Eintracht Frankfurt - Kickers Oxxenbach

Oberliga Süd 1953/54 - 7. Spieltag

2:1 (1:0)

Termin: 27.09.1953
Zuschauer: 35.000
Schiedsrichter: Kandelbinder (Regensburg)
Tore: 1:0 Hans Weilbächer (31.), 1:1 Kraus (46.), 2:1 Erich Dziwoki (61.)

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Eintracht Frankfurt Kickers Oxxenbach

 


  • Zimmermann
  • Emberger
  • Magel
  • Schreiner
  • Kämmerer
  • Weber
  • Kaufhold
  • Kraus
  • Preisendörfer
  • Wade
  • Kircher

 

Trainer Trainer
  • Edy Havlicek

Embergers Pech — Dziwokis Glück

Eisenharte Eintracht-Abwehr

Meine Nachbarn im Straßenbahnwagen, alles Eintrachtanhänger, waren vom Sieg „ihrer" Mannschaft überzeugt, für sie drehte es sich nur um die Höhe des Ergebnisses. Dabei standen alle Vorzeichen günstig für die Kickers, die ihre komplette Vertretung angekündigt hatten.

Bei der Eintracht dagegen fehlte krankheitshalber Remlein, Bechtold mußte für ihn den Läuferposten beziehen, und Kaster erschien wieder einmal in der Verteidigung. Er und der seit längerer Zeit ebenfalls wieder mitwirkende Kudras brauchten einige Zeit, bis sie die begreifliche Nervosität abgelegt hatten, und als beide sich wieder gefunden hatten, da schied bei der Pause der hüftverletzte Kaster für den Rest der Spielzeit ganz aus.

Und dennoch gewann die Eintracht ... sie gewann nicht ganz ohne Glück, das ist ohnehin nicht möglich, wenn zwei gleichstarke Mannschaften aufeinanderprallen — und die Eintracht und die Kickers waren gleichstark — solange hüben und drüben alles in Ordnung war. Ja, selbst die eingeschworensten „Eintracht"-Anhänger werden zugeben, daß es in der ersten Hälfte weitaus eher nach einem Sieg des „bösen" Feindes als nach einem eigenen Triumph der Adlerträger ausgesehen hat — wenigstens, was den Spielverlauf angeht. Die Kickers spielten, das muß ihnen der Neid lassen, schön, aber nicht nur schön, sondern auch mindestens ebenso gut wie die Eintracht. Die Eckbälle nagelten nur so in den Raum vor Henig, Schreiner machte dem guten Pfaff das Leben dieser ersten 45 Minuten zu einer wahren Fußballhölle. Darunter litt natürlich Kreß. Aber der ließ den Kopf nicht hängen, rannte immer und immer wieder Kemmerer an — zunächst allerdings ohne Erfolg. Weilbächer hatte es nicht viel leichter als seine Kameraden im Innensturm, der Offenbacher Weber webte um ihn ein Netz, durch dessen Maschen der Frankfurter nur selten schlüpfen konnte. Sicher und ruhig standen Emberger und Magel, an dem einen rannte sich Eintrachts Linksaußen Geyer fest; der andere nahm Dziwoki am Kanthaken.

Aber alles nutzte nicht: die Offenbacher Stürmer kamen nicht zum Schuß, und wenn doch, dann aus so ungünstigem Winkel und in so bedrängter Lage, daß Henig vor Kummer bewahrt blieb. So sicher, überlegt und mit eiskalter Ruhe deckten die Kaster und Kudras, Bechthold und Krömmelbein ihre Gegner. Gewiß, es gab auch einmal Möglichkeiten. Unter vielen guten Chancen hatten die Kickers auch eine faustdicke, die Kircher durch Fehlschuß vergab, Preißendörfer, Wade und Kaufhold konnten das Loch nicht finden. Und zwischendurch brannte es im Kickersstrafraum lichterloh: einen flachen Schuß von Kreß, aus vollem Lauf mit Vehemenz abgefeuert, konnte Zimmermann gerade noch am Boden um den Pfosten drehen, Weilbächer, Dziwoki, Geyer visierten entweder Zimmermann oder den weiten Raum neben und über dem Tor an. Alles in allem aber sah es aus, als sollten die Kickers diesmal am Riederwald in Front bleiben.

Da aber — die Uhr zeigte die 31. Minute an — führt Kreß den Ball meisterhaft, sah, daß Weilbächer den Netzen Webers einmal entwichen und nach halblinks ausgebrochen war, schon kam Richards Vorlage zu Weilbächer, der fackelte nicht lange zielte auf die linke, die lange Ecke, schoß, und ehe Zimmermann herunter war, hing das Leder im Kickers-Netz.

