Jahn Regensburg - Eintracht Frankfurt

Oberliga Süd 1954/55 - 12. Spieltag

1:6 (1:2)

Termin: 21.11.1954
Zuschauer: 16.000
Schiedsrichter: Leonhardt (Stuttgart)
Tore: 0:1 Alfons Remlein (11.), 0:2 Hermann Höfer (28.), 1:2 Nöth (35.), 1:3 Richard Kreß (55.), 1:4 Alfred Pfaff (64.), 1:5 Alfred Pfaff (80.), 1:6 Hermann Höfer (84.)

>> Spielbericht <<

Jahn Regensburg Eintracht Frankfurt

  • Bahlke
  • Effenhauser
  • Schamriß
  • Lehrrieder
  • Beyerlein
  • Gehring
  • Pinkert
  • Nöth
  • Hubeny
  • Kruppa
  • Blaimer

 


 

Trainer
  • Josef Uridil
Trainer

Eintracht spielte Frankfurter Stil in Vollendung

Riederwälder Donau-Wellen

Man muß lange zurückdenken, um sich an eine Eintracht zu erinnern, die sich in Offensivhandlungen zu einer solchen Vollkommenheit steigerte, wie die Eintracht der zweiten Hälfte von Regensburg. Wovon die Riederwälder seit dem unvergessen nen 6:0-Derbysieg am Bornheimer Hang kaum noch zu träumen wagten, im Jahn-Stadion wurde es Ereignis.

Die Offensivkräfte der Eintracht schmolzen zu einer Einheit zusammen. Den Regensburgern dämmerte eine Ahnung davon, was geschieht, wenn die vielen Einzel-Energien, mit denen die Frankfurter bisher ihre Erfolge zusammenstoppelten, in gebündelter Form frei werden. Dem Gegner blieb zuletzt nichts anderes übrig als dumpfe Niedergeschlagenheit.

Fast ein Gedicht

In Regensburg merkte der erstaunte Betrachter auf einmal, daß der hervorragend ausstaffierte, aber schlecht gefugte Eintracht-Sturm in tiefstem Grunde doch homogen ist. Was Kress durch seine unerreichten Runs erreichte, das vollbrachte Weilbächer mit seinen weittragenden Vorlagen. Dazwischen schaltete und waltete Bäumler als dienstbarer Geist, der sich auch diesmal den größeren Gewalten zu seiner Seite willig unterordnete. Was Pfaff, der zunächst leicht verschnupfte, durch seine Gerissenheit bewerkstelligte, schaffte Höfer — diesmal von fast noch größerer Wirkung als sein londonverdächtiges Gegenüber — mit jugendlicher Unbekümmertheit und Kaltschnäuzigkeit. So reimte sich eins aufs andere. Man kann nicht umhin: Es war zuletzt fast ein Gedicht!

Aber bei Remlein fing alles an. Ali war der Urquell aller guten Gaben. Er tuckerte schon in der ersten Hälfte über den Platz — von hinten nach vorn und von vorn nach hinten — wie ein Traktor und schüttelte eine Präzisionsvorlage nach der anderen aus den Schuhen. Er schoß auch das erste Tor, sozusagen als Schnittmuster für alle anderen. Es fiel schon in der 11. Minute, als alles noch in der Entwicklung steckte und kein Mensch an eine Sensation dachte. Da konnte es noch vorkommen, daß Kreß hilflos an der Ecke des Strafraumes stand und nicht wußte, wo er einen ungedeckten Mann für seine Vorlage hernehmen sollte. „Na, Mensch, stellt Euch doch nicht so an!" mag Ali gedacht haben, als er plötzlich vorstürmte und den Ball aufnahm, über einen unfair ausgestreckten Fuß stolperte und doch noch in die richtige Ecke traf.

