Eintracht Frankfurt - Viktoria
Aschaffenburg |
Oberliga Süd 1953/54 - 16. Spieltag
3:0 (1:0)
Termin: 20.12.1953
Zuschauer: 9.000
Schiedsrichter: Eberle (Stuttgart)
Tore: 1:0 Werner Heilig (7.), 2:0 Richard Kreß (48.), 3:0 Alfred Pfaff (84., Elfmeter)
Eintracht Frankfurt | Viktoria Aschaffenburg |
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Trainer | Trainer
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Eintracht-Adler mit gestutzten Flügeln „Un wenn se all' e Tor schieße, du net", hatte vor dem Spiel Aschaffenburgs vorzüglicher Hüter Paßler — den FSV'lern wurde bei seinen Paraden ganz warm ums Herz — seinem früheren Kumpel von der Niederräder Union, Dziwocki, liebevoll geweissagt und damit den guten Erich an seiner empfindlichsten Stelle gekitzelt. Wer den unbändigen Ehrgeiz des kleinen Schwarzen kennt, kann sich ausmalen, was in dieser Sekunde in ihm vorging. Er wird auch verstehen, warum diesmal die Form des Eintracht-Rechtsaußen so gar nicht mit der der letzten Spiele übereinstimmen wollte: er verrannte sich in die Idee, es dem Paßler zeigen zu müssen, wer nun der Stärkere sei, und dabei verlor er nicht allein die Kontrolle über den Ball, sondern auch über das Spiel. In seinen Stiefeln schien der Wurm zu sitzen, aber daran war zu einem Großteil auch Viktorias glänzender Verteidiger Buller schuld, der keinen Fuß breit Boden preisgab, unerbittlich am Mann blieb und alles, was in seinem Bereich auftauchte — später auch Weilbächer und Kreß — am kurzen Gängelband hielt. Uebrigens hatte Paßler in Bahlke einen weiteren Prellbock vor seinem Heiligtum stehen, der dem etwas langsamen und umständlichen Ebeling nur zu Anfang einige Chancen und Spielraum offerierte. Mit zunehmender Spielzeit war aber auch hier der Ofen aus und dem Eintrachtadler damit beide Flügel gestutzt. Würdiges Innentrio Im Angriffszentrum der Frankfurter jedoch quirlte und wirbelte es dafür um so mehr, so daß die Aschaffenburger Halbstürmer, von denen Giller eine große Partie lieferte, immer wieder zur Abschirmung benötigt wurden. Dabei war in der Läuferreihe der Gäste ein Ausfall keineswegs feststellbar. Hellwig machte seine Sache sogar ausgezeichnet, und auch Liedtke — der wie in Offenbach auch diesmal den zweiten Treffer des Gegners auf sein Schuldkonto zu schreiben hatte — entledigte sich seiner undankbaren Aufgabe, einen vor Tatendrang fast berstenden Kreß bremsen zu müssen, durchaus annehmbar. Unermüdlich, im Kopfball und Kopfspiel fast unübertroffen, präsentierte sich der junge Weilbächer, der — von Angriffsvater Pfaff leidenschaftslos, aber geschickt eingesetzt — P. Schmitt teilweise über das ganze Feld weg ausrückte, um mit einer geschickten Wendung den beigelaufenen Kreß in den Besitz des Leders zu bringen. Es war schon ein besonderer Genuß, diesen drei Zauberkünstlern in der Mitte bei ihrem Spiel zuzusehen, dessen Start bei der die Situation schnell spitz habenden Läuferreihe lag. Lediglich Remlein begann ein wenig farblos, um aber plötzlich, wie durch eine Jungmühle gedreht, der große Beherrscher des Feldes zu werden. Der eisenharte Wloka, dessen Schädel einmal mit dem Staabs empfindlich zusammenknallte, begeisterte wieder durch seinen unerhörten Einsatz, der keine Rücksichtnahme seiner selbst kennt. Durch Gillers zwangsläufiges Defensivspiel durfte Heilig vollkommen offensiv operieren, was ihm sichtlich wohl tat. In der Verteidigung lief nicht immer alles nach Wunsch, doch wirkten sich kleine Unebenheiten nicht irgendwie entscheidend aus. Damit sind wir bei dem Aschaffenburger Sturm, der eigentlich nur ein Lüftchen, ein zahmes Mailüftchen blieb. Bis zum Strafraum (wenn es hoch kam) verstanden es die Viktorianer, wundervoll zu kombinieren, aber dann schien jedesmal das Licht der Erkenntnis, daß Tore geschossen werden müssen, auszugehen. Nicht mehr als dreimal wurde Henig auf eine ernste Probe gestellt, wobei ein saftiges Ding von Giller die herausragende Leistung in der Schußprüfung des Aschaffenburger Angriffs blieb. Dabei stand einer der Großen dieses nebligen Samstagnachmittags gerade in der Fünferreihe der Gäste: Neuschäfer, der immer wieder Beifall heischte. Aber auch er spielte „nur", auch er benötigte einen Mann, der seine klugen Einsätze, seine Tricks und Freispiele mit einem krönenden Torschuß hätte abschließen können. Ja, und ein solches Wunderkind besitzen die Aschaffenburger nicht, denn auch Staab, dem früher diese Aufgabe zukam, hatte an Explosivkraft eingebüßt und verlor sich bei allen technischen Anlagen und allem Schußvermögen in Tändeleien. Heilig war rechtzeitig da Das Spiel begann zügig und flott. Die Platzherren sicherten sich schnell ein leichtes Plus, doch schienen die Angriffe der sympathisch spielenden Viktorianer, die aus der Defensive fächerförmig nach vorn stießen, nicht minder gefährlich. Das Führungstor der Eintracht in der 6. Minute wurde aus diesem Grund mit einiger Zufriedenheit, aber ohne Ueberschätzung aufgenommen. Ein Zusammenspiel von Dziwoki-Kreß-Pfaff landete bei dem vorgestürmten Heilig, der überlegt einknallte. Zum Glück übersah dabei SR Eberle (Stuttgart), der eine mustergültige Leistung vollbrachte, das Winken seines fahnengeschmückten Kollegen auf der Stehterrassenseite geflissentlich, denn was dieser „Helfer" im Verlaufe der restlichen 84 Minuten mit dem Fähnchen alles anzeigte, verriet nicht die geringste Regelkenntnis. Man hätte ihm die Fahne besser vorenthalten, als sie ihm zu Anfang des Spiels nachzutragen. Nach der Pause hatte zunächst Dziwoki, in der 12.
Minute Kreß, eine märchenhafte Chance, die im Nichts zerfloß,
dann jedoch sorgte Kreß nach einer Unachtsamkeit Liedtkes, der wie
angewurzelt stehenblieb, für das 2:0. Als in der 85. Minute Dziwoki
„seinem" Tor entgegenstrebte, dabei aber in einen unmöglichen
Schußwinkel geriet, wurde er von P. Schmitt gefoult. Den fälligen
Elfmeter schoß Pfaff mit der Bierruhe eines Pensionärs zum
3:0 ein. (aus 'Der neue Sport' vom 21.12.1953) |