Jahn Regensburg - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1953/54 - 30. Spieltag
0:2 (0:0)
Termin: 04.04.1954
Zuschauer: 22.000
Schiedsrichter: Jakobi (Mannheim)
Tore: 0:1 Richard Kreß (48.), 0:2 Hermann Höfer (65.)
Jahn Regensburg | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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„Stift" Höfer - ein neuer Pfaff Massenchöre feuerten die Eintracht an Welch' ein Jammer, daß der ursprünglich von der Eintracht geplante Sonderzug nach Regensburg mangels Masse nicht zustande kam. Die Riederwälder kämpften und spielten vor dem erwartungsvollen Regensburger Publikum, daß dieses in der zweiten Halbheit mit fliegenden Fahnen in das Frankfurter Lager einschwenkte. Es pfiff die eigene Mannschaft aus und feuerte die Riederwälder in einem Massenchor an, der in den Ohren der wenigen Frankfurter Getreuen wie ein verspäteter Lobgesang klang. So vermißte man den Sonderzug schließlich gar nicht mehr. Die Eintracht hatte ein ganzes Jahn-Stadion voll Freunde. Der Griff in die Wundertüte Sie gewann auch ohne Pfaff. Alfred spielte nicht. Die Sache wurde erst publik, als er, während unten die Mannschaften ins Feld liefen, mit einer Tribünenkarte in der Hand seinem Sitzplatz zustrebte. „Es geht noch net", teilte er bekümmert mit. Es ging aber doch. Die Eintracht griff in die Wundertüte, und was kam zum Vorschein? Ein zweiter Pfaff namens Höfer. Seit Monaten quält man sich nun mit dem Linksaußenproblem herum, baut ganze Philosophien auf um diesen Angriffsmißstand und hat einen Achtzehnjährigen in Reserve, durch den sich die Chose mit einem Federstrich in Wohlgefallen auflöst. Höfer ist noch kein ganzer Pfaff. Er besitzt zwar schon das Selbstbewußtsein seines Vorbildes beim Solo, aber noch nicht ganz dessen einzigartige Geschmeidigkeit, er löst sich noch nicht so klar vom Gegner wie der Alfred, und an Erfahrung fehlt es ihm natürlich auch. Aber in einem ist er seinem Freund und Gönner (Pfaff: „Der Höfer is in Ordnung!") bereits überlegen: er schießt mit zwei Füßen gleich gern und gleich gut. „Mit Verlaub, lieber Alfred, dieses zweite Tor hättest du wahrscheinlich nicht hingebracht." Höfer schoß es nach einer klassischen Flügelstürmeraktion. Mit dem linken Fuß zog er den Ball scharf nach rechts, um den heranstürmenden Schamriß ins Leere zu schicken, und mit dem rechten schlug er zu, ehe der zuspringende Beyerlein eine Chance hatte. Das war ein Bewegungsablauf wie aus einem Guß. In der 65. Minute, als der Eintrachtsieg endlich unter Dach und Fach war, wurde der sympathische Junge zum Regensburger Publikumsliebling. Höfer hatte allerdings das Pech, einen Kreß neben sich zu wissen. Kreß nahm seinen Bewacher Stadelmeier, der nur zufällig in dieses Gehege geraten war, auseinander bis auf die letzte Schraube. Jahn wollte hinten dicht machen, indem es den routinierten Schamriß von seinem rechten Läuferposten in die Verteidigung zurückzog, wo er Pfaff bremsen sollte. Aber es machte damit hinten nur offen, denn Stadelmeier kam auf dem rechten Läuferposten in die Zwickmühle zwischen Kreß und Höfer, wo er rettungslos verloren war. Kreß schoß bezeichnenderweise das andere Tor. Als er endlich die passende Steilvorlage vor sich sah, war es auch schon geschehen. Stadelmeier und mit ihm die ganze übrige Deckung blieben hinter ihm auf der Strecke und selbst Bahlke kam eine Zehntel Sekunden zu spät. Brillanter Bahlke Torwart Bahlke stellte die dritte Attraktion der Regensburger Abschiedsvorstellung dar. Ein Fachmann vom Range des früheren Nationaltorwarts Jacob bescheinigte es ihm nach dem Spiel, daß bei dem, was allein bis zur Pause auf das Regensburger Tor niederprasselte, jeder andere Torhüter mindestens drei dicke Dinger aus dem Eck geholt hätte. Bahlke muß an diesem Tag etwas von dem lähmenden Gift einer Boa besessen haben. Höfer, Gonschorek, Dziwoki, Kreß und Weilbächer verloren, wenn sie ihm allein gegenüberstanden, jedesmal den Kopf. Und wie oft standen sie diesem Tausendsassa allein gegenüber. Szenen mit drei, vier Riederwälder Angreifern gegen einen Regensburger Feldabwehrspieler und eine Sekunde später allein gegen Bahlke gehörten durchaus nicht zu den Seltenheiten. Das lag daran, daß die Eintracht über lange Strecken hinweg wieder ganz die alte war. Ihre Angriffe schnellten von der Ausgangsstation Heilig-Remlein durch das Gelände wie der Main-Donau-Blitz, den Regensburgern war es einfach unmöglich, so schnell von Angriffsformation auf Abwehrformation umzuschalten. Außerdem fehlte Hubeny. Er hat sich im Donnerstagtraining verletzt, genau wie Pfaff. Die Regensburger aber griffen nicht in die Wundertüte, um ihren Star zu ersetzen, sondern holten Gleißner in die Sturmmitte und Blaimer, der später mit Gleißner tauschte, aus der Reserve und mußten dann mit ansehen, wie sich beide an Wloka den Schädel einrannten. Ohne Hubeny war alle Liebesmüh vergebens. Einer derart makellosen Abwehr, in der sich auch Henig wieder von seinem „Nervenfieber" erholt hat, tat der Gegner fast einen Gefallen damit, in der ersten Halbzeit von der 10. Minute an betont offensiv zu spielen. Doch brauchte die Eintrachtdeckung die Bälle nur weit genug ins Feld zurückprallen zu lassen, um die wartenden eigenen Angriffsspieler in der leeren Regensburger Hälfte auf die Reise zu schicken. In diesem Angriff litt nur Dziwoki etwas unter Vernachlässigung, da Weilbächer, mit neuem Fleiß und neuem Ehrgeiz ausgestattet, oft zu weit rückwärts agierte. Dort hinten allerdings schuftete er für zwei und hielt sich zumindest auf dem beachtlichen Niveau der Gesamtheit. Dieses Niveau war so respektabel, daß Regensburg in der zweiten Hälfte, als sich Ermüdungserscheinungen in ihren Reihen doch stärker als vorher bemerkbar machten, hoffnungslos abfielen. Schiedsrichter Jakobi pfiff wieder mit Bravour, übersah
aber, entgegen seiner sonstigen Gewohnheit, ein elfmeterreifes Foul des
Platzvereines. (aus 'Der neue Sport' vom 05.04.1954) |