FSV Frankfurt - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1954/55 - 21. Spieltag

2:1 (1:1)

Termin: 13.02.1955
Zuschauer: 20.000
Schiedsrichter: Scheuring (Schweinfurt)
Tore: 1:0 Kunkel (15.), 1:1 Richard Kreß (22.), 2:1 Buchenau (58.)

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FSV Frankfurt Eintracht Frankfurt

  • Klemm
  • Lurz
  • Krone
  • W.Mayer
  • Schwarz
  • Niebel
  • Kunkel
  • Herrmann
  • Buchenau
  • A.Meyer
  • Lehmann

 


 

Trainer
  • Willibald Kreß
Trainer

Schwere Deckungsfehler der Eintracht

Alles scheint sich zu wiederholen! Im Vorjahr vermasselte der FSV seinem alten Lokalrivalen die süddeutsche Meisterschaft — jetzt wurden die Bornheimer abermals der Eintracht zum Verhängnis. Ihre 1:2-Niederlage bedeutete den Sturz vom Tabellenthron, den man schon in Dauermiete zu haben schien — und vielleicht auch noch die Teilnahme an den Gruppenspielen. Aber das wird sich erst in der Zukunft weisen.

Wer dieses Derby sah, sah in den Bornheimern den wohlverdienten Sieger — so ungewiß der Ausgang auch bis zur letzten Sekunde war. Die Eintracht, mit dem wiedergenesenen Pfaff auf Linksaußen und dem jungen Geiger in der halblinken Position, vorerst als Mittelstürmer, und Bäumler als Rechtsverbinder, also mit einem nagelneuen Innentrio, war lange nicht so drahtig, so frisch, so lebenssprühend und so ehrgeizig wie die Bornheimer. Diese hatten sogleich den Dreh heraus, wie man am besten mit den Tücken eines spiegelglatten Terrains fertig wird. Sie tändelten nicht und dribbelten nicht eine Sekunde länger als unbedingt notwendig. Sie überbrückten das Mittelfeld mit weiten, wuchtigen Schlägen, setzten so oft wie möglich die beiden Flügelleute ein, arbeiteten mit Steilvorlagen, und waren jeweils rascher vom Fleck als die Eintracht. Gut zwei dutzendmal wurde den Eintracht-Stürmern der Ball weggeschnappt, weil die Bornheimer schneller schalteten und energischer zulangten, Pfaff, Kreß und Bäumler drehten sich zumeist erst noch einmal um die eigene Achse und machten dann lange Gesichter, wenn der Ball plötzlich dem Gegner gehörte.

Dieses bessere Anpassungsvermögen an den Boden, die Weitmaschigkeit und Zügigkeit ihres Spiels und ihre größere Spurtkraft kam den Bornheimern vor allem in den Spielphasen gut zustatten, in denen die Eintracht den Angreifer spielte — d. h. gegen Ende der ersten und gegen Schluß der zweiten Hälfte. In dieser Drangperiode der Riederwälder zog sich die ganze blauschwarze Elf wie eine Ziehharmonika zusammen, um plötzlich aus der Umklammerung auszubrechen und zum Gegenangriff überzugehen. Aus einem dieser explosiven Ausbrüche resultierte dann auch der Siegestreffer — wenngleich er indirekt mit auf das Schuldkonto Bechtolds und Loys zu buchen war. Der Eintracht-Kapitän verfehlte einen weiten Paß aus der Deckung heraus an den linksaußen stürmenden Lehmann, Loy blieb, als die halbhohe Flanke zur Mitte kam, wie angewurzelt auf seiner Linie stehen, und Buchenau konnte ungehindert einköpfen.

Prototypen des Bornheimer Spiels waren die beiden Außenläufer Niebel und Werner Mayer. Sie waren an sich ganz auf Zerstörung eingestellt und ließen sich nur selten aus dem Bau herauslocken. Aber sie erfaßten jeweils blitzschnell die Situation und schufen mit ihren Vierzig-Meter-Vorlagen ihren Stürmern die Chance zum Durchstoß, auf die man vorne lauerte. Um die beiden drehte sich wieder einmal das ganze Geschehen, sie waren die Könige des Mittelfeldes und der Amboß, auf denen der Sieg der Bornheimer geschmiedet wurde. Mit ihrer Unterstützung wurde die Abwehr Bornheims zu einer stahlharten Sperrmauer, die höchstens noch mit Dynamit gesprengt werden konnte.

Aber diese Sprengkraft besaß das Quintett nicht, das die Eintracht diesmal präsentierte. Die Fünf spielten im Felde zeitweilig fürs Auge schön und gefällig zusammen. Aber es saß nicht der nötige Dampf dahinter — zu oft wurde der Ball zu lange gehalten, zu oft wurde unpräzis abgespielt, zu oft ging die Kombination quer übers Feld statt steil nach vorne und wo war der Eintrachtstürmer, der wie der Engel mit dem Feuerschwert dazwischenschlug und im entscheidenden Moment klaren Kopf behielt?