So fing's an. Verheißungsvoll, aber nicht überwältigend. Was kam, kam erst nach der Pause! Zunächst holperte es mehr als es rollte. Es mag sein, daß der ungewohnt schlüpfrige Boden daran schuld war, aber schon zu Anfang zeichnete sich ein ausschlaggebender Unterschied in den beiderseitigen Spielauffassungen ab. Man merkte, daß Regensburg nicht allzu weit von Nürnberg, Fürth und München entfernt liegt. Die Regensburger spielten nach guter alter bayerischer Sitte, im Feld ganz hübsch, aber die Eintracht durchbrach ihre Passagen immer wieder mit tiefen Stößen ins Mark der gegnerischen Abwehr. Die Eintracht spielte, kurz gesagt, den Frankfurter Stil in Vollendung, den nun auch die Bornheimer pflegen. Der Frankfurter Stil ist moderner und in seiner Art wohl nicht weniger schön.

Wloka legte Hubeny auf Eis

Freilich kam die Abwehrleistung der Riederwälder diesmal mit der Wirkung des Sturmes nicht ganz mit. Man brachte es mit einem wiedergenesenen Wloka immerhin fertig, den Schützenkönig der süddeutschen Oberliga Hubeny auf Eis zu legen. Ohne Hubeny treibt bei Jahn jedoch alles ins Leere. Nöth und Kruppa bildeten zwar mit ihren überraschenden Einzelaktionen eine ständige Gefahr für die Riederwälder, und auch Gehring hatte einmal eine große Szene, als er von der Mittellinie aus allein durch die Reihen der Frankfurter spazierte. Aber im übrigen blieb alles harmlos. Im Anschluß an Gehrings Einzelleistung machte sich in der Abwehr der Eintracht jedoch eine derartige Kette von Mißverständnissen bemerkbar, daß Nöth zum Schluß nur noch zuzuschlagen brauchte. Von Kudraß, der auf der Linie stand, sprang das Leder zum einzigen Gegentreffer der Regensburger endgültig ins Netz. Die Eintracht-Abwehr litt vor allen Dingen unter der Unsicherheit der beiden Verteidiger. Fast sämtliche Abschläge von Kudraß hatten irgendwie Schlagseite, und Bechtold stellte sich nur schwer auf sein agiles Gegenüber Pinkert ein. In seiner Bedachtsamkeit verpaßte er oft den richtigen Einsatz zum Angriff. Die beiden Außenläufer konnten bei dem Pensum, das sie leisteten, natürlich auch nicht überall sein, und so brachte fast jeder Regensburger Angriff eine ernste Bedrohung mit sich. Glücklicherweise bestand das Spiel jedoch zu achtzig Prozent aus Offensivhandlungen der Eintracht, so daß die Schwächen der Abwehr gegen Ende sich fast völlig verwischten.

Die Leistungen des Angriffs gipfelten in den sechs Toren, von denen fast jedes einzelne ein ausgesprochenes Tabellenführertor war. Nach dem Führungstreffer Remleins kam Höfer zum Zuge, dem eine Schrecksekunde von Schamriß genügte, um sich an der 16-m-Grenze den Ball zu einem wuchtigen Schuß mit dem linken Fuß zurechtzusetzen, der zwei Meter neben Bahlke im Netz einschlug. Die Nummer 3 war einer jener typischen Alleingänge von Kreß, die keine Deckung bremsen kann. Kreß hatte diesmal sogar den Nerv, den am Boden liegenden Bahlke mit einem eleganten Schlenzer auszuschalten. Nummer 4 war jedoch wieder eine ausgesprochene Gemeinschaftsleistung. Weilbächer schlug von der rechten Eckfahne eine saubere Flanke ganz hinüber zu Pfaff, der völlig unbedrängt in die kurze Ecke einköpfte. Auch das fünfte Tor hatte eine glanzvolle Vorgeschichte. Bäumler schickte den Ball von der Mittellinie aus in die fast entleerte gegnerische Hälfte, Kreß spurtete und schickte eine Präzisionsvorlage abermals zu Pfaff, der genau in die lange Ecke zielte. Höfer machte das halbe Dutzend voll, als er sich entschlossen in ein Hin und Her im gegnerischen Strafraum einmischte und direkt den Torwinkel anvisierte. (aus 'Der neue Sport' vom 22.11.1954)

 

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