Eintracht Frankfurt - Stuttgarter Kickers

Oberliga Süd 1954/55 - 2. Spieltag

0:2 (0:1)

Termin: 29.08.1954
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Horn (München)
Tore: Rühle (29.), Kronenbitter (79.)

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Eintracht Frankfurt Stuttgarter Kickers

 


  • Bechtold
  • Scholz
  • Vogler
  • Eberle
  • Fauser
  • H.Maier
  • Schumacher
  • S. Kronenbitter
  • Ritter
  • Rühle
  • Pflum

 

Trainer Trainer
  • Bayerer

Kein Eintrachtschlüssel für Kickers-Riegel

Mit einem beängstigenden Optimismus pilgerten zum ersten Heimspiel der Eintracht auf den Riederwald 12000 Zuschauer hinaus. Denn was konnte schon passieren, dachten sie, in den neun vorausgegangenen Jahren dienten die Stuttgarter Kickers immer nur als Punktelieferanten im Frankfurter Raum. Nach 90 Minuten jedoch verließen sie eines anderen belehrt, aber doch mit der Ansicht, daß der 2:0-Sieg der Degerlocher verdient war, den Platz.

Bekanntlich hat jede Mannschaft das Recht, sich ihr Spielkonzept zurechtzubauen. Die Stuttgarter gewitzigt von der neunjährigen Niederlagen-Misere im Main-Gebiet, wandten den an sich nicht gern gesehenen Doppelstopper an. Letztlich aber gab ihnen der Ausgang des Spieles recht. Die verkündete Mannschaftsaufstellung der Stuttgarter glich, obwohl die Rückennummern genau stimmten, einer Farce, denn kaum war der Anpfiff des ordentlich leitenden Schiedsrichters Horn (München) ertönt, da kannte man feststellen, daß mit Ausnahme des Torwarts und der Verteidiger fast jeder Spieler eine andere Aufgabe übernahm. Der spielentscheidende Griff, den Trainer Bayerer anwandte, war zweifellos der, daß er Magister Eberle den Spezialauftrag gab, sich an die Fersen von Kreß zu hängen.

Damit war der Aktionsradius des unermüdlichst kämpfenden Eintracht-Mittelstürmers erheblich eingeengt. Eigentlich nur ein einziges Mal, nämlich in der ersten Minute, entwischte Kreß seinem Widersacher. Dann aber hatte der stämmige, blonde Stuttgarter Kontakt zu Kreß gefunden. Und wenn er dann wirklich noch einmal durchstieß, dann sprang Eberle der bullige Fauser helfend zur Seite. Fauser löste die Rolle des Ausputzers mit größtem Geschick. Diese beiden zusammen mit dem ideenreich spielenden Siegfried Kronenbitter, der als Rechtsaußen alle Fäden in seinen Händen hielt, und dem unauffällig im Mittelfeld operierenden Rühle, fällt das Hauptverdienst an dem Gewinn der beiden sicher nicht erwarteten Punkte für die Kickers zu.

Nun aber zur Eintracht. Eine Entschuldigung für diese Niederlage, das soll vorweg festgestellt werden, gibt es nicht. Auch der Ausfall von Loy, Bäumler und Dziwoki kann nicht als solcher in Rechnung gestellt werden. Die Eintracht verstand es einfach nicht, sich mit dem unerwartet ihnen entgegengestellten System der Stuttgarter fertig zu werden. Zusätzlich vermißte man von allen Stürmern das „Sich-anbieten". Gewiß, die beiden Flügel waren nicht gerade in einer beglückenden Form, Bayer hielt in der ersten halben Stunde, als die Partie noch torlos stand, ausgezeichnet mit, ließ aber im zweiten Teil überraschend stark nach, während Langes Leistung von Anfang an äußerst bescheiden blieb. Aber deshalb das Flügelspiel völlig zu vernachlässigen und zu glauben, mit dem Kopf durch die Wand zu können (sprich: Stuttgarts 7—8-Mann-Mauer), das wollte nicht einleuchten Nein, um es glatt heraus zu sagen, bei der Eintracht fand sich an diesem Tag einfach kein Kopf, der das Steuer hätte herumreißen können.

Fast 30 Minuten überließen die Stuttgarter den Riederwäldern das ganze Feld und verschanzten sich in ihrer Spielhälfte. In dieser Zeit wog sich die Eintracht in der haushohen Favoritenrolle, ohne jedoch zu Erfolgen zu kommen. Es wurde gespielt und nochmals gespielt, aber geschossen, nein, das wurde nicht. Selbst Heilig, der sich ständig als sechster Stürmer einschaltete, für ihn gab es keinen Gegenspieler, konnte das Stuttgarter Bollwerk nicht knacken. Alles war vergebens.

Der Hintermannschaft der Riederwälder darf man keinen Vorwurf machen, am wenigsten Rothuber, der weiß Gott die beiden Treffer nicht verhindern konnte. In der Verteidigung erschien Bechtold gegen Pflum sicherer als Kudraß gegen Siegfried Kronenbitter, der ihn öfters vollkommen ausmanövrierte, was auch einmal ins Auge ging. Als Kudraß in den Lauf vorging, war es schon zu spät und das zweite Tor der Degerlocher war eigentlich nur noch ein Verschönerungsschnörkel. Wloka stand eisern wie eh und je und Ali Remlein versuchte bis weit in die zweite Halbzeit hinein, doch noch das Eintrachtschiff auf volle Fahrt zu bringen. Zum Schluß allerdings verlor auch er den Glauben an eine Wendung.

Im Angriff wurde Kreß wie gesagt weitgehend von Eberle in Beschlag genommen, so daß nur noch Weilbächer und Pfaff als hundertprozentige Stürmer übrigblieben. Weilbächer schnitt dabei um eine Idee besser ab, als Pfaff, der eine Halbzeit lang wieder alles, was er in seiner Trickkiste verborgen hält, vor den kritischen Augen ausbreitete, aber im Endeffekt übertrieb er wieder das Solospiel maßlos, so daß alle schönen Ansätze nutzlos im weiten Rund verpufften. Nach der Pause, als er vorübergehend ebenso wie Bayer verletzt ausscheiden mußte, verlor er wieder den Mumm und ließ sich nur noch spärlich zu überdurchschnittlichen Leistungen hinreißen.

In der 29. Minute überlief Siegfried Kronenbitter Kudraß, flankte in den Strafraum, wo Pflum über den Ball sprang, da aus aus dem Hintergrund der anlaufende Rühle rief und der Stuttgarter nahm aus 30 Meter Entfernung so gut Maß, daß die ausgezeichnete Flugparade Rothubers nur eine Reflexbewegung darstellen konnte. Treffer Nummer zwei bereitete Pflum vor, der Siegfried Kronenbitter auf die Reise schickte. Sigi schüttelte dann noch Lange ab und setzte den Ball scharf in die rechte untere Ecke.

Die Eintracht trug zu Ehren des in dieser Woche verstorbenen Ehrenmitglieds Karl Krömmelbein Trauerflor. (aus 'Der neue Sport' vom 30.08.1954)

 

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