Eine Chance, wie sie sich Bäumler 20 Minuten vor Schluß bot, bietet sich in einem Lokalderby zumeist nur einmal — es war eine absolut hundertprozentige Chance, die sogar die Bank von England diskontiert hätte. Kreß und Geiger hatten sich am linken Flügel durchgewurstelt, die Flanke prallte an einem Bornheimer ab und das Leder fiel wie eine Sternschnuppe dem inzwischen nach dem rechten Flügel abgewanderten Bäumler buchstäblich vor die Füße. Er stand mutterseelenallein Klemm auf eine Entfernung von fünf Meter gegenüber — und die Bornheimer Anhänger schlossen entsetzt die Augen, das mußte der Ausgleichstreffer sein! Aber der Ball stieg wie eine Rakete in die Lüfte und verschwand im Niemandsland hinter Klemms Kasten.

Es läßt sich darüber streiten, ob es klug war, Bäumler und Kreß Platz wechseln zu lassen — nicht streiten aber läßt sich über die Tatsache, daß der junge Geiger der gescheiteste und beste Stürmer der Eintracht war. Alles, was der Junge unternahm, hatte Hand und Fuß, er zeigte am Ball glänzende Arbeit, servierte überlegte und genaue Vorlagen und war auch kämpferisch auf Draht. Sein Spiel war für viele fast wie eine Offenbarung — und eine Bestätigung der Ansicht, daß es ein schwerer Lapsus war, ihn vor acht Tagen gegen die Augsburger Schwaben nicht heranzuziehen. Pfaff war eifrig bei der Sache, und kam in der Benotung gleich hinter Geiger und auch Höfer machte diesmal seine Sache recht ordentlich.

Wloka brachte zunächst keinen Fuß auf den Boden, fing sich später aber, Bechtold war erschreckend schwach (zumal er nur den Raum zu decken versuchte), Remlein und Heilig entwickelten mächtigen Elan, wurden in der Wirkung aber von Niebel und W. Mayer klar ausgestochen. Loy war, wie am zweiten, auch am ersten Treffer nicht schuldlos. Bester Mann der Abwehr war noch Hesse — er griff couragiert an, fetzte entschlossen dazwischen und bemühte sich nach der Pause sogar noch um den Aufbau.

Quecksilber Kunkel

Von den Bornheimer Stürmern gefiel uns der quirlige, tatenhungrige Kunkel am besten, er war wieselflink, wählte stets den kürzesten Weg bei seinen Vorstößen, kämpfte unermüdlich und war immer da, wo Not am Mann oder wo etwas zu erben war. Herrmann führte ihn geschickt, doch übertrieb der Internationale zuweilen die Dribbelei, Buchenau bekämpfte Wloka dank seiner guten Ballbehandlung erfolgreicher als diesem lieb war, Lehmann spielte sehr überlegt und zielstrebig und Albin Meyer trat als „ewiger Pendler" auf — er war das Verbindungsstück zwischen Angriff und Deckung und schuftete wie ein Maulwurf.

Krone stand wie eine Betonsäule und war kaum zu umgehen, Schwarz deckte den Mittelraum mit alter Virtuosität (zuweilen freilich auch mit nicht ganz hasenreinen Mitteln) und Lurz ließ sich auch durch den Trickreichtum Alfred Pfaffs nicht bluffen — er reagierte mit der Gewandtheit eines ausgesprochenen Konterboxers und war wie ein Stehaufmännlein wieder auf den Beinen, wenn er umspielt oder zu Fall gekommen war. Klemm war diesmal einwandfrei besser als Loy — er stand stets richtig, und angelte sich noch einige „Bodenschleicher", die viele schon im Netz gesehen hauten. Er war mit einer der Haupttrümpfe Bornheims!

Das Spiel hatte Niveau, war tempostark, voller dramatischer Szenen und fesselnd wie ein Kriminalreißer. Der Schweinfurter Scheuring bestätigte den guten Eindruck, den man bei seinem Frankfurter Debüt von ihm gewonnen hatte — er sah fast alles, ließ sich die Zügel nicht aus der Hand nehmen und sorgte energisch für Ordnung und Bürgersinn. Daß er den „vermeintlichen" Ausgleichstreffer der Eintracht (Kreß hatte das Leder durch eine Lücke des Seitennetzes ins Tor bugsiert) wieder anullierte, sprach nur für ihn — ein anderer wäre vielleicht dickköpfig geblieben und hätte das ganze Spiel verdorben. Daß er keine Kanonenfurcht kennt, zeigte sich, als er Richard Herrmann den Kopf wusch, weil der Internationale die Hand Höfers ausschlug, die ihm dieser nach einem Foul zur Versöhnung reichen wollte! (aus 'Der neue Sport' vom 14.02..1955)

 

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