1. FC Kaiserslautern - Eintracht
Frankfurt |
Endrunde um die Deutschen Meisterschaft 1953/54 - Gruppe 2
1:0 (0:0)
Termin: 02.05.1954 in Köln
Zuschauer: 47.000
Schiedsrichter: Ternieden (Oberhausen)
Tore: 1:0 Fritz Walter (82.)
1. FC Kaiserslautern | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Trainer |
Das Schicksal wollte es anders! Lauterer Sieg durch Kudras' Fehlschlag 83 Minuten hatte die Eintracht in diesem ersten und vielleicht schon entscheidenden Kampf um die Gruppenmeisterschaft dem FC Kaiserslautern einen Kampf auf Biegen und Brechen geliefert. Sie hatte zwar über weite Strecken in die Defensive gemußt und alle Kräfte sammeln müssen, um sich der zeitweise drückenden und stürmischen Angriffe der „Roten Teufel" erwehren zu können, aber als die letzten zehn Minuten angebrochen waren, waren sich die 45000 Zuschauer einig: Dieses Spiel wird mit einem torlosen Remis enden, und dieses Remis wird das gerechte Resultat für einen Kampf von Format und Rasse repräsentieren. Aber das Schicksal wollte es anders. Eine schwache Abwehr von Kudras, der bis dahin eine fast fehlerfreie Partie geliefert hatte, brachte die Kaiserslauterner noch einmal vor das Tor der Frankfurter. Wloka und Ottmar Walter balgten sich um den vom Wind auf die Außenlinie zugetriebenen Ball. Mitten in dieses Duell spritzte der kleine Rechtsaußen Scheffler hinein. Ein kurzer Tritt, der Paß kam haargenau und präzise zu dem im Hintergrund lauernden Fritz Walter, und der Kapitän der Roten Teufel nahm das Leder direkt aus der Luft und schmetterte es unhaltbar auch für den großartigen Henig unter die Latte. Die Frankfurter waren wie aus allen Wolken gefallen. Sie hatten dieses Ergebnis nicht verdient, aber gegen die Macht des Schicksals war nicht anzukämpfen. Sie warfen in den letzten Minuten zwar noch einmal ihre ganzen Kraftreserven in den Kampf, Wloka ging mit vor in den Angriff, aber es war, umsonst. Der Südwestmeister hielt den knappen Vorsprung sicher, und in der letzten Minute war er sogar noch vor einem zweiten Erfolg, den ihm nur eine nicht ganz einwandfreie Entscheidung des Schiedsrichters Ternieden versagte. Diesmal war Ottmar Walter durchgestoßen. Wloka hatten den Ball verfehlt. Auch Henig kam herauslaufend nicht mehr an das Leder. Ottmar Walter dribbelte allein auf den leeren Kasten zu und schob den Ball dann aus vier Meter Entfernung an dem auf die Linie zurückgeeilten Kudras vorbei ins Netz. Aber Ternieden entschied auf abseits, denn mit Kudras war auch Scheffler ins Tor der Frankfurter gelaufen und deshalb entschied Ternieden auf Freistoß für Frankfurt. Rote Teufel schlugen elegantere Klinge Es war ein dramatisches und wildbewegtes Rennen in dem buchstäblich um jeden Zentimeter Boden gekämpft wurde und in dem zweifellos die Elf der „roten Teufel" die feinere und elegantere Klinge schlug. Die Lauterer spielten teilweise wie in ihren besten Tagen. Das Leder wanderte wie an der Schnur gezogen von Mann zu Mann, immer neue Variationen wurden ausgespielt und die Frankfurter wurden streckenweise regelrecht zu Tode gehetzt. Aber die Eintracht vollbrachte eine große kämpferische Leistung. Was ihnen die Lauterer an Technik und Einfallsfreudigkeit in ihren Aktionen voraus hatten, ersetzte die Elf der Eintracht durch verbissenen Kampfgeist. Sie stemmte sich immer wieder elanvoll und voll harter Entschlossenheit den Angriffswellen der Pfälzer entgegen und als sie ihre anfängliche Nervosität überwunden hatte, kam auch bei ihr das spielerische Moment mehr und mehr zur Geltung. Bereits gegen Ende der ersten Halbzeit waren der Eintracht einige schöne und zügige Angriffe gelungen, die den Lauterem hart zusetzten. Ihre große Zeit brach aber erst nach dem Wechsel an, als die Eintracht nun voll aus sich herausging und mit verbissener Wut die Entscheidung zu erzwingen versuchte. Gute zwanzig Minuten lang wurden die Lauterer in ihrer Hälfte festgenagelt. Der Ball lief jetzt auch bei