame Fortune nahm die Eintracht mütterlich unter ihre Fittiche. Die Nervenzerreißprobe begann nach viertelstündiger Spielzeit, als die vielfach vorgetragenen Eintrachtangriffe ohne Ergebnis blieben. Die Eintracht scheiterte dabei nicht an der Jahnabwehr, denn diese wies Schwächen auf und wußte sich vor Nervosität oftmals nicht zu helfen.

Die Eintracht scheiterte an der Unzulänglichkeit ihres eigenen Sturmes. Jeder Spieler für sich war nicht schlecht, aber von einer Linie war nichts zu verspüren. Wenn Bäumler Kreß mit einem Steilpaß einsetzen wollte, dann hing der Rechtsaußen bestimmt gut zehn Meter zurück. Wenn Pfaff aus einem technischen Kabinettstückchen Nutzen schlagen wollte, dann hatten sich seine Mitstürmer bestimmt in den Schatten ihrer Bewacher begeben.

Popp im zweiten Frühling

Schließlich war die Nervenzerreißprobe im vollen Gange. Die Regensburger hatten nach einer guten Viertelstunde spitz Bekommen, daß die Eintracht an diesem schönen Frühlingstag nur mit Wasser kochte. Der blonde Popp riß das Steuer herum und baute zusammen mit dem cleveren Kruppa gefährliche Gegenangriffe auf. In der Zahl der Angriffe war Regensburg bedeutend im Rückstand, aber jeder Regensburger Vorstoß machte deren drei der Eintracht wett. Auf der der Tribüne gegenüberliegenden Seite hatte Kudraß mit dem schnellen Hofmayer sehr viel Mühe. Erst nach der Pause hatte sich Kudraß einigermaßen auf dessen schnellen Antritt eingestellt. Da Remlein sehr matt wirkte und Heilig sich von seinem Offensivgeist zu sehr nach vorne treiben ließ, ruhte die Last der Verantwortung auf den Schultern von Loy, Wloka und Bechtold. Wloka konnte sich dabei oft als rettender Engel auf beiden Seiten betätigen, da Mittelstürmer Effenhauser aus etwas rückwärtiger Position sein Spiel aufzog.

Wie fuhr es der Eintrachtabwehr in die Knochen, als Pinkert die Abwehr auseinanderriß und sein Schuß vom Pfosten aufgehalten wurde. Die Abwehr wurde dadurch wachgerüttelt, nur der Sturm fand sich trotz dieses Warnschusses zu keiner Einheit zusammen. Der nächste Warnschuß entwickelte sich zu einem Warntornado. Kruppa war in den Frankfurter Strafraum eingedrungen, als ihn Wloka bei der Abwehr über das Knie stürzen ließ. Schiedsrichter Heller pfiff sofort Elfmeter, und der wohlbeleibte Pinkert legte sich den Ball zurecht. Loy stand bei der Ausführung zwei Meter vor der Torlinie und konnte den placiert geschossenen Ball abwehren. Schon kam Pinkert herangestürzt und köpfte den Ball auf die andere Torecke. Es riß die Zuschauer von ihren Sitzen, wie Loy kurz vor dem Einschlag im Hechtsprung den Ball abfing. Effenhausers Nachschuß landete dann am Außennetz. Loy hätte sonst den Ball gehalten, da er in der anvisierten Torecke stand.

Erst jetzt war die Eintracht wachgerüttelt. Nur die Glücksgöttin (und in einem Fall Loy) hatten vereitelt, daß man 0:2 zurücklag. Die Regensburger wurden in ihrer Hälfte eingeschnürt und der Torchancen waren ein gutes halbes Dutzend. Aber wie kläglich wurden sie genutzt, so als glaubte keiner der fünf Stürmer mehr an seinen Stern. Zweimal stand Höfer fast auf der Torlinie und brachte doch den Ball nicht an Bahlke vorbei.

Kreß wurde zum Retter in der Not

Nach der Pause beherrschte die Eintracht eindeutig das Mittelfeld, zumal die Regensburger mit dem 0:0 zufrieden schienen und allmählich Effenhauser und Gehring immer weiter zurückzogen. Aber je weiter die zweite Halbzeit fortschritt, desto zerfahrener wurde das Eintrachtspiel. Jedem saß deutlich die Angst im Genick, das Spiel könne noch in die Binsen gehen. Selbst Remlein mißlangen viele Pässe, dahin war sein traumwandlerisches Zuspiel. Eine Energieleistung von Kreß, dem dafür manches zuvor verziehen wurde, verhinderte den völligen Auseinanderfall der Eintracht.

Bäumler hatte knapp vor das Regensburger Tor geflankt, da sprang Kreß mit einem mächtigen Satz heran und stieß den Ball an dem verdutzten Bahlke vorbei mit dem Kopf ins Netz. Drei Minuten später pirschte sich ein Schuß Bäumlers wie ein listiger Fuchs von einer Torecke zur anderen. Das Spiel war gerettet, die Nerven der Eintrachtanhänger konnten sich beruhigen. Doch es war ein sehr glücklicher Sieg, und der kritische Zuschauer dürfte mit einigen Sorgen den nächsten Wochen entgegenblicken. Wer vermag wieder Linie in das Eintrachtspiel zu bringen? Denn so kann es nicht weitergehen! (aus 'Der neue Sport' vom ..1955)

 

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