Nur wenige Minuten lang waren die Offenbacher deprimiert, dann spannen sie wieder ihre Fäden. Kaufhold wurde jedesmal gefährlich, wenn er den Ball bekam. Entweder ging er auf eigene Faust los und flankte, oder er drehte zusammen mit dem wieselschnellen und nur schwer zu bremsenden Kraus ,,ein Ding" — aber alles verfing sich in der eisenharten und betondichten Eintracht-Abwehr. Eine Viertelstunde vor der Pause ließ das bis dahin stürmische Tempo etwas nach, kein Wunder, es war nicht nur warm, sondern heiß wie an einem Hochsommertag. Die Pause dürfte den 23 Akteuren willkommen gewesen sein.

Kaster blieb in der Kabine

Und dann kamen nur 10 Eintrachtler aufs Feld: Kaster hatte sich an der Hüfte verletzt und konnte nicht mehr. Die Offenbacher traten ganz offensichtlich mit dem Befehl zur Generaloffensive zum zweiten Akt wieder an. Für Kaster ging Pfaff nach hinten, wohl um als der geeignetste Mann den gefährlichen Offenbacher Kraus zu bremsen. Wie die Brandung an den Strand der See, so rollten die Wellen des Offenbacher Angriffs an den „Eintrachtstrand". Und schon drei Minuten nach Wiederbeginn rissen sie ein Loch in den Eintrachtdamm. Ein Zusammenspiel von der Läuferreihe zum Sturm, Kraus lief noch einige Schritte, dann schlug sein geschliffener Schuß hinter Henig ein. Es schien um die Eintracht geschehen zu sein.

Aber es kam ganz anders. Denn Henig — immer besser werdend —, denn Pfaff, Kudraß, Bechthold und Wloka — diesem in erster Linie! — gelang es, den Dammbruch zu reparieren. Nichts ging mehr hindurch, gar nichts. Einmal soll der Ball drin gewesen sein — wir konnten es von der Pressetribüne aus nicht erkennen, der Schiedsrichter ließ weiterspielen, und, wie das so geht — im Gegenzug fast passierte, was kaum jemand erwartet hatte. Ein weiter Abschlag aus der Eintrachtdeckung nach vorn. Da standen Emberger und Dziwoki — der Offenbacher hatte den bedeutend kürzeren Weg zum Leder, erreichte es auch — und ließ die Kugel abgleiten. Wie der Blitz war Dziwoki auf und davon, allein auf weiter Flur, Zimmermann stürzte heraus, an ihm vorbei fegte des Eintrachtlers Schuß ins Kickers-Netz.

Größere Kraftreserven

Noch konnte viel passieren, wir stellten erst die 60. Minute fest. Aber die Eintracht verfügte — selbst mit 10 Mann — über die größeren Kraft- und Luftreserven. Es ging noch sehr aufgeregt zu, besonders vor dem Eintracht-Tor, so als Henig seinen Kasten verlassen hatte und Kircher einen Bombenschuß mitten auf das leere Tor setzte ... leer? Nein: Bechthold tauchte plötzlich auf, und von seinem — ganz gewiß schwer dröhnenden Kopf — drehte sich das Leder zur Ecke, ebenso wie Kudraß' Haupt, als von ihm ein scharfer Schuß wegprallte. Verzweifelt kämpften die Kickers — umsonst. Die Eintracht ließ nicht nach. Es gab noch eine unschöne Sache. Pfaff geriet mit Zimmermann aneinander, wenig später waren beide wieder zusammen, da trat Zimmermann Dziwoki in die Beine und fällte ihn. Wo hatte hier der Schiedsrichter Kandelbinder seine Augen? Warum fragte er nicht wenigstens den Linienrichter? Das wird doch sonst bei jeder Kleinigkeit gemacht? Kandelbitter leitete übrigens nicht schlecht, aber im Strafraum hatte er offensichtliche Sehstörungen, hüben und drüben.

Man muß den Kickers bestätigen, daß sie schön und gut gespielt haben, und nicht gerade vom Glück gesegnet waren. Andererseits hat die Eintracht allen den schon geschilderten Schwierigkeiten getrotzt und gezeigt, daß sie auch, dann gewinnen kann, wenn der Gegner alles andere als Kanonenfutter für sie ist. Und wenn man noch berücksichtigt, daß die Kickers nach dem Ausscheiden Kasters und ihrem Ausgleich dann doch noch gegen zehn Mann nicht zu bestehen wußten, dann muß man schon das Ergebnis — vielleicht als glücklich für die Eintracht, doch — als gerecht bezeichnen. (aus 'Der neue Sport' vom 28.09.1953)

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