der Eintracht wie im Training, zwei Querpässen folgte prompt der Paß in die Tiefe und mit schnellen Flügelvorstößen wurde der Abwehrblock der Lauterer aufgerissen. Wäre in dieser Zeit den Frankfurtern das Schußglück nur ein klein wenig zur Seite gestanden, dann hätte vermutlich sie den Führungs- und damit den Siegestreffer erzielt. Aber es sollte nicht sein. Holz schnappte einige Bälle weg und bei einigen anderen aufregenden Situationen vor dem Tor der Pfälzer tauchte irgendwie in letzter Sekunde noch der rote Wuschelkopf von Liebrich II auf und beseitigte die Gefahr. Eintracht mit besserer Kondition In der Kondition waren die Frankfurter ihrem Gegner zweifellos nicht nur ein ebenbürtiger, sondern auch ein überlegener Kontrahent. Die größere Reife und Erfahrung stand allerdings auf Seiten der mit Internationalen bespickten Mannschaft des Südwestmeisters. Ein Handicap für die Eintracht bildete allerdings auch die außerordentlich schwache Leistung des Schiedsrichters Ternieden, der mit der Grandezza eines spanischen Grafen über das Spielfeld stolzierte, aber nie auf der Höhe des Leders war und dadurch einige geradezu haarsträubende Fehlentscheidungen fällte. Er übersah nicht nur großzügig ein Handspiel von Render in der ersten Halbzeit, das die übrigen 45000 klar beobachtet hatten. Er ließ auch zahlreiche Fouls der Pfälzer ungeahndet, während er jede kleinste Regelwidrigkeit der Eintracht unterband, und als Liebrich II in der zweiten Halbzeit Kreß trotz eines gemeinen Fouls nicht mehr hatte halten können und der Frankfurter allein auf das gegnerische Tor zusteuerte, da pfiff plötzlich Ternieden ab, und er gab den Frankfurtern einen Freistoß. Er unterband damit eine der klarsten Chancen, die die Eintracht überhaupt hatte. Mittelstürmer Weilbächer Die Eintracht versuchte es mit einem taktischen Schachzug. Sie trat zunächst mit Weilbächer als Mittelstürmer an und hatte Kreß dafür in die halbrechte Verbindung genommen. Aber das Experiment schlug nicht ein, und so kehrte man schon nach knapp zehn Minuten zur gewohnten Formation zurück: Kreß rückte wieder als Angriffsspitze vor während Weilbächer auf seinen Stammplatz in die Rechtsverbindung abwanderte. Die Umstellung bewährte sich. Kreß kam in der Angriffsmitte besser zur Geltung als vorher in der Verbindung, obwohl die Lauterer ihn durch zwei Mann bewachen ließen. Sie hatten von Anfang an wieder einmal zum Doppelstopper gegriffen. Liebrich II mimte den Ausputzer, und der Halblinke Wenzel betätigte sich als vierter Läufer. Die Lauterer blieben allerdings trotz dieser Verstärkung der Abwehr jederzeit im Angriff gefährlicher, weil jeder einzelne von ihnen den Ball mit absoluter Sicherheit beherrschte und sofort mit traumwandlerischer Exaktheit seinen Nebenmann fand. Fritz Walter wurde zwar von Heilig so scharf bewacht, daß er nie die überragende Rolle des Regisseurs spielen konnte wie vor acht Tagen noch in Basel, aber sein Zuspiel war immer verwertbar und so genau, daß der Mitspieler den Ball ohne weiteres aufnehmen konnte. Bechtold und Wloka mit Lampenfieber Das Schwergewicht der Eintracht lag wieder einmal, wie so oft, in ihren Deckungsreihen. Es klappte zwar am Anfang nicht ganz hundertprozentig, weil Bechtold und Wloka mit Lampenfieber zu kämpfen hatten und ihre innere Unruhe nicht los wurden. Aber als dann die ersten gefährlichen Situationen überstanden waren, schweißte sich die Abwehr der Eintracht wieder zu einem einzigen stahlharten Block zusammen, an dem auch das große Spiel des Lauterer Sturms zerbrechen mußte. Henig hielt ganz ausgezeichnet. Er stand immer auf dem rechten Fleck und tötete einige Bälle, die es in sich hatten. Bechtold bekam nach anfänglicher Unsicherheit seine alte Schlagkraft wieder und ließ Wanger kaum noch zu Wort kommen und bewies auch im Kampf gegen Scheffler, daß er allmählich in die erste Reihe der deutschen Verteidiger aufgerückt ist. Wloka machte im Kampf mit Otmar