SV Waldhof Mannheim - Eintracht
Frankfurt |
Oberliga Süd 1953/54 - 17. Spieltag
1:1 (0:0)
Termin: 27.12.1953
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Meißner (Nürnberg)
Tore: 1:0 Rube (70.), 1:1 Werner Heilig (83.)
SV Waldhof Mannheim | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Trainer |
Heilig und Remlein in Festlaune Es gibt viel Licht- und Schattenseiten von der Eintracht aus Waldhof zu berichten. Alles in allem handelt es sich jedoch um Bekanntes, das in einzelnen Fällen nur schärfer ausgeprägt war. Kreß spielte noch mehr mit den Beinen als sonst und noch weniger mit dem Kopf, Weilbächer verzettelte sich, wie er es immer tut, wenn seine Kondition nicht übermenschlichen Anforderungen gewachsen ist (Motto: Uebereifer schadet nur!), Dziwoki ließ nur wenige Gelegenheiten vorübergehen, um den feuchten Rasen zu küssen, und Ebeling vergaß zu schießen. Er machte diesen Mangel durch verständiges Eingehen auf die Ideen von Pfaff zwar halbwegs wieder gut, aber wie sollten hier vorn Tore fallen? Die Spitzen der Eintracht stachen nicht, und Pfaff hat sich nun einmal auf den Fritz-Walter-Stil versteift. Er läßt sich nicht mehr aus seiner Regieaufgabe herauslocken. In dieser aber schreitet er rüstig fort und verdiente sich Lob aus allerhöchstem Munde: „Der Pfaff hat mer gefalle", stellte Sepp Herberger, der sich wieder einmal seine Schützlinge betrachtete, trocken fest, „bloß, es macht keiner mit da vorne." Sepp vergaß vielleicht den guten Willen und den immensen Fleiß anzuerkennen, den die vier übrigen Eintrachtstürmer an den Tag legten, aber er hatte — alles in allem — nur zu recht! Der Eintrachtsturm tritt neuerdings viel zu viel auf der Stelle. Drei oder vier Spieler stehen im Kreis herum, als wollten sie Ringelreihen spielen, und wenn es ihnen gelungen ist, den Gegner tatsächlich auszukreiseln, dann fehlt die Fernverbindung nach vorn. Die Anhänger Riederwalds kennen das von den letzten Heimspielen her zur Genüge. Zwei Klasse-Seitenläufer Es wurde jedoch auch eine erfreuliche Neuheit für diese Saison in Waldhof geboten: die Eintracht in der Rolle des schier hoffnungslosen, aber ungebrochenen Verfolgers, und die Eintracht im Glanze zweier Außenläufer, die zu keiner Zeit der reichen Produktion des Riederwalds an Klasse-Außenläufern übertroffen wurde. Remlein als der direkte Nachfolger Hugo Mantels und Heilig als später Nacheiferer Rudi Gramlichs arbeiteten mit der Sicherheit und mit der umfassenden Wirkung von Radargeräten im Mittelfeld. Der kleine Remlein ist überhaupt nicht mehr aus der Ruhe zu bringen. Er tat nichts halb und peilte in der ärgsten Bedrängnis seinen Vordermann genau so sicher an wie in den gesegneten Breiten des Mittelfeldes, wenn keiner ihn störte. Werner Heilig wußte seine Offensivaktionen diesmal mit sicherem Instinkt so einzurichten, daß er stets wieder rechtzeitig zur Stelle war, wenn sein Gegenüber Rube die Initiative ergriff. Rube, mit leicht gelichtetem Haupt, rackerte sich noch immer redlich ab und baute, zusammen mit seinem Freund Herbold, eine verläßliche Basis für die Angriffe der Waldhöfer. Die Ausgangsbasis der Eintracht, ihre beiden Außenläufer, aber war noch besser. Die Remlein und Heilig dämpften den gegnerischen Druck, der sich in der Mitte beider Halbzeiten anzubahnen drohte, sie steuerten im Verein mit Pfaff ihren Sturm so geschickt, daß die leichte Krise vorne gar nicht besonders auffiel, und Heilig schoß auch die drei gefährlichsten Schüsse des Spiels ab und schließlich auch noch den Ausgleich. Er schoß ihn zu einem Zeitpunkt, als der Karren endgültig im Dreck zu stecken schien. Die erste Halbzeit war torlos verlaufen. Es hatte sich herausgestellt, daß auch die Waldhöfer keinen Torschützen besaßen, zumal man dort den Fehler beging, Lipponer genau an der Stelle einzusetzen, wo die Riederwälder Abwehr aus Granit besteht, nämlich als Mittelstürmer. Dort rannte er sich bei Wloka prompt den Kopf ein, und so geriet Henig kaum in ernstliche Bedrängnis. Aber die Eintracht wollte ja mehr, als einen Punkt. Sie suchte nach 45 Minuten, in denen die Schwarzblauen durch ihren Eifer insgesamt eine hauchdünne Ueberlegenheit herausarbeiteten, nach dem Wiederanpfiff offenkundig die Entscheidung. Was niemand für möglich hielt, Remlein und Heilig hatten noch einen fünften Gang drin und warfen ihn mit sichtbarem Ruck hinein. Eckball auf Eckball segelte in den Waldhöfer Strafraum, Angriffswelle auf Angriffswelle brandete heran, aber die Eintrachtspitzen blieben schartig. Ebeling hat sich, wie gesagt, in eine Aufbaumauer verwandelt, Kreß und Dziwoki versteuerten sich immer mehr. In diesem Moment fiel das Waldhöfer Führungstor. Es fiel auf eine Art, die nach den vergeblichen Bemühungen der Riederwälder wie ein Schlag mit dem Holzhammer wirken mußte. Von rechts flog die Flanke herein, der zurückgelaufene Weilbächer stieg hoch und lenkte sie zu Henig zurück. Ob es nun die tief stehende Sonne war, die den Eintracht-Tormann blendete, oder das scharfe Drängen Rubes, der sich hart gegen seinen Körper warf, jedenfalls spritzte das Leder von der ausgestreckten Faust des Eintracht-Tormannes ins eigene Netz. Die erste Reaktion der Riederwälder war ein verzweifeltes
Aufbäumen, aber auch dieses erlahmte bald. Schon vermeinten die zahlreichen
Schlachtenbummler so etwas wie Resignation in den Reihen ihrer Mannen
zu verspüren, da ging noch einmal das alte Eintrachtherz mit Heilig
durch. Als sich die Geschehnisse kurz im gegnerischen Strafraum stauten,
als die Waldhof-Abwehr angesichts des gefährdeten Sieges plötzlich
die Nerven verlor, vollbrachte der Werner seine größte Tat.
Von der Strafraumgrenze aus schlenzte er mit eisiger Ruhe das Leder durch
den Auflauf von „Freund und Feind" hindurch mitten ins Netz.
Es war der verdiente Lohn für einen aufopfernden Eifer. (aus
'Der neue Sport' vom 28.12.1953) |