Walter eine blendende Figur. Er fischte ihm fast alle hohen Bälle weg und unterband mit seinem klugen Stellungsspiel eine Reihe wirbelnder Angriffe, spielte dazu aber auch noch überlegt und klug ab, so daß man seine Leistung mit zur besten der ganzen Mannschaft zählen dürfte. Heilig hatte diesmal die Aufgabe erhalten, sich an Fritz Walter festzuklammern und ihn nicht eine Sekunde außer acht zu lassen. Und diese Aufgabe erfüllte er so geschickt und erfolgreich, daß es in erster Linie sein Verdienst war, wenn der Aktionsradius des Pfälzer Mannschaftskapitäns diesmal auf ein Minimum beschränkt wurde und der Lauterer nur selten mit seinem wahren Können blenden konnte. Remlein war derjenige, der zuerst Ruhe ausstrahlte. Er kam dann wieder glänzend in Fahrt, stoppte die Bälle mit der ihm eigenen Eleganz und wurde der Angriffsmotor für die Eintracht, als sie die Drangperiode Kaiserslauterns überstanden hatte und das Kommando auch im Feld an sich riß. Einigemale sah man sogar Remlein bis vor dem Kaiserslauterner Torwart auftauchen und mit der schönste Schuß, der auf das Tor von Holz gefeuert wurde, hatte ebenfalls in dem kleinen Techniker seinen Urheber. Fehlzündungen im Eintrachtsturm Im Angriff der Frankfurter klappte es nicht ganz wie vermutet und wie gehofft. Das Spiel war zuerst abgehackt und verkrampft und erst in der zweiten Halbzeit floß es leicht und spielend dahin. Kreß verzettelte sich wieder in überflüssigen Einzelkämpfen, auch Dziwoki tat des Guten wieder einmal zu viel, obwohl er Kohlmeyer schwer einheizte und einigemale sich geschickt von ihm zu lösen vermochte. Recht erfreulich war ein deutlicher Formanstieg von Weilbächer, der nach einer Viertelstunde immer stärker in den Vordergrund trat und mit der Angriffsmotor der Eintracht wurde. Pfaff dagegen blieb auch in diesem Spiel etwas matt. Die harte Gangweise von Render benagte ihm gar nicht. Er verlor auch viele Bälle, die ihm sonst nicht entgangen wären, aber einige Vorlagen in der zweiten Halbzeit charakterisierten ihn als übersichtigen Spielmacher. Aus seinen Vortagen profitierte der junge Höfer, der sich mit erstaunlichem Selbstbewußtsein bewegte, vor Basler keinerlei Respekt hatte und mit der gefährlichste Mann im ganzen Angriff der Eintracht wurde. Er hatte in der zweiten Halbzeit eine Reihe großer Momente und wäre beinahe auch der Schütze des Siegestores für die Frankfurter geworden. Die Lauterer waren als Mannschaft wunderbar in Form. Ihr Zusammenhang stand klar über dem der Eintracht, das Spiel wirbelte nur so durcheinander, und jeder Mann spritzte blitzschnell in den freien Raum, um den Fluß des Spieles nicht zu hemmen. Holz war quicklebendig und seiner Aufgabe jederzeit gewachsen, Basler und Kohlmeyer verbanden sich zu einer schlagharten und prächtigen Abwehr, und Liebrich II räumte auf, daß es eine rechte Freude war. Er war die überragende Erscheinung bei den Roten Teufeln und folglich der letzte Retter in der Not. Eckel knüpfte an seine blendende Verfassung von Basel an. Er spielte zwar diesmal etwas weniger offensiv, aber seine Ballbehandlung und sein Vorpreschen in den Angriff verrieten seine hohe Klasse. Aber auch Render paßte sich ihm würdig an. Er war in Zweikämpfen sehr erfolgreich und neutralisierte Pfaff während des ganzen Spieles. Im Sturm fiel eigentlich Wanger gegenüber den anderen
ab, Ottmar Walter war sehr lebendig und versuchte durch ständiges
Rochieren seinen Polizisten Wloka abzuschütteln. Scheffler biß
bei Kudras auf Granit, konnte sich aber trotzdem durch seine eminente
Schnelligkeit einige Male lösen. Wenzel arbeitete unauffällig,
leistete jedoch effektvolle Arbeit, und Fritz Walter verriet in den wenigen
Phasen, in denen er sein Können voll ausspielen konnte, seine geniale
Spielübersicht. Daß es ihm auch noch vergönnt war, den
entscheidenden Treffer des Tages zu markieren, war eigentlich nicht mehr
als recht und billig. (aus 'Der neue Sport' vom 03.05.1954) |